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Wissenschaft
Kulturhafer (Avena sativa L.) ist eine alte Kulturpflanze, die vermutlich vor mehr als 3.000 Jahren domestiziert wurde. Damals wuchs sie als Unkraut auf Feldern. Hafer hat einen kleinen CO2-Fußabdruck und bietet viele gesundheitliche Vorteile. Zudem hat die Pflanze das Potenzial, tierische Lebensmittel zu ersetzen. Aufgrund fehlender Genom-Ressourcen war es jedoch bisher nicht möglich, moderne Methoden der Pflanzenzüchtung anzuwenden. Einem internationalen Forschungsteam, dem auch Forschende des IPK Leibniz-Instituts angehören, ist es nun gelungen, ein qualitativ hochwertiges Referenzgenom des Kulturhafers und seiner nächstverwandten Wildarten aus der Gattung Avena zu entschlüsseln.
Hafer ist eine weltweite Kulturpflanze. Bei den Getreidearten liegt es mit seiner aktuellen Produktionsmenge an siebter Stelle. Im Vergleich zu anderen Getreidesorten erfordert der Anbau jedoch weniger Behandlungen mit Insektiziden, Fungiziden oder Düngemitteln. In den vergangenen Jahren hat der Hafer einen Aufschwung erlebt, insbesondere durch die Hafermilch. „Hafermilch ist ein sehr hochwertiges Produkt, das gut schmeckt und als veganer Milchersatz dient", erläutert Dr. Martin Mascher, Leiter der Forschungsgruppe „Domestikationsgenomik" am IPK Leibniz-Institut und einer der Autoren der Studie, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Im Gegensatz zu Weizen und Gerste wird Hafer direkt als Nahrungsmittel verwendet. „Gerste wird zum Brauen verwendet, Weizen zum Brotbacken, aber Hafer, zum Beispiel in Form von Haferflocken, ist dem ursprünglichen Getreide noch sehr nahe."
Hafer gehört zur Familie der ökonomisch wichtigen Süßgräser (Poaceae), zu der auch Weizen, Reis, Gerste, Hirse, Mais, Sorghum und Zuckerrohr gehören. Wildwachsende Avena-Arten sind im Mittelmeerraum, im Nahen Osten, auf den Kanarischen Inseln, aber auch in den Himalaya-Regionen zu finden. Hafer ist hexaploid, das heißt, sein Genom besteht aus drei Subgenomen, die in den letzten 10 Millionen Jahren von drei wilden Avena-Arten integriert wurden.
In der sehr langen Evolutionsgeschichte des Hafers wurden Gene zwischen den Subgenomen ausgetauscht. Daher hat Hafer ein sehr komplexes Genom, das sich erheblich von dem von Weizen und Gerste unterscheidet. „Die Struktur des Hafergenoms weist insgesamt zwar Ähnlichkeiten zu den Genomen von Weizen und Gerste auf, aber eine Reihe von genomischen Umlagerungen hat beim Hafer zu einer mosaikartigen Genomarchitektur geführt", erklärt Dr. Mascher, der auch Mitglied des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) ist.
„Zum ersten Mal ist es nun möglich, einzelne Gene mit agronomischen Merkmalen von Hafer zu verknüpfen", sagt Dr. Mascher. Die Forscher präsentieren detaillierte Analysen von Genfamilien, die für die menschliche Gesundheit und Ernährung von Bedeutung sind, und sie liefern weitere Beweise für die Sicherheit von Hafer in der glutenfreien Ernährung. Die Forschenden führten zudem eine Kartierung durch Sequenzierung eines agronomischen Merkmals durch, das mit der Wassernutzungseffizienz zusammenhängt.
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses vollständig annotierte hexaploide Hafer-Referenzgenom die Basis für Fortschritte in der Haferzüchtung und der grundlegenden Haferbiologie sowie für das laufende Pan-Genom-Projekt bildet", erklärt Dr. Mascher, der außerdem das internationale PanOat-Konsortium koordiniert, das die Sequenzierung der Genome von 29 verschiedenen Hafersorten zum Ziel hat.
Da die Chromosomen-Umlagerungen in einer typischen Hafersorte nunmehr beschrieben sind, haben Züchter und Forscher Zugang zu einer weiteren Ressource, die den bekannten Genomen von Weizen und Gerste in nichts nachsteht. Dies kann dabei helfen, Hindernisse zu überwinden, die sich bisher aus dem Mangel an Genomsequenzinformationen ergeben hatten.
Die Nutzung des Referenzgenoms zur Kartierung von Genen, die mit agronomischen und ernährungsrelevanten Merkmalen verbunden sind, ist ein sehr praktikabler Ansatz für die präzise Anpassung von Hafersorten. „Moderne Züchtungsstrategien wie Genome Editing und Genpyramidierung können nun leichter auf Hafer angewendet werden, um Sorten zu entwickeln, die der weltweit steigenden Nachfrage nach Haferprodukten gerecht werden", erklärt Dr. Mascher.
„Nach Gerste, Weizen und Roggen hat das IPK Leibniz-Institut damit erneut seine führende Rolle bei der Aufklärung von Genomsequenzen unter Beweis gestellt", sagt Prof. Dr. Nils Stein, Leiter der Forschungsgruppe „Genomik genetischer Ressourcen" am IPK und ebenfalls Mitautor der Studie.
Dr. Martin Mascher
Tel.: +49 39482 5243
mascher@ipk-gatersleben.de
Kamal et al.: The mosaic oat genome gives insights into a uniquely healthy cereal crop. Nature. DOI: 10.1038/s41586-022-04732-y
https://www.nature.com/articles/s41586-022-04732-y
Das Hafer-Genom, das jetzt erstmals entschlüsselt worden ist, ist sehr komplex und umfasst mehr als ...
Olof Olsson
Olof Olsson
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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