idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.11.1998 11:44

"Negativsyndrom" prägt Berichterstattung über Migration

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (25.11.98) Zeitungen, Radio und Fernsehen berichten negativ, einseitig und uninformiert über Ausländer. Zu dieser Erkenntnis kommt der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Georg Ruhrmann von der Jenaer Universität. In mehrjährigen Analysen untersuchte er, wie häufig, vor welchem aktuellen Hintergrund und mit welchem Vokabular die einzelnen Medien über Ausländer berichten. Seine Ergebnisse sieht der Forscher als Warnsignal und fordert: "Rassenhaß und Rechtsradikalismus sollten bei den Politikern an die erste Stelle gehören! Das Thema brennt unter den Nägeln."

    Wenn die Medien über Ausländer berichten, dann geschieht dies meist im Zusammenhang mit Kriminalität und anderen Negativereignissen. Getreu des Konzeptes, daß nur schlechte Meldungen den Leser wirklich fesseln, werden ausländische Arbeitnehmer in den Schlagzeilen nur in Zusammenhang mit Verbrechen, Raubüberfall und Bedrohung genannt. In der Diskussion um die Einwanderer haben Wörter wie "Schwemme", "Belastung" und "Flut" von vornherein einen negative Bedeutung, die Gefahr signalisiert. Gegen eine Gefahr kann ein Mensch nichts machen und hat Angst, also fühlt er sich bedroht. "Es sollte ein Ziel der Medien sein, von ,Gefahr' auf ,Risiko' umzustellen, denn Risiken kann man gestalten, Gefahren nicht", erläutert Ruhrmann. Mit dem Begriff "Risiko" sei eine Chance verknüpft und die Möglichkeit, die Einwanderungspolitik aktiv zu gestalten.

    Aus der Sicht der Medien sind nicht alle Ausländer gleich, überproportional häufig stehen - zumindest im Westen - türkische Bürger im Mittelpunkt der Berichterstattung. Menschen, die sich von uns in ihrem Aussehen, Verhalten, in ihren Bräuchen und ihrer Religion unterscheiden, fallen auf - sie werden übertrieben mit den Merkmalen dargestellt, die uns fremd erscheinen. Unsere Ansichten sind allerdings genauso wenig auf andere Länder übertragbar wie deren Anschauungen auf uns, bemerkt Ruhrmann.

    Hintergrundberichte über die Situation von Ausländern fehlen in den Medien fast vollständig. Deshalb würden andere Volksgruppen oft zu Unrecht gekränkt. Die Türken beispielsweise seien nicht zu faul, die deutsche Sprache zu lernen, sondern hätten einfach deswegen Mühe damit, weil u. a. der deutsche Satzbau spiegelverkehrt zum türkischen sei. "Unser Alltagswissen über die anderen Kulturen wächst langsam und ist recht unvollständig. Warum versuchen die Journalisten also nicht, dieses Wissen zu erweitern?"

    Migration ist ein Prozeß, der sich über Jahrzehnte hinzieht. "Die Folgen weltweiter Migrationsprozesse werden zum Thema des nächsten Jahrtausends werden", folgert Prof. Ruhrmann. Dies gilt auch für den Rechtsradikalismus, der sich international immer mehr professionalisiert und technisch perfekt vernetzt ist. "Daher muß das Problem des Rechtsextremismus in der Öffentlichkeit angesprochen werden." Ruhrmann wünscht sich dafür eine bessere Zusammenarbeit zwischen Politik und Wissenschaft. SG

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Georg Ruhrmann
    Bereich Medienwissenschaft
    Tel.: 03641/944930
    e-mail: georg.ruhrmann@uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).