idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
04.11.2021 12:15

Junge Männer bei Frauenberufen im Nachteil

Dr. Harald Wilkoszewski Abteilung Kommunikation
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH

    Feldstudie widerspricht verbreiteter Annahme zur Geschlechterdiskriminierung bei Bewerbungen

    Nicht immer sind es Frauen, die bei der Jobsuche das Nachsehen haben. Bei Einstellungsverfahren für typische Frauenberufe erleben Männer Nachteile. In Deutschland, den Niederlanden, Spanien und dem Vereinigten Königreich führen ihre Bewerbungen auf typische Frauenberufe seltener zum Vorstellungsgespräch. Umgekehrt gilt das für Frauen, die sich auf typische Männerjobs bewerben, nicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der WZB-Forscher:innen Jonas Radl und Ruta Yemane gemeinsam mit Kolleg:innen der Universität Oslo, der Universität Carlos III in Madrid und der Universität Amsterdam. Fünf europäische Länder und die Vereinigten Staaten wurden untersucht.

    Frauen verdienen im Schnitt noch immer weniger als Männer und besetzen seltener Führungspositionen. Als ein wichtiger Grund für die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wird ihre Diskriminierung bei Einstellungsverfahren genannt. Diskriminierung ist jedoch schwer zu messen, und frühere Studien haben für verschiedene Länder unterschiedliche Ergebnisse gezeigt.

    Die Studie, die jetzt in der Zeitschrift European Sociological Review erschienen ist, füllt diese Lücke. Sie ist die erste länderübergreifende Feldstudie zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Analysiert wurden die Antworten von Arbeitgebern auf rund 4.300 Schreiben fiktiver Bewerber:innen in sechs Ländern (Deutschland, den Niederlanden, Norwegen, Spanien, dem Vereinigten Königreich und USA). Hier hatten sich junge Frauen und Männer (22 bis 26 Jahre) auf offene Stellen für sechs Berufe beworben: Lohnbuchhalter:in, Empfangsmitarbeiter:in, Vertriebsmitarbeiter:in, Koch/Köchin, Verkäufer:in, Softwareentwickler:in.

    Die Forscher:innen fanden in keinem Land und für keinen der untersuchten Berufe Hinweise auf eine systematische Benachteiligung von jungen Frauen – auch nicht in einem männerdominierten Beruf wie der Softwareentwicklung. Für weiblich dominierte Berufe werden Frauen als geeigneter angesehen. Diskriminiert wurden dagegen männliche Bewerber in Deutschland, den Niederlanden, Spanien und dem Vereinigten Königreich. Wenn sich Männer hier auf typische Frauenberufe bewarben, war die Wahrscheinlichkeit, dass sie Rückmeldung erhielten, zwischen fünf und neun Prozent geringer als bei Frauen. „In Deutschland mussten bei Stellenangeboten als Verkäufer männliche Bewerber zum Beispiel fast doppelt so viele Bewerbungen schreiben, um zum Vorstellungsgespräch eingeladen oder um weitere Informationen gebeten zu werden“ erklärt WZB-Forscher Jonas Radl. In Norwegen und den USA hingegen stellten die Forscher:innen im Durchschnitt keine Diskriminierung männlicher Bewerber fest.

    „Wir müssen unsere Annahmen überprüfen, dass Frauen immer die benachteiligte Gruppe sind. Geschlechtsspezifische Diskriminierung ist offensichtlich komplexer“, sagt Studienautorin Gunn Elisabeth Birkelund von der Universität Oslo.

    Einschränkend muss gesagt werden, dass die Studie nur die frühe Phase bei Einstellungsverfahren untersucht. Zudem handelt es sich um junge Bewerber:innen mit vier Jahren Berufserfahrung. Die vorgelegten Befunde widersprechen darum nicht der Tatsache, dass Frauen im späteren Verlauf ihrer Karriere beim Verdienst oder der Beförderung diskriminiert werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Jonas Radl
    Leiter der Forschungsgruppe Effort and Social Inequality
    jonas.radl@wzb.eu
    Tel.: 0151 - 67523756


    Originalpublikation:

    Gunn Elisabeth Birkelund, Bram Lancee, Edvard Nergård Larsen, Javier G. Polavieja, Jonas Radl, Ruta Yemane: ‘Gender Discrimination in Hiring: Evidence from a Cross-National Harmonized Field Experiment’, in: European Sociological Review (27 October 2021)

    https://doi.org/10.1093/esr/jcab043


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).