idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Akustische Wellen in Gasen, Flüssigkeiten und festen Stoffen weisen üblicherweise eine fast konstante Schallgeschwindigkeit auf. Eine Ausnahme bilden sogenannte Rotonen: Die Schallgeschwindigkeit ändert sich deutlich mit der Wellenlänge, und auch rückwärts laufende Wellen sind möglich. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten daran, Rotonen in künstlichen Materialien zu nutzen. Diese am Computer designten und mit ultrapräzisem 3D-Laserdruck hergestellten Metamaterialien könnten in Zukunft Schall auf bisher unerreichte Weise manipulieren oder lenken. Über ihre Arbeit berichten die Wissenschaftler aktuell in Nature Communications. (DOI: 10.1038/s41467-021-23574-2)
Akustische Wellen in Gasen, Flüssigkeiten und festen Stoffen weisen üblicherweise eine fast konstante Schallgeschwindigkeit auf. Eine Ausnahme bilden sogenannte Rotonen: Die Schallgeschwindigkeit ändert sich deutlich mit der Wellenlänge, und auch rückwärts laufende Wellen sind möglich. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten daran, Rotonen in künstlichen Materialien zu nutzen. Diese am Computer designten und mit ultrapräzisem 3D-Laserdruck hergestellten Metamaterialien könnten in Zukunft Schall auf bisher unerreichte Weise manipulieren oder lenken. Über ihre Arbeit berichten die Wissenschaftler aktuell in Nature Communications. (DOI: 10.1038/s41467-021-23574-2)
Rotonen zählen zu den Quasiteilchen, das heißt, sie verhalten sich ähnlich wie freie Teilchen. Anders als bei gewöhnlichen akustischen Wellen in Gasen, Flüssigkeiten und festen Stoffen ändert sich bei ihnen die Schallgeschwindigkeit deutlich mit der Wellenlänge. Zudem treten für bestimmte Frequenzen drei verschiedene Teilwellen auf. „Bei der langsamsten unter ihnen handelt es sich um eine Rückwärtswelle: Der Energiefluss und die Wellenfronten laufen in genau entgegengesetzte Richtungen“, erklärt Professor Martin Wegener vom Institut für Angewandte Physik (APH) und vom Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT. Quasiteilchen wie die Rotonen zu verstehen und zu nutzen, gehört zu den großen Herausforderungen der Quantenphysik. Der Physiker Lew Landau, der für seine richtungsweisenden Arbeiten 1962 einen Nobelpreis erhielt, sagte sie im Zusammenhang mit der Suprafluidität vorher, einem Zustand, in dem eine Flüssigkeit ihre innere Reibung verliert und eine nahezu ideale Wärmeleitfähigkeit erhält. Bisher ließen sich Rotonen nur unter speziellen quantenphysikalischen Voraussetzungen bei sehr tiefen Temperaturen beobachten – und entzogen sich daher der technischen Nutzung.
Rotonen ganz ohne Quanteneffekte
Das könnte sich künftig ändern: Im Exzellenzcluster 3D Matter Made to Order des KIT und der Universität Heidelberg arbeitet eine Gruppe von Forschenden an Metamaterialien, die Rotonen gleichsam züchten. Metamaterialien weisen optische, akustische, elektrische oder magnetische Eigenschaften auf, wie sie in der Natur nicht vorkommen. Die Wissenschaftler schlagen ein solches künstliches Material vor, das Rotonen ganz ohne Quanteneffekte unter normalen Umgebungsbedingungen und bei fast frei wählbaren Frequenzen beziehungsweise Wellenlängen zeigt. Damit könnte es in Zukunft möglich werden, Schallwellen in Luft oder in Materialien besser zu manipulieren, beispielsweise sie zurückzuwerfen, sie umzulenken oder Echos zu erzeugen. Noch sind diese Materialien nicht experimentell demonstriert worden; sie sollten aber beispielsweise mithilfe von ultrapräzisem 3D-Laserdruck herstellbar sein. „Wir haben inzwischen sogar schon einige dieser Metamaterialien angefertigt“, berichtet Professor Martin Wegener. „Derzeit arbeiten wir intensiv am direkten experimentellen Nachweis von Rotonen.“
3D-Druck als Tor von der digitalen in die physische Welt
Zum computergestützten virtuellen Design von Materialien mit solchen neuartigen Eigenschaften kamen die Forschenden über eine Mischung aus Nachdenken, vielen Diskussionen sowie numerischen Simulationen und Optimierungen, wie Dr. Yi Chen berichtet, der Erstautor der Publikation, dessen Arbeit als Postdoktorand am KIT von der Alexander von Humboldt-Stiftung finanziert wird und auch im 2021 gestarteten Helmholtz-Programm „Material Systems Engineering“ eingebettet ist. „Generell haben wir ja den Traum, Materialien am Computer zu designen und sie dann direkt – ohne jahrelanges Ausprobieren – in die Realität zu übertragen. Der 3D-Druck ist dann gleichsam nur ein automatisierter Konverter von der digitalen in die physische Welt“, erklärt Professor Martin Wegener. (or)
Weitere Informationen zum Exzellenzcluster 3D Matter Made to Order: https://www.3dmattermadetoorder.kit.edu
Details zum KIT-Zentrum Materialien: https://www.materials.kit.edu
Kontakt für diese Presseinformation:
Regina Link, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-41158, E-Mail: regina.link@kit.edu
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 23 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: https://www.kit.edu/kit/presseinformationen.php
https://www.kit.edu/kit/pi_2021_051_neue-materialien-wenn-schallwellen-ruckwarts...
Designte elastische Metamaterialstruktur, zusammengesetzt aus einem einzigen linear-elastischen Werk ...
Dr. Yi Chen, KIT
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).