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Museum Koenig & Universität Bonn
Ob nektarsaugende Schmetterlinge oder blutsaugende Mücken - die Aufnahme flüssiger Nahrung ist für viele Insekten und andere Gliederfüßer schon lange bekannt. Ein Forschungsteam aus Deutschland und der Schweiz unter Leitung des LIB und der Universität Bonn zeigt nun: Auch Tausendfüßer nutzen eine Saugpumpe, um flüssige Nahrung aufzunehmen. Die Saugpumpe hat sich somit unabhängig voneinander in verschiedenen Organismengruppen über mehrere 100 Millionen Jahre entwickelt. Dabei sind verblüffend ähnliche biomechanische Lösungen zur Aufnahme von flüssiger Nahrung in weitentfernten Tiergruppen entstanden. Die Ergebnisse sind in Science Advances erschienen.
Gemeinsame Pressemitteilung mit Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Tausendfüßer zählen ebenso wie Insekten, Krebs- oder Spinnentiere zur megadiversen Gruppe der Gliederfüßer (Arthropoden). Während für Insekten und Spinnentiere die flüssigkeitsbasierte Ernährung weitverbreitet und beschrieben ist, wurde bislang nur vermutet, dass auch einige Tausendfüßer sich von flüssiger Nahrung ernähren. Ein Team um die Wissenschaftler Leif Moritz (Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Universität Bonn), Dr. Thomas Wesener (Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels) und Prof. Dr. Alexander Blanke (Universität Bonn) untersuchte nun die Köpfe von Vertretern der artenarmen und exotischen Colobognatha.
Mit Hilfe von hochauflösender Tomographie sowie histologischen Methoden und Elektronenmikroskopie entdeckten die Forschenden in allen neun untersuchten Tausendfüßerarten eine Saugpumpe, die denen von Insekten auffallend ähnelt. Sie besteht aus einer Kammer, die durch starke Muskeln geweitet werden kann. „Zusammen mit den stark abgewandelten, ausfahrbaren Mundwerkzeugen ermöglicht die Saugpumpe diesen Tausendfüßern, mehr oder weniger flüssige Nahrung einzusaugen“, erklärt Leif Moritz, Doktorand an der Universität Bonn und am LIB.
Damit konnte das Forschungsteam zeigen, dass die funktionellen Werkzeuge für eine Ernährung mit flüssigen Nährstoffen in allen großen Untergruppen der Gliederfüßer mehrmals unabhängig voneinander entstanden sind. „Die biomechanisch-morphologischen Ähnlichkeiten zwischen den Organismengruppen machen deutlich, wie stark Selektion wirken kann, sobald eine Nahrungsquelle auch nur einen leichten evolutiven Vorteil bringt“, führt Alexander Blanke, Leiter der Arbeitsgruppe für evolutionäre Morphologie an der Universität Bonn aus.
Die Studie liefert außerdem Erkenntnisse, um die Entstehung von Artenvielfalt besser zu verstehen. Denn im Gegensatz zu den sehr artenreichen saugenden Insekten mit über 400.000 Spezies, umfasst die Gruppe der Colobognatha-Tausendfüßer nur etwa 250 Arten. „Die flüssigkeitsbasierte Ernährung allein ist folglich keine allgemeine Triebkraft für Artenreichtum“, ergänzt Thomas Wesener, Leiter der Sektion Myriapoda am LIB. Da diese Tausendfüßer meist auf feuchte Lebensräume angewiesen sind und nicht fliegen können, scheinen ihre Ausbreitungsmöglichkeiten begrenzt, und sie sind anfälliger für Umweltveränderungen. „Die heutigen saugenden Tausendfüßer sind vermutlich eine Reliktgruppe und das Überbleibsel einer einst viel größeren Vielfalt“, vermutet Alexander Blanke.
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Über das LIB
Das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) widmet sich der Erforschung der biologischen Vielfalt und ihrer Veränderung. Seit dem 1. Juli 2021 arbeiten unsere Forschenden an zwei Standorten: dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn sowie dem ehemaligen Centrum für Naturkunde in Hamburg. Generaldirektor ist Prof. Dr. Bernhard Misof, der das LIB standortübergreifend leitet.
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Über die Universität Bonn: Wo exzellente Köpfe ihr Potential entfalten
Sie ist eine von elf deutschen Exzellenzuniversitäten, die einzige Universität mit sechs Exzellenzclustern und hat in den vergangenen Jahrzehnten mehr Nobelpreise und Fields-Medaillen hervorgebracht als jede andere deutsche Hochschule – die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn steht für weltweit anerkannte Wissenschaft auf Spitzenniveau. Geprägt wird sie seit 200 Jahren durch herausragende Wissenschaftspersönlichkeiten, ein forschungsgeleitetes Studium, das internationale Flair der deutschen Stadt der Vereinten Nationen, eine dynamische, weltweit vernetzte Wissenschaftsregion und – nicht zuletzt – das lebenswerte Rheinland im Herzen Europas.
Leif Moritz
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Prof. Dr. Alexander Blanke
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Tel. + 49 228 73 5130
ablanke@evolution.uni-bonn.de
Moritz L., Borisova E., Hammel J.U., Blanke A., Wesener T. (2022) A previously unknown feeding mode in millipedes and the convergence of fluid feeding across arthropods. Science Advances, Volume 8, Issue 7
doi: 10.1126/sciadv.abm0577
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abm0577
Der tropische Bohrfüßer Rhinotus purpureus ist häufig auf Pilzen zu finden, von denen er sich vermut ...
© Leif Moritz
Manche Tausendfüßer, wie dieser Siphonophoride haben einen längen Schnabel mit Mundwerkzeugen, die w ...
© Leif Moritz
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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