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05.05.2022 10:00

Rosarote Flughörnchen: sind lumineszierende Säugetiere häufig?

Dr. Gesine Steiner Pressestelle
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung

    Wenn das Fell verschiedener Säugetierarten ultraviolettem Licht ausgesetzt wird, leuchtet es in Rosa- und Rottönen. Eine internationale Gruppe von Forschenden unter Leitung des Museums für Naturkunde Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin, hat das Molekül Porphyrin als Ursache für dieses Phänomen identifiziert. Dieser organische Farbstoff, der durch die körpereigene Entsorgung von Porphyrinen entsteht, lässt das Fell leuchten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der der Lumineszenz zugrundeliegende Prozess bei Säugetieren weit verbreitet ist. Untersucht wurden auch Felle aus der Sammlung des Berliner Naturkundemuseums.

    Die Natur ist extrem reich an Farben. Wir nehmen nur einen begrenzten Teil des natürlichen Lichts als Farbe wahr; UV-Licht zum Beispiel ist für das menschliche Auge unsichtbar. Bei einem Prozess, der als Fotolumineszenz bekannt ist, kann UV-Licht jedoch absorbiert und als sichtbare Farbe wieder abgegeben werden. Fotolumineszenz ist ein bekanntes Phänomen bei wirbellosen Tieren. Zum Beispiel strahlen Skorpione blaues Licht aus, wenn sie UV-Licht ausgesetzt sind. In den letzten Jahren haben mehrere Wissenschaftler:innen jedoch Fotolumineszenz bei verschiedenen Säugetieren wie Igeln, Flughörnchen und sogar bei dem rätselhaften Schnabeltier gemacht. Das Phänomen hat nicht nur farbenfrohe Fotos hervorgebracht, sondern auch das Interesse der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit geweckt. Könnte diese Fotolumineszenz, wie oft vermutet, eine ökologische Funktion haben?

    Forschende aus Deutschland, Frankreich, der Schweiz, Schweden und Norwegen wollten die Geheimnisse des leuchtenden Fells entschlüsseln. In früheren Studien wurde die Fotolumineszenz bei nachtaktiven Säugetieren beobachtet, aber nahe Verwandte, die tagsüber aktiv sind, lumineszieren nicht. Es war daher naheliegend, dass die Fotolumineszenz dazu dient, Partnerinnen anzulocken, mit Artgenossen zu kommunizieren oder um sich zu tarnen. In der aktuellen Studie wird diese Hypothese einer ökologischen Funktion aber verworfen, da die Bedingungen, die zur Erzeugung und Wahrnehmung der Fotolumineszenz erforderlich sind, in der Natur wahrscheinlich nicht vorkommen. Dazu bedürfte es einem konzentrierten UV-Strahl in einem ansonsten dunklen Raum.

    Stattdessen haben die Forschenden den chemischen Ursprung der Fotolumineszenz aufgespürt. Mitarbeiter:innen des IPANEMA-Labors (CNRS, Frankreich) analysierten Fellproben von Schnabeltieren, Opossums, Igeln, Wieseln und Flughörnchen – ausgenommen dem Wiesel – auch aus der Sammlung des Museum für Naturkunde Berlin. Sie fanden heraus, dass es sich bei den für die Fotolumineszenz verantwortlichen Verbindungen um Porphyrine handelt, die in den Haaren abgelagert sind. Das Team beobachtete im Labor auch einen schnellen Verlust der Fotolumineszenz, da Porphyrine bei Sonneneinstrahlung schnell zerfallen. Porphyrine dienen als Bausteine für mehrere lebenswichtige Proteine in der Säugetierbiologie, und viele Organe produzieren sie ohnehin schon. Eine Überproduktion von Porphyrinen kann jedoch unter anderem zu schweren Hautverletzungen führen. Säugetiere können die Anhäufung von Porphyrinen verhindern, indem sie ihre Haare als Speicher nutzen, in denen das Sonnenlicht diese Moleküle effektiv abbaut. Das vorübergehende Vorhandensein von Porphyrinen in den Haaren bewirkt wiederum, dass das Fell leuchtet.

    Da die untersuchten Säugetiere, die Porphyrin in ihren Haaren ablagerten, entfernt miteinander verwandt sind, vermuten die Wissenschaftler:innen, dass diese Strategie bei Säugetieren weit verbreitet ist. In Zukunft wird es wahrscheinlich weitere Berichte über leuchtende Säugetiere geben. Darüber hinaus erklärt diese neue Hypothese, warum nachtaktive Säugetiere leuchten, während ihre tagaktiven Verwandten dies nicht tun. Beide speichern Porphyrine in ihrem Fell, aber der Abbau erfolgt viel schneller, wenn die Sonne scheint.

    Kooperationspartner:

    IPANEMA, CNRS, ministère de la Culture, UVSQ, MNHN, USR3461, Université Paris-Saclay, F-91192 Gif-sur-Yvette, France

    Université Paris-Saclay, ENS Paris-Saclay, CNRS, PPSM, 91190, Gif-sur-Yvette, France
    Department of Zoology, Swedish Museum of Natural History, Box 50007, SE-10405 Stockholm, Sweden

    PorphyChem SAS, Dijon 21000, France

    ICMUB, UMR CNRS 6302, Université de Bourgogne Franche-Comté, F-21078, France
    Norwegian Porphyria Centre (NAPOS), Haukeland University Hospital, Norwegian

    Organization for Quality Improvement of Laboratory Examinations (Noklus), and Department of Global Public Health and Primary Care, Faculty of Medicine, University of Bergen, Norway

    Institute of Earth Sciences, University of Lausanne, Géopolis, 1015 Lausanne, Switzerland
    Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Rosenstein 1, 70191 Stuttgart, Germany

    Publiziert in: SLD Toussaint et al, Fur glowing under ultraviolet: in situ analysis of porphyrin accumulation in the skin appendages of mammals. Integrative Zoology, Open Access, DOI: https://doi.org/10.1111/1749-4877.12655


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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