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Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Tübingen untersucht ein Fossil aus dem Geiseltal in Sachsen-Anhalt – Enge Verwandtschaft mit heutiger Art der Mittelmeerregion
Geckos lebten bereits vor 47 Millionen Jahren in Europa. Das ergab die Untersuchung eines nahezu vollständigen fossilen Geckoschädels aus dem früheren Braunkohleabbaugebiet Geiseltal in Sachsen-Anhalt. Die bisher unbekannte Art beschrieb ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Andrea Villa vom Katalanischen Institut für Paläontologie Miquel Crusafont in Barcelona und des Biogeologen Dr. Márton Rabi von der Universität Tübingen und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das Forschungsteam stellte fest, dass die ausgestorbene Geckoart eng verwandt ist mit dem heute noch in Teilen der Mittelmeerregion heimischen Europäischen Blattfingergecko. Sie stellt den bisher ältesten bekannten Vertreter in dessen Abstammungslinie dar. Die neue Studie wurde in der Fachzeitschrift Papers in Palaeontology veröffentlicht.
Geckos umfassen eine stark diverse und alte Abstammungslinie echsenartiger Reptilien. „Fossilien von Geckos sind sehr selten und selten gut erhalten. Nicht einmal aus den reichen Fundorten wie der Grube Messel oder dem Geiseltal hatten wir bisher viel über ihre Evolutionsgeschichte erfahren“, berichtet Andrea Villa. Der jetzt erst untersuchte Geckoschädel sei bereits 1933 gefunden worden und habe sich als Glücksfall erwiesen. „Er ist einer der vollständigsten und ältesten Geckoschädel aus den vergangenen 66 Millionen Jahren, also dem Zeitraum nach dem großen Massensterben der Dinosaurier“, setzt er hinzu. Diese Geckoart war bisher nicht bekannt und ist einer der frühesten Ver-treter moderner Gruppen. Das Forschungsteam taufte die Art Geiseleptes delfinoi – nach dem Fundort Geiseltal, dem eng verwandten heutigen Europäischen Blattfingergecko Euleptes europaea sowie nach dem Spezialisten für ausgestorbene Reptilien Dr. Massimo Delfino.
Große Anpassungsfähigkeit
„Ursprünglich könnten diese Geckos aus Afrika stammen. Unsere Studie belegt jedenfalls, dass sie mindestens seit dem Eozän vor 47 Millionen Jahren auch in Europa lebten“, sagt Márton Rabi. Die Analyse der Forscher zeigt, dass sie eines der wenigen Wirbeltiere sind, die schon in der letzten Warmphase der Erde vorkamen und seither immer weiter bestanden. Sie hätten sowohl hier gelebt, als das Gebiet des heutigen Deutschlands mit subtropischem Wald bedeckt war und es Alligatoren in der Arktis gab, als auch unter den heutigen kühleren und trockeneren Bedingungen. Das zeuge von sehr großer Anpassungsfähigkeit. „Allerdings zog sich dieser Klimawandel über mehrere Zehnmillionen Jahre hin, im erschreckenden Kontrast zur aktuellen Erderwärmung. Die könnte nach den schlechtesten Prognosen, wenn die Emissionen weiter steigen, bereits im Jahr 2100 wieder die Bedingungen des Eozäns erreichen“, sagt Rabi.
Wie Geiseleptes delfinoi gelebt hat, ist ungewiss. Aufgrund der Ähnlichkeiten zum heutigen europäischen Gecko gehen die Forscher davon aus, dass er wie dieser dämmerungs- und nachtaktiv war. „Wahrscheinlich gehörte das Geiseltal im Eozän nicht zum bevorzugten Habitat von Geiseleptes. Sonst wären mehr Fossilien von dieser Art zu finden gewesen“, spekuliert Villa.
Dr. Márton Rabi
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Biogeologie
Telefon +49 7071 29-73055
marton.rabi[at]uni-tuebingen.de
Andrea Villa, Oliver Wings, and Márton Rabi: A New Gecko (Squamata, Gekkota) from the Eocene of Geiseltal (Germany) Implies Long-Term Persistence of European Sphaerodactylidae. Papers in Palaeontology, 1-20. doi: 10.1002/spp2.1434, https://doi.org/10.1002/spp2.1434
Fossiler Schädel von Geiseleptes delfinoi aus dem Eozän, der im früheren Braunkohleabbaugebiet Geise ...
Oliver Wings, Andrea Villa
Oliver Wings, Andrea Villa
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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