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Wissenschaft
Studie des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ klärt die entzündungshemmende Wirkung der von Darmbakterien gebildeten Fettsäure Butyrat auf.
Etwa 500 bis 1.000 verschiedene Arten von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen besiedeln unserem Darm. Alle zusammen bilden das Darmmikrobiom. Diese Mikroben sind, wie man heute weiß, eine wichtige Schaltstelle zur Gesunderhaltung. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn die Zusammensetzung des Mikrobioms aus der Balance gerät, wie zum Beispiel bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Deren Darmmikrobiom umfasst im Vergleich zu Gesunden weniger Bakterienarten. Wie ein verändertes Mikrobiom zur Entstehung von Krankheiten beiträgt, ist im Detail bisher kaum bekannt. PD Dr. Felix Sommer und sein Team vom Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) versuchen die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wirt und seinem Mikrobiom besser zu verstehen. Dabei sind sie auf ein Enzym, die sogenannte Hexokinase 2 (HK2), gestoßen. Das Enzym HK2 wird bei Entzündung verstärkt produziert und durch das Mikrobiom reguliert. „Wir konnten im Tiermodell zeigen, dass durch Gabe der kurzkettigen Fettsäure Butyrat die HK2-Spiegel in Darmepithelzellen erniedrigt und Entzündungen gehemmt wurden. Bei Tieren, denen das HK2 Enzym entfernt wurde, war der schützende Effekt der von Bakterien produzierten Fettsäure Butyrat weg“, erklärt Sommer, Leiter der Arbeitsgruppe Funktionelle Wirt-Mikrobiom Forschung am Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. Die Ergebnisse dieser Studie* wurden im renommierten Fachjournal Cell Metabolism veröffentlicht.
Enzym Hexokinase 2: Hohe Spiegel in Darmzellen zeigen ungesunden Zustand an
Wie Darmbakterien das Enzym HK2 regulieren und Entzündungen beeinflussen, untersuchten Sommer und sein Team in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Kiel, Lübeck, München und Hannover sowie aus den USA und Schweden unter anderem an Mäusen, denen dieses Enzym in den Zellen der Darmschleimhaut fehlte. „Diese Mäuse waren weniger anfällig für eine experimentell erzeugte Darmentzündung“, berichten die Erstautoren Finn Hinrichsen und Jacob Hamm, Doktoranden am IKMB. Bei den Versuchen wurden außerdem mikrobielle Faktoren identifiziert, welche die Produktion von HK2 regulieren: kurzkettige Fettsäuren wie Acetat und Butyrat. Diese Fettsäuren werden nicht mit der Nahrung aufgenommen, sondern von Bakterien im Darm produziert, aber nur von ganz bestimmten Darmbakterien. „Acetat erhöhte die Konzentration von HK2 in den Darmzellen, während Butyrat die HK2-Spiegel erniedrigte“, sagt Sommer. Hinsichtlich der Entzündung stellte er fest: „Die Gabe von Acetat verschlimmerte eine experimentelle Darmentzündung in Wildtyp-Mäusen, wohingegen Butyrat schützend wirkte. Diese Effekte waren in HK2-defizienten Mäusen, also Tieren, denen das Enzym HK2 fehlte, nicht vorhanden.“
Potenzielles Zielmolekül für neue antientzündliche Therapien
Dass die kurzkettige Fettsäure Butyrat, auch Buttersäure genannt, die Darmbarriere stabilisiert und antientzündlich wirkt, ist bereits aus vielen früheren Studien bekannt. Einem therapeutischen Einsatz etwa bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen steht jedoch der sehr unangenehme Geruch von Butyrat sowie seine stark abführende Wirkung entgegen. „Durch die Identifikation von HK2 als Ziel von Butyrat haben wir einen potenziellen Angriffspunkt für neue antientzündliche Wirkstoffe gefunden. Die Hemmung von HK2 wäre spezifischer als eine Therapie mit Butyrat“, betonte Sommer.
Theoretisch wäre es auch denkbar, das Darmmikrobiom, durch Gabe von fettsäureproduzierenden Bakterien aufzubauen, wie Letztautor Professor Philip Rosenstiel ergänzt. „Bisher waren viele Ansätze hier eher sehr breit gefächert. Die Arbeit liefert einen wichtigen Hinweis, dass man vielleicht tatsächlich einzelne Bakterien gezielt aussuchen kann, um bestimmte Stoffwechselvorgänge in der Darmschleimhaut und damit auch Entzündungen zu steuern“, erklärt IKMB-Direktor Rosenstiel.
* Die Studie wurde gefördert vom Exzellenzcluster PMI, der Forschergruppe 5042 „miTarget: Das Mikrobiom als therapeutisches Target bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“, dem Graduiertenkolleg 1743 „Genes, Environment, Inflammation“ sowie dem Sonderforschungsbereich 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“.
Fotos stehen zum Download bereit:
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Mikroskopische Aufnahme von Darmgewebe. Grün: Epithelzellen, die HK2 produzieren. Rot: Bakterien im Inneren des Darmes.
© Saskia Weber-Stiehl, IKMB, Uni Kiel
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Ein Bakterium löscht Feuer – eine Entzündung – im Darm mit Butyrat.
© IKMB, Uni Kiel / Illustration: Renate Nikolaus
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Jakob Hamm, Doktorand am Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB), CAU, UKSH
© privat
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Finn Hinrichsen, Doktorand am Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB), CAU, UKSH
© privat
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Prof. Dr. Philip Rosenstiel, Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) und Direktor am Institut für Klinische Molekularbiologie, CAU, UKSH.
© Tebke Böschen, PMI
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PD Dr. Felix Sommer, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB), CAU, UKSH
© privat
Der Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen/Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) wird von 2019 bis 2025 durch die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert (ExStra). Er folgt auf den Cluster Entzündungsforschung „Inflammation at Interfaces“, der bereits in zwei Förderperioden der Exzellenzinitiative (2007-2018) erfolgreich war. An dem neuen Verbund sind rund 300 Mitglieder in acht Trägereinrichtungen an vier Standorten beteiligt: Kiel (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Muthesius Kunsthochschule, Institut für Weltwirtschaft und Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik), Lübeck (Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein), Plön (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie) und Borstel (Forschungszentrum Borstel - Leibniz Lungenzentrum).
Ziel ist es, die vielfältigen Forschungsansätze zu chronisch entzündlichen Erkrankungen von Barriereorganen in ihrer Interdisziplinarität verstärkt in die Krankenversorgung zu übertragen und die Erfüllung bisher unbefriedigter Bedürfnisse von Erkrankten voranzutreiben. Drei Punkte sind im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Behandlung wichtig und stehen daher im Zentrum der Forschung von PMI: die Früherkennung von chronisch entzündlichen Krankheiten, die Vorhersage von Krankheitsverlauf und Komplikationen und die Vorhersage des individuellen Therapieansprechens.
Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen
Wissenschaftliche Geschäftsstelle, Leitung: Dr. habil. Susanne Holstein
Postanschrift: Christian-Albrechts-Platz 4, D-24118 Kiel
Telefon: (0431) 880-4850, Telefax: (0431) 880-4894
Twitter: PMI @medinflame
Pressekontakt:
Kerstin Nees
Telefon: (0431) 880 4682
E-Mail: kerstin.nees@hamburg.de
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Link zur Meldung:
https://www.precisionmedicine.de/de/detailansicht/news/verbindung-zwischen-darme...
Jacob Hamm
Institut für Klinische Molekularbiologie,
CAU, UKSH
Tel.: 0431/ 500-15146
E-Mail: j.hamm@ikmb.uni-kiel.de
Finn Hinrichsen
Institut für Klinische Molekularbiologie,
CAU, UKSH
Tel.: 0431/ 500-15146
E-Mail: f.hinrichsen@ikmb.uni-kiel.de
Prof. Dr. Philip Rosenstiel
Institut für Klinische Molekularbiologie, CAU, UKSH
Tel.: 0431/500-15111
E-Mail: p.rosenstiel@mucosa.de
PD Dr. Felix Sommer
Institut für Klinische Molekularbiologie,
CAU, UKSH
Tel.: 0431/ 500-15146
E-Mail: f.sommer@ikmb.uni-kiel.de
Hinrichsen F, Hamm J, Westermann M, … Rosenstiel P, Sommer F. Microbial regulation of hexokinase 2 links mitochondrial metabolism and cell death in colitis. Cell Metabolism (2021), https://doi.org/10.1016/j.cmet.2021.11.004
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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