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09.11.2021 09:44

„Tauziehen“ der Zellen – Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen untersucht dichte Verbindungen

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Die gemeinsame Bewegung von Zellen ist entscheidend für verschiedene biologische Prozesse in unserem Körper – zum Beispiel, damit Wunden heilen und sich der Organismus entwickeln kann. Diese Bewegung wird durch die Verbindungen zwischen einzelnen Zellen ermöglicht. Diese Verbindungen wiederum werden durch verschiedene Proteinkomplexe hergestellt und übertragen die notwendigen Kräfte zwischen benachbarten Zellen. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen und mit Beteiligung des Dresdener Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik hat gezeigt, dass besonders dichte Verbindungen eine entscheidende Rolle bei der Zellbewegung einnehmen.

    (pug) Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Verbindungen zwischen den Zellen anhand verschiedener biophysikalischer Methoden. Mittels Videomikroskopie und automatisierter Auswertung analysierten sie die Eigenschaften tausender lebender Zellen über mehr als zwanzig Stunden. Sie beobachteten unter anderem die Größe, Form und Beweglichkeit. Spezifische Proteine wurden zudem mit Antikörpern „angefärbt“, um aufzuklären, was auf molekularer Ebene passiert, wenn die „Tight-Junctions“-Verbindungen verloren gehen.

    Wenn diese besonderen Verbindungen fehlen, können Nachbarzellen nicht mehr wie üblich aneinanderkoppeln. Die einzelnen Zellen fangen an, sich sehr stark zusammenzuziehen, und es entsteht eine Art „Tauziehen“ zwischen den Zellen. Prof. Dr. Andreas Janshoff, leitender Autor von der Universität Göttingen, sagt: „Dabei gewinnen manche Zellen und ziehen sich ganz klein zusammen, während andere Zellen verlieren und auseinandergezogen werden. Die Verliererzellen fangen dabei sogar an, sich mehr zu teilen, so dass noch mehr kleine Gewinnerzellen entstehen.“ Die zusammengezogenen Zellen bewegen sich kaum noch, so dass sich das ganze Gewebe wie eingefroren verhält. Wenn diese speziellen Zell-Verbindungen hingegen vorhanden sind, bleibt der Zellverband – flüssigem Wasser ähnlich – sehr beweglich. In gesundem Gewebe können auf diese Art zum Beispiel Wunden heilen, während die Epithelzellen gleichzeitig ihre Barrierefunktion aufrechterhalten.

    „Wir waren überrascht, einen solchen Mechanismus des extrem unausgeglichenen Tauziehens zwischen eigentlich gleichen Zelltypen vorzufinden“, sagt Erstautor Mark Skamrahl von der Universität Göttingen. „Der negative Einfluss dieses Tauziehens auf die Bewegung der Zellen ist ein weiterer Befund, wie Zellmechanik biologische Funktionen entscheidend bestimmen kann.“

    In der bisherigen Forschung war lediglich die mechanische Rolle der sogenannten „Adherens Junctions“ bei der gemeinsamen Bewegung bekannt. Die Bedeutung der „Tight Junctions“-Verbindungen ist nicht nur für das Wissen um Zellbewegung wesentlich, sie könnte auch einen Beitrag zum Verständnis von Krebserkrankungen leisten.

    Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Advanced Science erschienen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Mark Skamrahl
    Georg-August-Universität Göttingen
    Institut für Physikalische Chemie
    Tammannstraße 6, 37077 Göttingen
    E-Mail: mskamra@uni-goettingen.de

    Prof. Dr. Andreas Janshoff
    Georg-August-Universität Göttingen
    Institut für Physikalische Chemie
    Tammannstraße 6, 37077 Göttingen
    Telefon: 0551-39 23601
    E-Mail: ajansho@gwdg.de


    Originalpublikation:

    Mark Skamrahl et al. Tight Junction ZO Proteins Maintain Tissue Fluidity, Ensuring Efficient Collective Cell Migration. Advanced Science 2021. Doi: https://doi.org/10.1002/advs.202100478


    Bilder

    „Tauziehen“: Sogenannte Gewinnerzellen ziehen sich seitlich mithilfe des Zytoskeletts (in magenta) zusammen und runden sich nach oben ab, während die benachbarten Verliererzellen auseinandergezogen werden.
    „Tauziehen“: Sogenannte Gewinnerzellen ziehen sich seitlich mithilfe des Zytoskeletts (in magenta) z ...
    Dr. Alexey Chizhik

    Prof. Dr. Andreas Janshoff
    Prof. Dr. Andreas Janshoff
    privat


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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