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26.11.1998 13:03

HNO-Klinik wird 100 Jahre alt

Dr.-Ing. Karl-Heinz Kutz Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Rostock

    "Die Rostocker HNO-Klinik wird im nächsten Jahre 100 Jahre alt"

    Am 25. Oktober 1999 wird die Rostocker Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik 100 Jahre alt.
    Sie war damals die erste Hals-Nasen-Ohrenklinik im gesamt deutschsprachigen Raum, ja wir denken, daß sie wohl auch die erste Hals-Nasen-Ohrenklinik in Mittel- und Nordeuropa war. Lediglich in Moskau gab es seinerzeit eine ähnliche moderne Hals-Nasen-Ohrenklinik. Das besondere der Rostocker Klinik war jedoch, daß die drei Wurzeln des Hals-Nasen-Ohren-Faches: die Ohrenheilkunde, die Kehlkopfheilkunde und die Heilkunde von den Nasenerkrankungen erstmalig unter einem Dach vereinigt waren. Erbauer dieser Klinik war Otto Körner, der 1894 den Ruf an die Rostocker Hals-Nasen-Ohrenklinik angenommen hatte. Die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde konnte sich erst so spät zu einem eigenen Fach entwickeln, da die zu beobachtenden und zu behandelnden Organe in tiefen dunklen Körperhöhlen liegen; die dem bloßen menschlichen Auge nicht sichtbar sind. So bedurfte es erst der Erfindung eines perforierten Hohlspiegels durch Friedrich Hoffmann, 1841, mit dessen Hilfe die Beleuchtung dieser Organe möglich wurde. Die Bedeutung dieser Entdeckung wurde zuerst nicht erkannt und 1859 beschrieb v. Tröltsch den sogenannten Ohrenspiegel erneut. Seit dieser Zeit erfuhr eine weite Verbreitung. Neben dem Einsatz dieses Ohrenspiegels wurden parallel entsprechende Spezialinstrumente, wie der Ohrtrichter bzw. das Nasenspekulum entwickelt. Mit Hilfe eines selbstgebauten Kehlkopfspiegels konnte 1854 der spanische Gesangslehrer Garcia erstmalig seinen Kehlkopf in Funktion bei Singübungen beobachten. Schon 1856 untersuchte damit ein östereichischer Nervenarzt, Thürck, damit regelmäßig Patienten. Czermak, ein HNO-Arzt aus Budapest, entlieh sich schon bald diesen Spiegel und arbeitete damit. Er erkannte die Bedeutung dieses Spiegels für die Entwicklung der Kehlkopfheilkunde; war es doch damit ausgezeichnet möglich, den Kehlkopf mit der Hilfe einer Beleuchtung zu betrachten. Seine intensive Arbeit führte zu einer Fülle von Publikationen. Pikanterweise nannte Czermak in den ersten Publikationen noch den Erfinder Thürck, bald jedoch nicht mehr. So gab es bald einen Streit über die Priorität der Entdeckung des Kehlkopfspiegels. Dieser Streit hatte einen Nebeneffekt: er förderte die rasche Verbreitung dieses Kehlkopfspiegels und die systematische Beschreibung von Kehlkopferkrankungen. Damit wurde erstmalig eine gezielte Behandlung von Kehlkopferkrankungen möglich.
    Nachdem der englische Ohrenarzt Toynbee 2000 Felsenbeine von ohrerkrankten Patienten morphologisch untersucht hatte, schrieb er ein Buch über die Erkrankungen des Ohres. Hiermit wurden die theoretischen Grundlagen für die Operationen und Behandlung von Ohrerkrankungen gelegt. Bei der Entwicklung der Ohrenheilkunde hat sich insbesondere auch der Rostocker Hals-Nasen-Ohren-Arzt Otto Körner große Verdienste erworben.
    Die sogenannte Rhinologie, d.h. die Behandlung der Erkrankungen der Nase, stand lange im Hintergrund und erfand nicht die ihr gebührende Bedeutung. Die Herren Caldwell (USA, und Luc (Frankreich, 1894) beschrieben erstmalig unabhängig von einander eine Radikaloperation der Kieferhöhle, die über Jahrzehnte die Standardoperation in der Kieferhöhlenchirurgie war.
    Im wesentlichen liefen die Entwicklungen der Teilgebiete des HNO-Faches bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts weitgehend von einander unabhängig, wobei die Ohrenheilkunde von den Chirurgen nebenbei betrieben wurde und die Behandlung von Kehlkopferkrankungen durch die Internisten. Dieses hatte den ganz einfachen Grund darin, daß es in dieser Zeit sehr viele Patienten mit einer Lungentuberkulose zu behandeln gab und bei diesen häufig der Kehlkopf mitbefallen war.
    Erst Christian Lemcke, der von 1850-1894 lebte, richtete eine universitären Hals-Nasen-Ohren-Poliklinik in Rostock ein und durfte als außerordentlicher Professor das HNO-Fach in der studentischen Lehre vertreten. Somit schuf er günstige Voraussetzungen für die weitere Entwicklung des Faches. Nachdem Christian Lemcke, 44jährig, verstarb, wurde 1894 Otto Körner als Hals-Nasen-Ohren-Arzt berufen. Gerade in diesem Jahr war sein Buch "Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und der Blutleiter" erschienen. Dieses Buch gehört zu den klassischen Werken der Hals-Nasen-Ohrenkunde. Werden doch hierin die Komplikationen des Gehirns und der Blutleiter des Schädels beschrieben, die durch eine akute oder chronische Mittelohrvereiterung entstehen. Schon früh gelang es ihm, sich einen guten Ruf in Rostock zu erarbeiten, so daß er 1899 eine eigene Klinik mit 52 Betten einweihen konnte. So kam es, daß es an einer der kleinsten Universitäten Deutschlands 1899 die modernste Hals-Nasen-Ohrenklinik Deutschlands entstand. Schwerpunkt in der Behandlung Otto Körners waren die Erkrankungen des Ohres. Er war über viele Jahre der einzige Ohrenarzt, der im Ostseeraum Patienten mit Ohrerkrankungen operierte. So ist es auch nicht verwunderlich, daß aus dem weiten Umland Patienten zu Otto Körner kamen, um sich operieren zu lassen. Körner setzte die von Christian Lemcke begonnene Ausbildung der Studenten fort und forderte bald, daß die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde ein eigenes Prüfungsfach wird, damit die Absolventen der Medizinischen Fakultäten als junge Ärzte in der Lage sind, Ohrerkrankungen und Erkrankungen im Bereich des Kehlkopfes sowie der Nase zu erkennen und zu behandeln. Eine Unzahl von Kollegen aus dem skandinavischen Raum aus Rußland, aber auch aus Japan waren bei Otto Körner häufig über Jahre hinweg zu Gast, um von seinen Erfahrungen zu profitieren.
    1929 übernahm Otto Steurer die Leitung der Hals-Nasen-Ohrenklinik bis zum Frühjahr 1945. 1934 erfolgte ein Erweiterungsbau der Klinik auf 70 Betten. Es wurden Laboratorien zur feingeweblichen Untersuchung des Ohres eingerichtet sowie eine eigene Röntgenabteilung. Der ursprüngliche Charme der Klinik ging wohl verloren. Nach dem Weggang von Professor Steurer konnte 1945 und 1946 Dr. Bernhard Hannemann, ein niedergelassener HNO-Arzt in Rostock, als kommissarischer Leiter der Klinik fungieren. Schon bald fand man jedoch Herrn Prof. Dr. Walter Hesse, einen habilitierten privat niedergelassenen Oberarzt in Berlin, der nicht entnazifiziert werden mußte. Prof. Hesse gebührt das Verdienst, die Hals-Nasen-Ohrenklinik wieder zu einer leistungsfähigen universitären Einrichtung vorangetrieben zu haben. Von 1959 bis 1978 leitete die Klinik Herrn Prof. Dr. Kurt Dietzel, der insbesondere die Frühdiagnostik und Frührehabilitation schwerhöriger Kinder förderte. Außerdem erwarb er sich große Verdienste in der Diagnostik und Behandlung von Schädelbasisbrüchen sowie in der Bronchiologie. Nachfolger von Prof. Dr. K. Dietzel wurde Herr Prof. Dr. Heinz-Joachim Scholtz, der die Klinik von 1978 bis 1991 leitete. Prof.Scholtz führte neue Beandlungsmethoden in der Tumorchirurgie ein und förderte den internationalen wissenschaftlichenAustausch sowie die Erforschung auf dem Gebiet der leichgewichtserkrankungen.
    Am 20. Oktober 1989 erhielt die Klinik den Ehrennamen "Otto Körner" auf Betreiben von Herrn Prof. Dr. Heinz-Joachim Scholtz. Nachdem die Klinik zwei Jahre kommissarisch durch Prof. Dr. Burkhard Kramp geleitet wurde, steht nun seit dem 01. Januar 1994 Herr Prof. Dr. H. W. Pau der Klinik vor.
    Die Mitarbeiter der Klinik freuen sich auf den 100. Geburtstag ihrer Einrichtung und wollen diesen Tag mit einem Symposium:
    "Die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde zur Zeit Otto Körners und heute"
    begehen. Außerdem ist die Herausgabe einer Publikation geplant. Der Verfasser dieser Zeilen würde sich außerordentlich freuen, wenn der eine oder andere Leser dieser Zeilen irgend eine besondere Beziehung zur Rostocker Hals-Nasen-Ohrenklinik hätte. Wir denken dabei auch an persönliche Erlebnisse, von den Anfängen unter Otto Körner bis heute. So sind wir sehr daran interessiert, Material zu bekommen, über das seinerzeit während des Krieges eingerichtete Armeelazarett in der HNO-Klinik, das Leben und Arbeiten in den schweren Kriegs- und Nachkriegsjahren, aber auch evtl. persönliche Daten zum Wirken von Herrn Dr. Bernhard Hannemann, der in dem schweren Nachkriegsjahr von 1945-1946 die Klinik leitete.
    Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns Text- und Bildmaterial aus Anlaß dieses Jubiläums und der geplanten Schrift zusenden können.


    Universität Rostock
    Medizinische Fakultät
    Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankeiten
    Prof. Dr. Bernhard Kramp
    Postfach 10 08 88
    18ß55 Rostock
    Telefon: 0381 494 8301
    Fax: 0381 494 8302


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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