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10.03.2004 13:32

Deutsche - Juden - Polen: Geschichtsbuch für RUB-Historiker Dr. Hubert Schneider

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Mit einem Wissenschaftsbuch inklusive Festschrift haben Studierende und Kollegen den Bochumer Historiker Dr. Hubert Schneider in den Ruhestand verabschiedet. Der Band "Deutsche - Juden - Polen. Geschichte einer wechselvollen Beziehung im 20. Jahrhundert" ist soeben im Campus Verlag erschienen.

    Bochum, 10.03.2004
    Nr. 74

    Festschrift als Abschiedsgeschenk für Dr. Hubert Schneider
    Drei ehemalige Studentinnen geben Geschichtsbuch heraus
    Aufsätze zur Beziehung zwischen Deutschen, Juden und Polen

    Mit einem Wissenschaftsbuch inklusive Festschrift haben Studierende und Kollegen den Bochumer Historiker Dr. Hubert Schneider (Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte der Ruhr-Universität Bochum) in den Ruhestand verabschiedet. Der Band "Deutsche - Juden - Polen. Geschichte einer wechselvollen Beziehung im 20. Jahrhundert" ist soeben im Campus Verlag erschienen. Herausgegeben wurde er von Andrea Löw, Kerstin Robusch und Stefanie Walter, die als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an der Ruhr-Uni arbeiten und zuvor von Hubert Schneider unterrichtet wurden.

    Bis zum 1. Weltkrieg

    Der komplizierten Beziehungsgeschichte nähern sich deutsche und polnische Historiker auf unterschiedliche Weise. Der Krakauer Geschichtsprofessor Zdzislaw Noga beschreibt das Zusammenleben von Deutschen, Juden und Polen in Krakau vor den Polnischen Teilungen am Ende des 18. Jahrhunderts. In der Folge geht es ausschließlich um das 20. Jahrhundert. Den Beginn macht Heiko Haumann, Leiter des Instituts für Jüdische Studien und Geschichtsprofessor in Basel. Er untersucht, hauptsächlich anhand von Selbstzeugnissen, das Leben von Juden in der ländlichen Gesellschaft Galiziens am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dr. Andreas R. Hofmann vom Leipziger Zentrum für Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas stellt die Geschichte von Lodz und seiner polnischen, jüdischen und deutschen Bewohner während des Ersten Weltkriegs dar. Nach dem Krieg und dem Friedensvertrag von Versailles war ein Ziel deutscher Politik stets die Revision dieses Vertrages und der in ihm festgelegten Grenzen. Ein Mittel dazu war die deutsche Minderheitenpolitik in der Weimarer Republik, die Dr. Thomas Rink, Mitarbeiter am Deutschen Historischen Museum in Berlin, in seinem Artikel untersucht.

    Im 2. Weltkrieg

    Wurde in dieser Phase Revision auf friedlichem Wege angestrebt, begann das NS-Regime einen Vernichtungskrieg. Der deutschen Besatzung in Polen sind vier Artikel in diesem Sammelband gewidmet. Zunächst skizziert Dr. Bogdan Musial vom Deutschen Historischen Institut in Warschau die Rolle der Zivilverwaltung bei der Verfolgung und Vernichtung der Juden im Generalgouvernement. Andrea Löw, Doktorandin an der RUB, schildert das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Krakau unter deutscher Besatzung bis zur Errichtung des Ghettos im März 1941, in der Hauptsache auf jüdischen Selbstzeugnissen basierend. Einem vor allem in Polen sehr emotional diskutierten Thema widmet sich Karol Sauerland, Professor für deutsche Literatur und Ästhetik an den Universitäten Warschau und Thorn. Ebenfalls ausgehend von jüdischen Selbstzeugnissen untersucht er das Verhalten von Polen angesichts des Holocaust. Robert Kuwalek, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte Majdanek, stellt die Geschichte des Durchgangsghettos Izbica dar. In dieser Provinzstadt im Distrikt Lublin konzentrierten die Nationalsozialisten Tausende deutscher, tschechischer und polnischer Juden vor ihrer Ermordung in den Vernichtungslagern. Die RUB-Doktorandin Kerstin Robusch bietet in ihrem Beitrag eine biographische Skizze des Auschwitz-Überlebenden Hermann Langbein.

    Nach dem 2. Weltkrieg

    Einige der wohl bekanntesten Selbstzeugnisse deutscher Juden sind die Tagebücher Victor Klemperers. Kaum bekannt ist dagegen Klemperers Haltung zum Kommunismus nach 1945, die Benedikt Faber untersucht; er ist DAAD-Lektor am Institut für Deutsche Sprache und Literatur der Universität Vaasa/Finnland. Die juristische Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen schildert Dirk Pöppmann, Doktorand an der RUB, an einem detailliert recherchierten Einzelfall, den Prozessen um den Mord an Felix Fechenbach. Einen diplomatiegeschichtlichen Beitrag liefert der Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt, Dr. Dieter Bingen: Er berichtet über die Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen von der "Neuen Ostpolitik" bis zur Wiedervereinigung.

    Dr. Schneiders Projekte

    Der letzte Text des Bandes ist sehr persönlich: Jerry Freimark, der 1938 aus Bochum in die USA emigrierte und heute in Philadelphia lebt, lässt den Leser an seinen Erinnerungen an seine Jugend in Deutschland und seine Emigration teilhaben. Er schildert, dass er eigentlich nie wieder nach Bochum zurückkehren wollte. Dass er es schließlich doch tat, liegt vor allem an Dr. Hubert Schneider. Er hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Stadt Bochum 1995 die ehemaligen Bochumer Juden in ihre Heimatstadt einlud. Er schaffte bei den Emigranten und Überlebenden des Holocaust das nötige Vertrauen, nach Deutschland zurückzukehren. Darüber hinaus hat Hubert Schneider Generationen von Studierenden in ungewöhnlich hohem Maße geprägt. Stets ging es ihm hierbei um eine Annäherung von Deutschen, Juden und Polen - sei es in einem von ihm1989 initiierten Austausch zwischen Bochumer und Krakauer Studierenden, der seitdem alle zwei Jahre stattfindet, sei es in Ausstellungsprojekten oder Seminaren. Für diese Projekte erhielt Hubert Schneider 2001 die Ehrennadel der Ruhr-Universität Bochum. Im Februar 2004 trat er in den Ruhestand.

    Titelaufnahme

    Andrea Löw/Kerstin Robusch/Stefanie Walter (Hg.): Deutsche - Polen - Juden. Geschichte einer wechselvollen Beziehung im 20. Jahrhundert. Festschrift für Hubert Schneider (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts, Bd. 9), Frankfurt am Main/New York 2004; 276 Seiten, 29,90 Euro; ISBN: 3-593-37515-X

    Weitere Informationen

    Andrea Löw, Tel. 0234/32-51521, E-Mail: andrea.loew@ruhr-uni-bochum.de


    Bilder

    Deutsche - Juden - Polen: Geschichte einer wechselvollen Beziehung im 20. Jahrhundert, Campus Verlag
    Deutsche - Juden - Polen: Geschichte einer wechselvollen Beziehung im 20. Jahrhundert, Campus Verlag

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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