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15.02.2022 10:14

Blutzuckermessen am Steuer ist verkehrswidrig! Sicher und rechtskonform durch den Straßenverkehr

Michaela Richter Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Es geschieht vermutlich täglich: an einer roten Ampel und bei laufendem Motor „mal eben“ per kontinuierlichem Glukosemessgerät (rt-CGM) oder flash-glucose-monitoring-(isc-CGM) die aktuelle Glukosestoffwechsellage prüfen. Was viele Menschen mit Diabetes nicht wissen: Wie die Nutzung des Handys am Steuer gilt auch dies als Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) – und wird mit einem Bußgeld von aktuell mindestens 100 Euro sowie mindestens einem Punkt in Flensburg geahndet; dazu kann auch ein Fahrverbot drohen.

    Der Ausschuss „Soziales“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) weist in einer Stellungnahme Autofahrende auf diese Rechtslage hin und erklärt, wie Menschen mit Diabetes ihre Werte sicher und rechtskonform im Straßenverkehr überprüfen können.¹ Gemeinsam mit der gemeinnützigen Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe fordern die Experten, diese wichtige Information auch in die Aufklärung, Schulung und Beratung von Patientinnen und Patienten mit aufzunehmen.
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    Laut § 23 Abs. 1 a StVO dürfen beim Führen eines Fahrzeugs elektronische Geräte, die „der Kommunikation, Information oder Organisation dienen“, nur benutzt werden, wenn sie dafür weder aufgenommen noch gehalten werden müssen und zur Bedienung und Benutzung der Blick nur kurz vom Verkehrsgeschehen ab und dem Gerät zugewendet wird.² „Wir empfehlen unseren Patienten stets regelmäßige Kontrollen ihrer Glukosewerte bei Autofahrten, um gefährliche Unterzuckerungen rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden“, erklärt Dr. med. Wolfgang Wagener, Vorsitzender des DDG Ausschusses „Soziales“. „Dass eine spontane CGM-Anwendung oder ein FGM-Scan bei laufendem Motor als Verstoß gegen die Verkehrsregeln gewertet wird und zu erheblichen Problemen führen kann, ist nicht allen bewusst.“ Aus aktuellem Anlass gab der Ausschuss nun eine Stellungnahme heraus, die auf diese Rechtsgrundlage hinweist.

    Ob im Auto, auf dem Motorrad, E-Bike, E-Scooter oder Fahrrad: Bevor Fahrerinnen und Fahrer das CGM oder die Insulinpumpe bedienen, müssen sie ordnungsgemäß an den Straßenrand fahren und gegebenenfalls den Motor abstellen. Denn die Bedienung solcher Geräte kann zur verminderten Aufmerksamkeit für die Verkehrslage, zu Fahrfehlern und zu Unfällen führen. Das Verbot gilt auch an roten Ampeln und für Situationen, in denen sich der Motor automatisch abschaltet (Start-Stopp-Automatik). „Ein kurzer Blick aufs Display zum Ablesen des Glukosewerts ist zulässig, sofern das Messgerät dazu nicht aufgenommen oder bedient werden muss“, führt Rechtsanwalt Oliver Ebert, Rechtsexperte der DDG und diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe, aus. Er empfiehlt den Einsatz einer Handy-Halterung: Ein Tastendruck zum Einschalten des Displays wäre dann unproblematisch, sofern dies zu keiner Ablenkung führt. „Wir raten jedoch davon ab, das Gerät mehrfach anzutippen oder zum Messwert zu scrollen. Das absorbiert zu viel Aufmerksamkeit vom Verkehr.“ Die Rechtsprechung sei sehr streng, da bereits das Ablegen des Gerätes auf dem Oberschenkel schon als „Halten des Gerätes“ angesehen werde.

    Die Folgen einer Verkehrswidrigkeit können weitreichend sein: „Kommt es im Zusammenhang mit einer Gerätebedienung zu einem Unfall, könnten Gerichte schnell ein fahrlässiges Verhalten unterstellen“, warnt Ebert. Dem Unfallverursacher drohen dann hohe Strafen, Schadensersatzforderungen oder gar Gefängnis. Ebert weist zudem darauf hin, dass es zu einer Meldung an die Straßenverkehrsbehörde führen kann, wenn rt-CGM oder Insulinpumpe bei einer Polizeikontrolle auffallen. Der Fahrerende könnte von der Führerscheinbehörde dann womöglich zu einer verkehrsmedizinischen Untersuchung aufgefordert werden, deren Kosten er oder sie selbst tragen muss.

    Diabetespatienten, die mit Systemen zur kontinuierlichen Glukose-Messung und/oder Insulinpumpen behandelt werden, sollten also bereits in Schulungen und Therapien ausdrücklich auf diese Rechtslage hingewiesen werden, fordern DDG und diabetesDE. „Die Informationen sollten ab sofort in entsprechende Schulungscurricula aufgenommen werden“, rät Wagener. In der Beratung sollten mit den Menschen mit Diabetes Maßnahmen entwickelt werden, die eine Vereinbarkeit von größtmöglicher Verkehrssicherheit einerseits und Schutz vor riskanten Glukoseverläufen während der Fahrt andererseits ermöglichen. „Wichtig für Behandelnde ist auch, sich selbst juristisch abzusichern und die Aufklärung und Beratung in der Krankenakte zu dokumentieren“, ergänzt Wagener. Fehlende oder mangelhafte Aufklärung sowie fehlende Dokumentation stellten ein großes Risiko für die eigene (Mit-)Haftung oder gar Strafbarkeit dar.

    Beide Experten raten Diabetespatienten zu folgendem Vorgehen im Straßenverkehr: Bei Verdacht auf eine Unterzuckerung oder vor der regelmäßigen Kontrolle der Glukose sollte der Fahrer seine Teilnahme am Straßenverkehr sofort beenden, indem er sicher parkt oder die Warnblinkanlage einschaltet, an den Straßenrand fährt, das Fahrzeug zum Stehen bringt und den Motor abschaltet. Zweiradfahrer müssen absteigen. Dann kann man rechtskonform alles Notwendige für seinen Diabetes tun.

    Weitere Informationen:

    ¹Stellungnahme des Ausschusses „Soziales“ der DDG: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/politik/stellungnahmen/gemeinsame-...

    ²Rechtslage: https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__23.html
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    Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
    Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9200 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als acht Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
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    Über diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe:
    Die Deutsche Diabetes-Hilfe setzt sich seit 2008 gezielt für die Aufklärung von Menschen mit Diabetes ein, die Ernährungsumstellung ist hierbei häufig eine große Herausforderung. Mit verlässlichen, wissenschaftlich fundierten Informationen und praktischen Tipps unterstützt die unabhängige und gemeinnützige Organisation die Betroffenen – inzwischen immerhin schon 8,5 Millionen allein in Deutschland, Tendenz steigend.

    diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe mobilisiert den politischen Willen für notwendige Veränderungen im Hinblick auf eine bestmögliche Versorgung, frühzeitige Prävention und den Ausbau der Forschung. Die Vision der Organisation ist, die Zahl von jährlich 600 000 Neuerkrankungen dauerhaft zu senken und bei allen Diabetes-Typen Folgeerkrankungen zu vermeiden.
    Spendenkonto Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE59 1002 0500 0001 1888 00, BIC: BFSWDE33BER
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    Kontakt für Journalistinnen und Journalisten:
    Pressestelle DDG
    Michaela Richter
    Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-516, Fax: 0711 8931-167
    richter@medizinkommunikation.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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