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20.11.2021 08:22

Symposium: Fortschritte für Patientinnen und Patienten mit Krankheiten im Gastrointestinaltrakt

Dr. Rolf Hömke Pressestelle
Paul-Martini-Stiftung (PMS)

    „Gastroenterologie ist ein besonderes Gebiet der Medizin. Es verlangt, so unterschiedliche Krankheitsbilder wie Krebserkrankungen, Infektions- und Stoffwechselkrankheiten und Autoimmunkrankheiten zugleich im Blick behalten zu müssen.“ Das erklärte Prof. Dr. Britta Siegmund von der Charité Berlin, Mitglied der Leopoldina, beim Symposium ‚Arzneimitteltherapie in der Gastroenterologie‘ am 19. November in Berlin. Sie leitete diese online durchgeführte Veranstaltung mit 14 Vorträgen zusammen mit Prof. Dr. Stefan Endres vom Klinikum der Universität München. Veranstalter war die Paul-Martini-Stiftung (PMS) in Verbindung mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

    „Vieles am Gastrointestinaltrakt lässt sich erst verstehen, wenn man seine engen Verflechtungen mit den Mikroorganismen darin – der Mikrobiota – berücksichtigt“, so Prof. Siegmund weiter. „Die Mikrobiota trägt nicht nur zur Verdauung bei, sondern prägt auch das Immunsystem und hat dadurch sowie über eigene Stoffwechselprodukte auch Wirkungen auf Organe, mit denen sie nicht direkt in Kontakt steht, beispielsweise auf das Herz oder das Gehirn. Erkenntnisse wie diese sowie über zahlreiche molekulare Signalwege können helfen, die Arzneimitteltherapie künftig zu präzisieren.“

    Neue Ideen für die gastrointestinale Therapie

    Beim Symposium wurden aktuelle Therapieverbesserungen auf den wichtigsten gastroenterologischen Feldern vorgestellt. So berichtete beispielsweise Prof. Dr. Raja Atreya vom Universitätsklinikum Erlangen, dass sich nun bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen mit fluoreszenzmarkierten Antikörpern endoskopisch direkt im Darm erkennen lässt, ob die nachfolgende immunmodulatorische Therapie mit einem anti-TNF-alpha-Antikörper erfolgversprechend ist oder nicht.

    Einen Fortschritt für die Krebstherapie bringt es, wenn aus Tumorbiopsien Organoide herangezüchtet werden, deren Vulnerabilität gegenüber verschiedenen onkologischen Medikamenten getestet wird, ehe der Patient oder die Patientin mit diesen behandelt wird. Das erläuterte Prof. Dr. Roland M. Schmid von der TU München am Beispiel des Pankreaskarzinoms.

    Prof. Dr. Elke Roeb von der Universität Gießen berichtete, dass nach Jahrzehnten mit vielen Fehlschlägen nun vielversprechende Wirkstoffe gegen Leberentzündung, -fibrose und Leberverfettung in Entwicklung sind. Zu einem Bindegewebsumbau des Lebergewebes kommt es häufig bei einer nicht-alkoholischen Fettleber-Erkrankung (NAFLD), wie sie oft bei Adipositas und Typ-2-Diabetes auftritt.

    Was im Verdauungstrakt mit Medikamenten geschieht

    Der Magen-Darm-Trakt einschließlich seiner anhängenden Organe ist aber nicht nur das Ziel von Behandlungen. Er ist auch eine entscheidende Durchgangsstation für fast alle Wirkstoffe, die oral verabreicht werden.

    Darauf ging unter anderem Dr. Joachim Höchel vom Unternehmen Bayer ein. Enzymatisch-chemische Veränderungen an Wirkstoffen (auch Biotransformationen genannt) finden nicht nur in der Leber statt, sondern auch in den Zellen des Dünndarms und den Bakterien des Dickdarms. Das ist häufig unerwünscht, kann aber auch genutzt werden wie im Fall von Sulfosalazin gegen Darmentzündungen, aus dem erst durch Darmbakterien die wirksame 5-Aminosalicylsäure entsteht.

    Die Komplexität des Biotransformationsgeschehens wird noch dadurch erhöht, dass manche Wirkstoffe auch die Expression bestimmter Pumpenproteine induzieren können, die gerade erst aufgenommene Wirkstoffe wieder in den Darm zurückbefördern. Auch die Produktion von Abbauenzymen können sie induzieren. Als Konsequenz davon ändert sich der Prozentsatz an Wirkstoff, der nach Medikamenteneinnahme den Blutkreislauf erreicht, binnen Tagen oder je nach Co-Medikation. Davon berichtete Prof. Dr. Gerd A. Kullak-Ublick vom Universitätsspital Zürich.


    Dynamische Weiterentwicklung

    „Die weiter wachsende Kenntnis über die molekularen Vorgänge im Gastrointestinaltrakt wie auch das Verständnis für die vielen metabolischen und regulatorischen Netzwerke, die den Menschen, seine Mikrobiotika und die Umwelt verbinden, dürfte der Gastroenterologie in den kommenden Jahren weitere wesentliche Fortschritte einbringen“, so das Resümée von Co-Symposiumsleiter Prof. Dr. Stefan Endres von der Universität München.

    Die Paul-Martini-Stiftung

    Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung, Berlin, fördert die Arzneimittelforschung sowie die Forschung über Arzneimitteltherapie. Die Stiftung intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie und anderen Forschungseinrichtungen sowie Vertretern und Vertreterinnen der Gesundheitspolitik und der Behörden. Dazu dienen die jährlich ausgerichteten Symposien und Workshops und die Verleihung des Paul-Martini-Preises. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, der als Verband derzeit 45 forschende Pharma-Unternehmen vertritt. Die Stiftung ist benannt nach dem Bonner Wissenschaftler und Arzt Professor Paul Martini (1889 - 1964), in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die klinisch-therapeutischen Forschung.

    Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina

    Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat 1.600 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.


    Weitere Informationen:

    https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/issue/10.1055/s-011-52327 Abstracts zu den Vorträgen


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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