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22.11.1998 16:32

Wenn Riesenschlangen Riesen schlingen

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Was nach dem großen Fressen kommt

    Jena (23.11.98) Riesenschlangen - weitverbreitet ist der Irrglaube, daß sie gefährlich sind und sogar Menschen töten. In Wahrheit sind sie zoologische Wundertiere, die ein Jahr lang fasten können, um dann auf einmal eine Beute zu verschlingen, die genauso schwer sein kann wie sie selbst. Wie das eine bis zu sechs Meter lange Tigerpython ohne Verdauungsstörungen fertigbringt, haben jetzt Zoologen der Universität Jena herausgefunden. Privatdozent Dr. Matthias Starck und sein Team vom Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie untersuchen die Verdauungsvorgänge der Riesenschlangen seit zwei Jahren.

    Besonders interessiert die Jenaer Wissenschaftler, was die Tiere mit ihrem Darm in Fastenzeiten machen. Etwa alle drei Monate geben sie ihren fünf Pythons ein Kaninchen zu fressen und beobachten dann per Ultraschall, was im Bauch der Riesenschlange geschieht. Mit einem hochauflösenden Ultraschallgerät, das sonst nur in der Augenheilkunde eingesetzt wird, messen sie sogar kleinste Strukturveränderungen von 0,1 bis 0,2 Millimeter Größe.

    Nachdem die Riesenschlange ihre Beute gefressen hat, kann sie die Größe von Darm und Leber um das Dreifache erhöhen. Nach zwei Wochen, wenn die Mahlzeit verdaut ist, schrumpfen die Organe wieder auf Normalzustand und können monatelang in diesem verbleiben.

    Daß sich eine Python so gut anpassen kann, gelingt ihr auf raffinierte Weise: Hat das große Fressen begonnen, fließt Lymphe in die Darmzotten. Diese werden wie ein Ballon aufgepumpt, entfalten sich, und der Darm dehnt sich innerhalb von zwei Tagen auf die maximale Größe aus. Die Durchblutung im Schlangendarm steigt; die Python kann besser verdauen. Jede einzelne Darmzelle verändert sich, so daß es nach der Mahlzeit plötzlich mehr Enzyme gibt, die die Nährstoffe in die Zellen transportieren. Außerdem verlängern sich auf den Darmzellen die sogenannten Mikrovilli, die aussehen wie kleine Bürsten und den Speisebrei nach Nährstoffen durchkämmen.

    Ist das Festessen vorbei, beginnt die Python mit dem Heilfasten. Sie verbraucht kaum Stoffwechselenergie und erneuert dabei vollständig ihre Darmzellen. Somit sind Fastenzeiten nichts anderes als notwendige Erholungsphasen für den Schlangendarm - bis zum nächsten großen Fressen. SG

    Ansprechpartner:
    PD Dr. Matthias Starck
    Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie
    Tel.: 03641/949155; Fax: 03641/949152
    e-mail: starck@pan.zoo.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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