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25.11.1998 08:32

Wie Masernviren die Immunabwehr stoeren

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Masernviren sind deshalb gefährlich, weil sie das Immunsystem des Menschen vorübergehend unterdrücken. Über diesen Mechanismus wissen Forscher vom Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg Neues zu berichten.

    Jedes Jahr sterben weltweit etwa eine Million Menschen an der "Kinderkrankheit" Masern. In den Ländern der sogenannten Dritten Welt sind die Masern eine der Hauptursachen für die hohe Kindersterblichkeit. Während der Infektion und einige Wochen danach haben die Patienten bis zu 50 Prozent weniger weiße Blutkörperchen und ihr Immunsystem werde vorübergehend in seiner Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt, wie der Würzburger Virologe Dr. Jürgen Schneider-Schaulies sagt. Dadurch komme es zu einer verstärkten Anfälligkeit gegenüber anderen Krankheitserregern, die dann letzten Endes für die hohe Sterblichkeit verantwortlich seien.

    In Deutschland sind die Todesfälle durch Masern parallel zur Verbesserung der Lebensbedingungen und des Ernährungsstandards zurückgegangen: Im früheren Bundesgebiet wurden 1950 noch knapp 400 Sterbefälle gemeldet. Zur Zeit gibt es pro Jahr noch etwa sieben Masernerkrankungen mit tödlichem Ausgang.

    Von großer Bedeutung sind laut Dr. Schneider-Schaulies aber auch die Masern-Komplikationen, die nicht tödlich enden, wie die akute Gehirnentzündung. Wegen ihr müssen jährlich etwa 1.500 Patienten stationär im Krankenhaus versorgt werden. Das liegt nach Angaben des Virologen im wesentlichen daran, daß die Durchimpfungsrate in Deutschland nicht hoch genug sei: Immer noch blieben rund 20 Prozent eines Geburtsjahrgangs ungeimpft.

    Die Arbeitsgruppe des Würzburger Forschers untersucht die ersten Schritte einer Masernvirus-Infektion, nämlich die Bindung des Virus an seinen Rezeptor und die nachfolgende Aufnahme in die Zelle. Um sich vermehren zu können, müssen alle Viren in das Innere von Zellen gelangen. Dazu binden sie an spezielle Moleküle auf der Zelloberfläche, auch Rezeptoren genannt.

    Bislang waren die Forscher der Meinung, das Masernvirus gelange ausschließlich über den sogenannten CD46-Rezeptor in die Zellen. Die Arbeitsgruppe von Dr. Schneider-Schaulies hat nun herausgefunden, daß verschiedene Masernvirus-Stämme auch andere, noch unbekannte Rezeptoren benutzen: An der Oberfläche von Zellen gebe es mindestens zwei verschiedene Rezeptoren und vermutlich zusätzliche Moleküle, die alle an dem Prozeß der Virusaufnahme beteiligt sind.

    Die Untersuchung dieser komplexen molekularen Abläufe wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Am Würzburger Institut für Virologie und Immunbiologie wurde zudem festgestellt, daß die Unterdrückung des Immunsystems schon allein dadurch ausgelöst wird, daß die Masernviren an ihren Rezeptoren andocken. Auch in diesem Fall muß den Forschern zufolge ein anderer Rezeptor als CD46 eine Rolle spielen, denn letzterer könne die vorübergehende Immunschwächung nicht vermitteln.

    Außerdem hat die Arbeitsgruppe von Dr. Schneider-Schaulies herausgefunden, daß sich die abgeschwächten Masern-Impfviren gerade in ihrer Rezeptorbenutzung von den virulenten Masern-Wildstämmen, wie sie auch in Deutschland zirkulieren, unterscheiden. Daher könnten unterschiedliche Rezeptorbenutzung und krankheitserregende Eigenschaften der Viren in direktem Zusammenhang stehen. Sollten die Mechanismen, die zur Unterdrückung des Immunsystems und zur Virulenz des Masernvirus beitragen, einmal aufgeklärt sein, läßt sich möglicherweise ein Impfstoff herstellen, dem alle krankmachenden Eigenschaften fehlen.

    Weitere Informationen: Dr. Jürgen Schneider-Schaulies, T (0931) 201-3895, Fax (0931) 201-3934, E-Mail:
    jss@vim.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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