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05.07.2021 09:57

Die innere Schönheit des Hagelkorns

Antje Karbe Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Körner aus dem verheerenden Tübinger Unwetter von 2013 analysiert: Studie verbildlicht innere Kristallstruktur von Hagelkörnern

    Hagelstürme im Südwesten Deutschlands lösten kürzlich Erinnerungen an das verheerende Unwetter von 2013 aus. Damals wurden in Baden-Württemberg Schäden in Milliardenhöhe angerichtet, die Schäden aus den jüngsten Unwettern werden derzeit noch erhoben. Bei allem Ärger, den Hagelkörner für Menschen bedeuten, besitzen sie jedoch gleichzeitig eine bislang unbekannte „innere Schönheit“: Die Tübinger Geowissenschaftler Professor Paul Bons und Dr. Catherine Bauer haben in einer Studie erstmals ihre Kristallstruktur sichtbar gemacht. Sie hatten dafür Körner des Tübinger Sturms von 2013 gesammelt und im Labor mit modernsten Methoden analysiert. Neben ästhetisch ansprechenden Bildern, die so noch nie erstellt wurden, liefert dies auch Erkenntnisse zum Aufbau und möglichen Schadenspotential von Hagelkörnern. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin Journal of Glaciology veröffentlicht.

    Paul Bons und Catherine Bauer forschen beide unter anderem zum Thema „Eis“, beispielsweise in Grönland. Im Tübinger Hagelsturm von 2013 reagierten sie umgehend und sammelten Hagelkörner ein. „Wir haben diese bei minus 32 Grad gelagert“, erklärt Bons. „Eisproben sollten immer unter minus 28 Grad gelagert sein, sonst kann sich die innere Struktur innerhalb von Wochen verändern.“

    Für die Studie arbeitete er mit der Glaziologin Dr. Maurine Montagnat von der Universität Grenoble, Frankreich, zusammen. Ihr Team sektionierte die Tübinger Hagelkörner zusammen mit weiteren aus Südwestfrankreich und machte mit einem „Automated Ice Texture Analyser“ deren innere Kristallstruktur - die Textur - sichtbar.

    Die entstandenen Bilder zeigen die Struktur der Kristalle im Hagelkorn in verschiedenen Farben und offenbaren faszinierende Muster und eine Schönheit, die dem Auge normalerweise verborgen bleibt. Jedes Hagelkorn weist dabei eine individuelle Struktur auf.

    Hagelkörner entstehen aus Regentropfen, die durch Aufwinde in Gewitterwolken in große Höhen von 12.000 Metern und mehr transportiert werden und dort gefrieren. Im Fall nach unten wachsen sie ‒ abhängig von Temperatur und Luftfeuchtigkeit – weiter, indem immer neue Kristallschichten anfrieren. Diese Prozedur kann sich mehrmals wiederholen: Aufwinde tragen die Eiskörner nach oben in die kälteren Schichten, durch ihr Gewicht fallen sie wieder nach unten. Je heftiger das Gewitter, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende große Hagelkörner auf der Erde ankommen.

    Erst moderne Methoden machten es möglich, die Wachstumsstadien und komplexen Wachstumsmechanismen von Hagelkörnern viel detaillierter zu untersuchen, sagt Bons. „So können wir die Entstehung von Hagelkörnern besser verstehen und vielleicht auch besser vorhersagen, welche Schäden sie anrichten können.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Paul D. Bons
    Universität Tübingen
    Institut für Geowissenschaften
    Telefon +49 160-5515482
    paul.bons@uni-tuebingen.de

    Dr. Catherine C. Bauer
    Universität Tübingen
    Institut für Geowissenschaften
    catherine.bauer@ifu.uni-tuebingen.de


    Originalpublikation:

    Montagnat M, Bourcier M, Philip A, Bons PD, Bauer CC, Deconinck P, Hereil P (2021). Texturcharakterisierung einiger großer Hagelkörner mit einer automatisierten Technik. Journal of Glaciology 1-15. https://doi.org/10.1017/jog.2021.66


    Bilder

    Hagelkorn aus dem Französischen Viertel in Tübingen: Der „Automated Ice Texture Analyser“ zeigt die innere Kristallstruktur - es ist zu sehen, dass das Hagelkorn vier Wachstumsstufen durchlaufen hat.
    Hagelkorn aus dem Französischen Viertel in Tübingen: Der „Automated Ice Texture Analyser“ zeigt die ...

    Abbildung: Maurine Montagnat/Paul Bons

    Nach außen zerstörerisch, von innen schön: Hagel in Tübingen am 23. Juni 2021.
    Nach außen zerstörerisch, von innen schön: Hagel in Tübingen am 23. Juni 2021.

    Foto: Universität Tübingen


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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