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05.05.2022 13:20

Organokatalysatoren, die es mit Enzymen aufnehmen können?

Isabel Schiffhorst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Kohlenforschung

    Team um Hui Zhou und Ben List veröffentlicht neue Arbeit in der Zeitschrift „Nature“

    Vor mehr als 20 Jahren haben der Chemiker Ben List und sein schottischer Kollege David MacMillan etabliert, dass es neben der Metallkatalyse und der Biokatalyse eine weitere
    allgemeine Form der chemischen Katalyse gibt, die für die selektive Herstellung von Molekülen von Bedeutung ist: die Organokatalyse. Für die Entwicklung der Organokatalyse, mit der sich mittlerweile weltweit Tausende von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beschäftigen, sind List und MacMillan 2021 mit dem Chemienobelpreis ausgezeichnet worden. Jetzt zeigt List mit seinem Team in einer neuen Arbeit, dass die Organokatalyse nicht nur eine denkbare Alternative zu den klassischen Katalyseverfahren bildet, sondern in vielen Fällen sogar effizienter ist – und damit für die Chemie- und Pharmaindustrie von besonderem Interesse.

    Beim Einsatz von Katalysatoren in einer chemischen Reaktion spielt das „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ eine entscheidende Rolle. Um ein bestimmtes Molekül ohne unerwünschte Nebenprodukte herzustellen, muss man den exakt passenden Katalysator finden. Besonders herausfordernd ist das bei den sogenannten chiralen Molekülen, also Teilchen, die aus identischen Zutaten bestehen, jedoch spiegelbildlich zueinander angelegt sind. Da die Wirkung dieser Spiegelbild-Moleküle komplett unterschiedlich sein kann, wollen Wissenschaftler meist nur eine von beiden vorkommenden Varianten herstellen.

    Ein durchaus nützliches Produkt

    Gerade bei kleinen Molekülen waren hier lange Zeit die vergleichsweise großen Enzyme das Mittel der Wahl, erklärt Chemikerin Hui Zhou, die als Postdoktorandin im Team von Ben List arbeitet und maßgeblich an der Arbeit beteiligt war. Die komplexen Biokatalysatoren seien durch ihre Beschaffenheit dazu geeignet, als Werkzeuge für solche zielgerichteten Synthesen zu dienen. Dem Forscherteam um List und Zhou ist es jetzt gelungen, besagte kleine Substrate, genauer gesagt Ketone, mit deutlich einfacheren Werkzeugen zu bearbeiten. Das dabei entstehende Produkt ist darum so wichtig, weil es in der Synthese von Wirkstoffen vorkommt und also für die Chemie- und Pharmaindustrie durchaus nützlich ist. „Sowohl mit Metallkatalysatoren als auch mit diversen Enzymen und mit anderen Organokatalysatoren hat man in der Vergangenheit bereits versucht, dieses spezielle Produkt herzustellen“, erläutert

    Hui Zhou, „allerdings jeweils nur mit unzureichender Selektivität.“ Ben List und ihr ist es nun gelungen, mit neuartigen Organokatalysatoren eine Ausbeute zu erreichen, die besser ist als die von im Labor designten Metall- oder Biokatalysatoren.

    „Unsere Arbeit soll anderen Wissenschaftlern als Ansporn dienen, neuartige Katalysatoren zu schaffen“, sagt Ben List, „Organokatalysatoren, die es mit der hohen Selektivität von Enzymen durchaus aufnehmen können.“

    Die Arbeit „Organocatalytic stereoselective cyanosilylation of small ketones“ ist jetzt in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht worden, einem der für Wissenschaftler wichtigsten Fachmagazine.

    Seit mehr als 100 Jahren betreibt das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr chemische Grundlagenforschung und hat seit seiner Eröffnung als Kaiser-Wilhelm- Institut 1914 zahlreiche chemische Entdeckungen von historischer Tragweite gemacht. Es war das erste Kaiser-Wilhelm-Institut außerhalb Berlins und die erste wissenschaftliche Einrichtung im Ruhrgebiet überhaupt.

    Zu den wichtigsten Errungenschaften gehört die Entdeckung der Fischer-Tropsch-Synthese in den 1920er Jahren, ein Verfahren zur Herstellung synthetischen Benzins, seinerzeit auf der Basis von Kohle, das aber auch andere Kohlenstoffquellen, wie das Kohlendioxid aus Abgasen oder sogar aus der Luft nutzen kann.

    Wirtschaftlich und wissenschaftlich sehr bedeutend – und ebenfalls mit dem Chemienobelpreis ausgezeichnet - war das Niederdruckpolyethylenverfahren von Karl Ziegler, das die wirtschaftliche Produktion von hochwertigen Kunststoffen ermöglichte. Aber auch ein Verfahren zur Entkoffeinierung von Kaffeebohnen wurde am MPI für Kohlenforschung entwickelt. Heute besteht das Institut aus fünf wissenschaftlichen Abteilungen, die jeweils von einem Direktor geleitet werden. Rund 400 Beschäftigte aus aller Welt widmen sich der chemischen Grundlagenforschung mit Fokus auf die Katalyse.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Ben List, MPI für Kohlenforschung, 0208-306-2410


    Originalpublikation:

    „Organocatalytic stereoselective cyanosilylation of small ketones"

    https://www.nature.com/articles/s41586-022-04531-5


    Bilder

    neue Arbeit bei der  Zeitschrift „Nature“  publiziert
    neue Arbeit bei der Zeitschrift „Nature“ publiziert
    Henning Kretschmer
    MPI für Kohlenforschung


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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