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Wissenschaft
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Dresden initiierten im März 2020 nach Ausbruch der Pandemie mit großem Engagement und ohne externe Fördermittel eine Forschungskollaboration mit mehr als 20 teilnehmenden europäischen Forschungsinstitutionen. Ziel der großangelegten Studie „European Survey on Alcohol Use and COVID-19“ war die Untersuchung des Alkoholkonsums während der Pandemie in 21 Ländern. Nun liegen die Studienergebnisse vor, die zeigen, dass der durchschnittliche Alkoholkonsum in allen Ländern mit Ausnahme von Irland und Großbritannien zurückging. Die Studie wurde in dieser Woche in der Fachzeitschrift ‚Addiction‘ veröffentlicht.
Die COVID-19 Pandemie hat unseren Alltag stark verändert, was sich auch im Konsum von Alkohol widerspiegelt. Das Alkohol-Konsumverhalten während dieser Zeit genauer und länderübergreifend zu untersuchen, war das erklärte Ziel von Prof. Jürgen Rehm, Dr. Jakob Manthey und M. Sc. Carolin Kilian vom Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Technischen Universität Dresden. Unmittelbar nachdem die Weltgesundheitsorganisation die Ausbreitung des Coronavirus im März 2020 zur globalen Pandemie erklärte, gründete sich das Projekt unter der Leitung von M. Sc. Carolin Kilian und in Zusammenarbeit mit dem Hospital Clínic Barcelona, Spanien. Zur Realisierung des Forschungsvorhabens etablierte sich rasch ein europäisches Forschungsnetzwerk, welches eine Bevölkerungsbefragung von Erwachsenen in mehr als 20 europäischen Ländern ermöglichte.
Die Forschungskollaboration sammelte von Ende April bis Ende Juli 2020 Daten von fast 32.000 Alkoholkonsumierenden in Europa. Die Teilnehmenden wurden gefragt, ob sich (1) ihre Häufigkeit von Trinkanlässen, (2) die Menge des pro Anlass konsumierten Alkohols und (3) die Häufigkeit des Rauschtrinkens im letzten Monat verändert hatte. Sie berichteten auch über ihren Alkoholkonsum vor der Pandemie, über ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen vor der Pandemie und darüber, ob sie finanzielle Schwierigkeiten oder andere pandemiebedingte Notlagen erlebt hatten.
Als Ergebnis wurde in fast allen Ländern im Durchschnitt ein Rückgang des Alkoholkonsums festgestellt. Die einzigen Ausnahmen waren Irland, wo sich Rückgang und Anstieg die Waage hielten, und das Vereinigte Königreich, wo ein Anstieg des mittleren Gesamtalkoholkonsums gemeldet wurde. Der größte Teil des Rückgangs wurde durch die Abnahme der Anzahl von Rauschtrinkepisoden verursacht. Projektleiterin Carolin Kilian fügt hinzu: "Dass in den ersten Monaten der Pandemie viele Trinkgelegenheiten weggefallen sind, hat wohl mit dazu beigetragen, dass viele Menschen in dieser Zeit weniger Alkohol getrunken haben."
Die Rolle von Pandemie-bedingtem Stress
Einer von fünf Befragten berichtete über ein erhebliches oder hohes Maß an finanzieller Notlage im Zusammenhang mit der Pandemie, und mehr als die Hälfte berichtete über Sorgen und Nöte aufgrund von Veränderungen in ihrem täglichen Leben. Diejenigen, die von einer Notlage berichteten, hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit, ihren Alkoholkonsum zu verringern, als diejenigen, die von keiner Notlage berichteten.
Die Rolle des Einkommens
Befragte mit hohem Einkommen meldeten die stärkste Verringerung des Alkoholkonsums; bei diesen Befragten schienen die Veränderungen des Alkoholkonsums jedoch von ihren Erfahrungen mit finanzieller Notlage abzuhängen: Befragte mit hohem Einkommen und ohne finanzielle Notlage waren die Gruppe, die am ehesten eine Verringerung ihres Alkoholkonsums meldete, während Befragte mit hohem Einkommen, die eine finanzielle Notlage erlebten, tendenziell eine weniger starke Abnahme des Konsums meldeten. Im Gegensatz dazu schienen die Veränderungen des Alkoholkonsums bei Befragten mit niedrigem Einkommen unabhängig von finanzieller Notlage zu sein.
Ergebnisse pro Land
Die Anzahl der Teilnehmenden pro Land schwankte zwischen 349 in Albanien und 15.686 in Norwegen. Wie bereits angedeutet, war der zusammenfassende Wert, der die durchschnittliche Veränderung des Alkoholkonsums ausdrückte, in allen Ländern außer zwei (Irland und Großbritannien) negativ, was auf einen gesunkenen Gesamtkonsum in allen anderen Ländern in diesem Stadium der Pandemie hindeutet. Die größten durchschnittlichen Rückgänge wurden in Albanien, Finnland, Griechenland, Italien, der Slowakei und Spanien festgestellt.
Carolin Kilian
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie
TU Dresden
Email: carolin.kilian@tu-dresden.de
Kilian C, Rehm J, Allebeck P, Braddick F, Gual A, Barták M, Bloomfield K, Gil A, Neufeld M, O'Donnell A, Petruzelka B, Rogalewicz V, Schulte B, Manthey J, and the European Study Group on Alcohol Use and COVID-19 (2021) Alcohol consumption during the COVID-19 pandemic in Europe: a large-scale cross-sectional study in 21 countries. Addiction 116: doi:10.1111/add.15530
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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