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26.04.2022 10:05

Wissenschaft und Verantwortung

Hans-Christoph Keller Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement
Humboldt-Universität zu Berlin

    Humboldt-Universität gestaltet wichtigen Erinnerungsort im Hauptgebäude neu

    Mehr als zehn Jahre lang empfingen die Porträts von 29 eng mit der Humboldt-Universität verbundenen Nobelpreisträgern die Mitglieder und Gäste der Universität vor dem Sitzungssaal des Akademischen Senats im Hauptgebäude Unter den Linden. Eine neu gestaltete Galerie erweitert nun die Gruppe erinnerungswürdiger Humboldtianer:innen um Persönlichkeiten, die das Selbstverständnis und das Profil der ältesten Berliner Universität in ihrer gesamten Geschichte geprägt haben.

    In der neuen Porträt-Ausstellung „Exzellenz in der Wissenschaft – Universität für die Gesellschaft“ vor dem Senatssaal werden Besucher:innen und Mitglieder der Universität mehr als 40 Frauen und Männern begegnen, die die Entwicklung der Humboldt-Universität und der Wissenschaft national und international entscheidend geprägt haben: Exzellente Wissenschaftler:innen mit einem großem Verantwortungsgefühl und hohem Engagement für die Gesellschaft, aber auch herausragende Forscher mit problematischen Biografien. Die Ausstellung löst die seit 2011 hängende Nobelpreisträger-Galerie ab.

    Immer wieder hatte es in den letzten Jahren Kritik an der Fokussierung der Erinnerung an diesem besonderen Ort auf die Nobelpreisträger gegeben – vor allem aus den Reihen der Studierenden. So „entführten“ im Dezember 2013 Aktivist:innen das Porträt von Adolf Butenandt. Der Biochemiker war Mitglied der NSDAP, arbeitete eng mit NS-Forschern zusammen und gehörte zu den Mitunterzeichnern eines „Bekenntnisses“ von Professoren „zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“ 1933. Butenandt war von 1938 bis 1944 Professor an der Berliner Universität. 1939 erhielt er für seine Forschungen über weibliche Sexualhormone den Nobelpreis.

    Breiteres Verständnis für wissenschaftliche Exzellenz

    Die neue Ausstellung wurde von den Mitgliedern der Historischen Kommission der Humboldt-Universität konzipiert und geplant. „Weiße Männer, die einen Nobelpreis gewonnen haben, taugen grundsätzlich nicht mehr als alleinige Identifikationsfiguren für eine Universität, deren Verständnis für wissenschaftliche Exzellenz heute viel breiter ist“, sagt Prof. Dr. Gabriele Metzler, Vorsitzende der Historischen Kommission. „Unser Verständnis darüber, wofür die Humboldt-Universität steht und stehen will, geht über hervorragende Leistungen in der Wissenschaft hinaus. Es umfasst immer auch Fragen der Verantwortung in der Wissenschaft und des Engagements für die Gesellschaft, ganz besonders, wenn damit Zivilcourage und außergewöhnlicher Mut verbunden waren. Dabei ist Erinnerung immer kontrovers und soll es auch bleiben.“

    Zu sehen sind zum Beispiel die Porträts von Regine Hildebrandt, W.E.B. du Bois, Alice Salomon, Dietrich Bonhoeffer, Robert Havemann, Rahel Hirsch, Günther Tembrock, Karl Marx, Jurek Becker, Elisabeth Schiemann, Magnus Hirschfeld oder auch Lieselotte Richter – allesamt Wissenschaftler:innen und Persönlichkeiten, die sich nicht nur durch ihre wissenschaftlichen Leistungen, sondern auch durch ihren Kampf gegen Ungerechtigkeit und für andere Menschen auszeichneten.

    Zu finden sind aber auch herausragende Wissenschaftler, die auf Grund ihres Handelns, den Folgen ihrer Forschung oder ihrer ethischen Werte heute kritisch betrachtet und bewertet werden. Zum Beispiel der Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber, dessen Forschung die Massenproduktion von Stickstoffdünger ermöglichte und damit einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der stetig wachsenden Weltbevölkerung leistete, der aber auch den Einsatz von Giftgas im 1. Weltkrieg förderte.

    Universität ist kein abgewandter Elfenbeinturm

    Der Anspruch einer Forschungsuniversität, schon vom Gründer Wilhelm von Humboldt formuliert, bleibt klar erkennbar erhalten. Dokumentiert wird nun die Leistung der Universität und ihrer Mitglieder über ihre gesamte Geschichte und über die Praxis aller Disziplinen.

    Gleichzeitig soll sichtbar werden, dass die Universität zu Berlin nie ein weltabgewandter Elfenbeinturm, sondern immer Teil der Gesellschaft war. Das geschah auch in problematischen Bündnissen. Man denke nur an militaristische und rassistische Forschung, an die Beteiligung an der nationalsozialistischen Genozidplanung oder die Legitimation diktatorischer Herrschaft. Das wurde auch in der Ausgrenzung unerwünschter Gruppen praktiziert: Jüd:innen, Frauen, Katholik:innen, People of colour oder politische Dissident:innen – um hier nur einige Beispiele zu nennen – haben dies erlebt.

    Im Blick auf Lehre und Forschung, auf die Leistung der Studierenden will die HU – exemplarisch, aber offen für Erweiterungen in der Zukunft – vor allem zeigen, welche produktiven Impulse für die Gestaltung und Erneuerung von Staat und Stadt, Kultur und Politik, Wissenschaft und Gesellschaft von dieser Universität ausgegangen sind.

    Weitere Informationen:

    Die neue Ausstellung wird am 26. April der Öffentlichkeit übergeben. Sie befindet sich im Hauptgebäude in der ersten Etage vor dem Senatssaal der Humboldt-Universität.

    Kontakt

    Hans-Christoph Keller, Pressesprecher der Humboldt-Universität zu Berlin, E-Mail: pr@hu-berlin.de


    Weitere Informationen:

    https://www.hu-berlin.de/de/ueberblick/geschichte/persoenlichkeiten


    Bilder

    Ein Teil der neuen Galerie im Hauptgebäude der Humboldt-Universität
    Ein Teil der neuen Galerie im Hauptgebäude der Humboldt-Universität
    P. Plum
    HU/P. Plum


    Anhang
    attachment icon PM HU Neue Galerie im Hauptgebäude

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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