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Wissenschaft
Der Ozonabbau nach dem Toba-Ausbruch vor etwa 74.000 Jahren verstärkte den darauf folgenden vulkanischen Winter und verursachte einen Rückgang der Weltbevölkerung.
Gemeinsame Pressemeldung der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) und des MPI für Chemie
Ein katastrophaler Rückgang der atmosphärischen Ozonwerte in den Tropen hat wahrscheinlich zu einem Rückgang der Bevölkerung vor etwa 74.000 Jahren beigetragen, so die Aussage eines internationalen Forscherteams unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie. Die Entdeckung des großen Ozonverlustes, ausgelöst durch den Ausbruch des Supervulkans Toba (auf Sumatra) im heutigen Indonesien, könnte ein evolutionäres Rätsel lösen, über das Wissenschaftler seit Jahrzehnten diskutieren.
„Der Vulkanausbruch des Toba wurde lange als Ursache für den Bevölkerungsrückgang damals vermutet. Aber erste Untersuchungen der Klimavariablen Temperatur und Niederschlag lieferten keine konkreten Hinweise auf eine verheerende Auswirkung auf die Menschheit", erläutert der Forscher Sergey Osipov vom Max-Planck-Institut für Chemie, der mit Wissenschaftlern der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST), der King Saud University in Saudi-Arabien und der NASA in den USA an dem Projekt arbeitete.
Jos Lelieveld, Leiter der Abteilung Atmosphärenchemie und geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, erläutert: „Wieder sehen wir, wie die stratosphärische Ozonschicht eine zentrale Rolle bei der Abschirmung unseres Planeten spielt, und was passieren kann, wenn sie in Gefahr ist." Die Ozonschicht verhindere, dass schädliche ultraviolette (UV) Strahlung durch die Atmosphäre dringt und die Erdoberfläche erreicht, wo sie eine Bedrohung für die Biosphäre, einschließlich des Menschen, darstelle erklärt Lelieveld.
„Es ist wichtig zu wissen, dass in den Tropen die oberflächennahe ultraviolette (UV) Strahlung der treibende evolutionäre Faktor ist. Der Klimawandel durch den Toba-Ausbruch war besonders in den gemäßigten Regionen abseits der Tropen zu spüren", erklärt Georgiy Stenchikov von der KAUST. Die Kombination aus Ozonabbau in den Tropen und rauen, kalten Klimabedingungen außerhalb der Tropen erklärt, warum das Toba-Ereignis eine globale Gefahr für die Menschheit war.
Große Vulkanausbrüche stoßen Gase und Asche aus, die in der Stratosphäre eine das Sonnenlicht abschwächende Aerosolschicht bilden, was zu einer Abkühlung an der Erdoberfläche führt. Dieser „vulkanische Winter“ hat vielfältige Auswirkungen, wie beispielsweise kühlere Ozeane, verlängerte El-Niño-Ereignisse, Ernteausfälle und Krankheiten.
Der Toba-Ausbruch verringerte das globale Ozon besonders in den Tropen
„Die Ozonschicht wurde damals stark beschädigt", so Sergey Osipov, der in der Abteilung Atmosphärenchemie des Max-Planck-Instituts für Chemie arbeitet. „Um Ozon aus Sauerstoff in der Atmosphäre zu erzeugen, werden Photonen der UV-Strahlung aus dem Sonnenlicht benötigt. Wenn ein Vulkan große Mengen an Schwefeldioxid (SO2) freisetzt, absorbiert die entstehende Aschewolke die UV-Strahlung. Dies schränkt die Ozonbildung ein, wodurch ein Ozonloch entsteht und zu einer hohen UV-Belastung für das Leben auf der Erde führt."
Das Wissenschaftsteam untersuchte die UV-Strahlung nach dem Toba-Ausbruch mit einem vom NASA GISS (Goddard Institute for Space Studies) entwickelten Klimamodell. Sie simulierten so die denkbaren Auswirkungen von Vulkanausbrüchen unterschiedlicher Größenordnung.
Die Modellberechnungen legen nahe, dass die Schwefeldioxid-Wolke des Toba die weltweiten Ozonwerte um bis zu 50 Prozent verringert hat. In den Tropen bildete sich ein Ozonloch, das tiefer und größer war und viel länger blieb als das jetzige, das sich jedes Jahr im antarktischen Frühling über dem Südpol bildet.
Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, dass die Auswirkungen auf das Ozon auch bei relativ kleinen Eruptionsszenarien beachtlich sind, so dass der beschriebene Ablauf auch für andere große Eruptionen in der Erdgeschichte angenommen werden kann. Die daraus resultierende Gesundheitsgefährdung durch die höhere UV-Strahlung an der Erdoberfläche hätte die Überlebenschancen der Menschen maßgeblich beeinträchtigt.
„Die Auswirkungen des Ozonabbaus könnten ähnlich sein wie die Folgen eines Atomkriegs", schätzt Osipov. „Zum Beispiel würden die Ernteerträge und die Produktivität der Meere aufgrund der UV-Sterilisationseffekte sinken. Ohne UV-Schutz ins Freie zu gehen, würde in wenigen Minuten zu Augenschäden und Sonnenbrand führen. Mit der Zeit würden Hautkrebserkrankungen und allgemeine DNA-Schäden sowie Ausfälle von Nahrungspflanzen und -Tieren zu einem Bevölkerungsrückgang führen."
Prof. Jos Lelieveld
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Tel.: +49 6131 305-4000
E-Mail: jos.lelieveld@mpic.de
Sergey Osipov
Max Planck Institute for Chemistry, Mainz
Atmospheric Chemistry Department
Phone: +49 6131 305 4620
Email: Sergey.Osipov@mpic.de
Osipov, S., Stenchikov, G., Tsigaridis, K., LeGrande, A.N., Bauer, S.E., Fnais, M. & Lelieveld, J. The Toba supervolcano eruption caused severe tropical stratospheric ozone depletion. Communications Earth and Environment 2, 71 (2021): https://www.nature.com/articles/s43247-021-00141-7
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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