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Forscherinnen und Forscher haben die Immunantwort von Dialysepatientinnen und -patienten nach zwei oder drei Impfungen gegen Covid-19 untersucht. Von den 23 Teilnehmenden profitierten 20 von einer dritten Impfung. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Kidney International“ am 4. Oktober 2021 online in einer Vorabversion veröffentlicht worden. Für die Arbeit kooperierten das Centrum für Translationale Medizin der Medizinischen Klinik I des Marien Hospitals Herne, Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum (RUB), die RUB-Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie, das Dialysezentrum Schwerte sowie weitere Partner aus Deutschland und der Schweiz.
Neue Tests ermöglichen Einblicke in den Zustand des Immunsystems
Ebenso wie Erkrankungen sorgen Impfstoffe dafür, dass der Körper ein immunologisches Gedächtnis bildet. Dieses kann eine zweite Infektion oder Erkrankung mit demselben Erreger verhindern. „Vereinfacht dargestellt beruht die spezifische Immunität auf Antikörpern, die eine Infektion verhindern, und Immunzellen, die infizierte Zellen abtöten können“, erklärt Prof. Dr. Nina Babel, Leiterin des Centrums für Translationale Medizin mit Schwerpunkt Immunologie. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat sie eine Technik entwickelt, die einen Einblick in den Zustand des Immunsystems erlaubt. Dazu bestimmen die Forschenden sozusagen im Reagenzglas, ob ein Mensch funktionierende Antiköper und Immunzellen gegen einen bestimmten Erreger besitzt.
Schwächere Immunantwort bei Dialysepatienten
Menschen, die an die Dialyse müssen, haben eine schwächere Immunantwort als Gesunde. „Ein Teil unserer Patientinnen und Patienten bildet gar keine oder sehr wenige impfspezifische Antikörper nach Sars-Cov-2-Immunisierung“, sagt Dr. Okan Cinkilic, Nephrologe und Leiter des Dialysezentrums in Schwerte. Ausgerechnet diese Gruppe chronisch kranker Menschen zeigt aber schwere Covid-19-Verläufe. Wie das Immunsystem von Dialysepatienten auf Virusvarianten wie die Delta-Variante reagiert, ist zudem nicht bekannt. Das Team wollte herausfinden, ob die Patientinnen und Patienten von einer dritten Impfung gegen das Coronavirus profitieren können.
„Dass unsere nierenkranken Patienten einen stärkeren Impfreiz brauchen, um eine ausreichende Impfantwort auszubilden ist nichts Neues“, sagt Prof. Dr. Timm Westhoff, Direktor der Medizinischen Klinik I am Marien Hospital Herne. Bekannt ist dies etwa mit Bezug auf Hepatitis-B. Dialysepatienten mit fehlenden oder niedrigen Hepatitis-B-Antikörperspiegeln werden in regelmäßigen Abständen mit einem Impfstoff gegen die Krankheit nachgeimpft.
Bessere Impfantwort nach der dritten Impfung
In der aktuellen Studie untersuchte das Forschungsteam 23 Dialysepatientinnen und -patienten, die nach einer zweiten Impfung mit einem mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 nur eine eingeschränkte Impfantwort gezeigt hatten. Alle erhielten eine dritte Impfung. 20 von ihnen entwickelten einen hohen Antikörpertiter und eine Killerzell-Antwort gegen das Coronavirus Sars-Cov-2.
Außerdem untersuchte das Forschungsteam 25 Patientinnen und Patienten, deren Immunsystem nach einer zweiten Impfung bereits hohe Mengen von Antikörpern und Killerzellen gebildet hatte. Die Forschenden verglichen die Immunantwort dieser sogenannten Impf-High-Responder nach der zweiten Impfung mit der Immunantwort der dreifach geimpften Patienten, die auf die zweite Impfung nur wenig angesprochen hatten (Low-Responder). „Interessanterweise war die Immunantwort der High-Responder nach der zweiten Impfung deutlich geringer als die Impfantwort der Low-Responder nach der dritten Impfung – und zwar nicht nur gegen die Wildtyp-, sondern auch gegen die Deltavariante“, betont Timm Westhoff.
„Diese Ergebnisse sind klinisch relevant“, fasst Okan Cinkilic zusammen. Nicht nur Patienten mit einer fehlenden oder eingeschränkten Impfantwort nach zwei Impfungen, sondern auch Patienten mit einer guten Antikörperantwort nach zwei Impfungen könnten von der dritten Impfung profitieren. „Somit unterstützen unsere Daten die kürzlich veröffentlichte Empfehlung der Ständigen Impfkommission, die Menschen mit eingeschränkter Immunität, auch Dialysepatienten, eine dritte Impfung empfiehlt“, so Okan Cinkilic.
Prof. Dr. Nina Babel
Centrum für Translationale Medizin
Medizinische Klinik I
Marien-Hospital Herne
Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 2323 4995141
E-Mail: nina.babel@elisabethgruppe.de
Stervbo et al.: Improved cellular and humoral immunity upon a second BNT162b2 and mRNA-1273 boost in prime-boost vaccination no/low responders with end-stage renal disease, in: Kidney International, 2021, DOI: 10.1016/j.kint.2021.09.015, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S008525382100925X?via%3Dihub
Das Forschungsteam: Timm Westhoff, Nina Babel und Okan Cinkilic (von links)
Roland Hentschel
Roland Hentschel
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Deutsch
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