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Wissenschaft
Neurotische und weniger gewissenhafte Menschen neigen eher zu einer "Gaming Disorder", lautet das Ergebnis einer Ulmer Studie. Unter einer Computerspielstörung versteht man ein Krankheitsbild, das sich beispielsweise durch Kontrollverlust über die Computerspielaktivität äußert. Der Ulmer Psychologie-Professor Christian Montag hat für diese groß angelegte Studie über 50 000 Selbstauskünften von Gamern aus 150 Ländern ausgewertet. Demnach können bestimmte Persönlichkeitsmerkmale mit einem gestörtem Computerspielverhalten in Verbindung gebracht werden.
Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale hängen offenbar relativ stark mit einer Computerspielstörung zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt der Psychologie-Professor Christian Montag von der Universität Ulm bei der Auswertung von über 50 000 Selbstauskünften von Gamern aus 150 Ländern. Demnach können die Persönlichkeitsmerkmale „niedrige Gewissenhaftigkeit“ und „hoher Neurotizismus“ mit einem gestörtem Computerspielverhalten in Verbindung gebracht werden. Erschienen ist die Studie im Online-Journal PLOS ONE.
Computerspiele gehören nicht erst seit den Corona-Lockdowns zum Alltag vieler Menschen. Besonders Jugendliche tauchen gerne in die Spielewelten ab und verbringen viel Zeit online. Bei übertriebenem Konsum von Computerspielen kann es zu verschiedenen negativen Auswirkungen kommen – von Schlafstörungen über Konzentrationsschwäche bis hin zu Haltungsschäden. Inzwischen ist das Krankheitsbild der „Gaming Disorder“ in der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen worden. Anzeichen einer Computerspielstörung sind neben Kontrollverlust über die Computerspielaktivität auch das Weiterspielen trotz negativer Konsequenzen im Alltag.
In einer Studie haben nun Forschende der Universität Ulm, des Royal Melbourne Institute of Technology sowie der University of London untersucht, wie und ob die Entwicklung einer „Gaming Disorder“ mit verschiedenen Persönlichkeitsfaktoren in Verbindung steht. „Bislang gab es noch keine Studie, die diese Zusammenhänge im Sinne der WHO-Kriterien untersucht hat“, so der Erstautor Professor Christian Montag, Leiter der Abteilung für Molekulare Psychologie der Universität Ulm. Die Untersuchung verfolgt einen globalen Ansatz mit einer großen Anzahl an Aussagen, die besonders belastbare Ergebnisse ermöglichen. Insgesamt wurden über 50 000 Online-Fragebögen ausgewertet, in denen die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer neben demografischen Angaben auch Aussagen zu ihrem Computerspielverhalten und ihrer Persönlichkeit machten.
Für die Erhebung der Persönlichkeitsmerkmale wurde in der Befragung auf das anerkannte Persönlichkeitsmodell der „Big Five“ zurückgegriffen. Diesem zufolge lässt sich die Persönlichkeit des Menschen in fünf Hauptdimensionen einordnen. Dazu gehören Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion (Geselligkeit, Lebendigkeit), Verträglichkeit (Rücksichtnahme, Empathie) sowie Neurotizismus (emotionale Labilität und Verletzlichkeit).
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Persönlichkeitsausprägungen „niedrige Gewissenhaftigkeit“ und „hoher Neurotizismus“ am ehesten mit Tendenzen zu gestörtem Computerspielverhalten in Verbindung gebracht werden können. „Interessanterweise waren die Assoziationen zwischen dem Faktor Persönlichkeit und der wöchentlich mit Spielen verbrachten Zeit dagegen als gering anzusehen. Uns ist bewusst, dass die vorliegende Untersuchung nicht abschließend klären kann, ob die Persönlichkeit eine Ursache oder eine Folge des gestörten Spielverhaltens ist. In Anbetracht der Stabilität von Persönlichkeitsmerkmalen gehe ich aber eher davon aus, dass Ersteres wahrscheinlicher ist“, erklärt Professor Christian Montag. Weitere Studien sollen hier Klarheit schaffen.
In Zukunft hoffen die Forschenden, dass kurze Screenings der Persönlichkeitsmerkmale helfen könnten, gefährdete Gruppen zu identifizieren. Diesen Personen würden dann Präventionsmaßnahmen angeboten, um die mit der Computerspielstörung verbundenen Probleme zu begrenzen.
Um einen umfassenden Datenpool mit möglichst vielen Teilnehmenden zu erhalten, ist die Studie Teil einer weltweiten Smart Gaming Kampagne in Kooperation mit dem Online-Turnier- und Wettbewerbsveranstalter Electronic Sports League, die verantwortungsvolles und gesundes Spielverhalten fördern soll. Teilnehmen können Interessierte nach wie vor unter: http://www.do-i-play-too-much.com. Die Befragten bekommen im Gegenzug ein anonymisiertes und persönliches Feedback, ob sie zu übermäßigem Spielverhalten neigen.
Prof. Dr. Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie, Universität Ulm, Tel: 0731/50-32759, christian.montag@uni-ulm.de
Empirical evidence for robust personality-gaming disorder associations from a large-scale international investigation applying the APA and WHO frameworks; Montag C, Kannen C, Schivinski B, Pontes HM. PLoS One. 2021 Dec 22;16(12):e0261380.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0261380
Prof. Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie
Foto: privat
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, jedermann
Informationstechnik, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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