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09.06.2022 10:00

Futterklee für Kühe und Insekten

Eva Sittig Presse, Kommunikation und Marketing
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

    Pflanzlich-diversifizierte Kleegrasweiden tragen zur Förderung von Hummeln in Agrarsystemen bei

    Artenreiche Kleegrasweiden dienen besonders Hummelarten als Nahrungsgrundlage. Das haben Forschende der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) festgestellt.

    Intensive Beweidung führt auf Kleegraswiesen über den ganzen Sommer hinweg zur Blüte von Weißklee, sodass dieser durchgängig als Nahrungsressource für blütenbesuchende Bienen zur Verfügung steht. Als Blütenbesucher wurden in dieser Studie fast ausschließlich Hummeln und kaum andere Wildbienenarten beobachtet. Während auf den beweideten Flächen überwiegend kurzrüsselige Hummelarten gezählt wurden, wurden auf in Teilen unbeweideten Kleegrasflächen mehr seltene langrüsslige Hummelarten erfasst. Durch eine weniger intensive Beweidung könnten folglich auch seltenere Arten mit besonderen funktionellen Merkmalen gefördert werden. Auf konventionell genutzten Grünlandflächen zur Silageerzeugung hat das Forschungsteam hingegen keinerlei Blüten und somit auch keine Wildbienen gefunden. Die Ergebnisse hat die Fachzeitschrift Agronomy veröffentlicht.

    Das Insektensterben, insbesondere der Wildbienen, zu denen auch Hummeln zählen, wird in der breiten Öffentlichkeit diskutiert und Maßnahmen wie Bienenhotels und Wildblumenflächen im privaten und öffentlichen Bereich sollen urbane und ländliche Räume insektenfreundlicher gestalten. Dennoch ist der Artenschwund bis jetzt nicht gestoppt. Durch das Insektensterben ist auch die Landwirtschaft unmittelbar betroffen, da Wildbienen wie z. B. Hummeln durch ihre Bestäuberleistung zur Steigerung der Erträge vieler Kulturarten beitragen. „Die Aufwertung von Agrarlandschaften ist ein Schlüsselfaktor, um dem Rückgang der Insekten entgegenzuwirken“, sagt Professor Tim Diekötter, von der Abteilung Landschaftsökologie an der CAU. Landwirtinnen und Landwirte könnten beispielsweise artenreiche Blühstreifen am Rand ihrer Felder anlegen, um Wildbienen Nahrungsressourcen anzubieten. Darüber hinaus ist die Erhöhung des Anteils naturnaher Flächen Diekötter wichtig. „Dennoch bleibt ein großer Flächenanteil, der landwirtschaftlich intensiv genutzt wird und wenig Ressourcen und Lebensraum für Wildbienen bietet.“

    Was kann also getan werden, um diese intensiv genutzten Flächenanteile im Sinne der Biodiversitätsförderung bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Erzeugung nachhaltiger zu gestalten? Die Forschenden Henriette Beye und Katharina Lange der CAU (Abteilung Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau – Professor Friedhelm Taube, Abteilung Landschaftsökologie – Professor Tim Diekötter) haben auf dem Versuchsgut Lindhof Wildbienen auf Kleegrasweiden erfasst. Henriette Beye hat die Erhebungen im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführt und veröffentlicht. Für das Projekt „Öko-effiziente Weidemilcherzeugung“ wurden auf dem Lindhof artenreiche Kleegrasweiden untersucht, die neben dem typischen Weidelgras noch Klee- und Kräuterarten umfassen. Im Sommer, wenn es auf den Flächen blüht, hat Henriette Beye in Zusammenarbeit mit der Studentin Katharina Lange mehrmals in definierten zeitlichen Abständen mit einem Kescher Wildbienen auf den Weideflächen gefangen und im Labor auf Artniveau bestimmt. Außerdem wurden Blühflächen mit denselben Artenmischungen angelegt, die nicht beweidet wurden, um das maximale Potential des Blütenangebots zu ermitteln; zusätzlich wurden konventionell genutzte Grünlandflächen als Vergleichsvarianten untersucht. Insgesamt waren die in dieser Studie vorkommenden Arten hauptsächlich Generalisten, also häufig vertretene Arten. Um Spezialisten und neben Hummeln auch anderen Wildbienenarten Nahrungsressourcen anzubieten und so stabile und diverse Artengemeinschaften zu unterstützen, sind nach Aussage der Forschenden zusätzlich zum Klee noch morphologisch abweichende Blütenpflanzen notwendig. Diese könnten auf den Kleegrasweiden des Lindhofs etabliert werden.

    Aus diesen Ergebnissen folgt, dass Kleegrasweiden mit zusätzlichen Futterkräutern ein Werkzeug darstellen können, um intensiv genutzte Agrarflächen aufzuwerten. „Bisher spielen solche Flächen fast ausschließlich im ökologischen Landbau eine Rolle, aber mit einer entsprechenden Förderung des Anbaus auch für konventionelle Betriebe, gäbe es ein Potential von bis zu 500.000 Hektar in Deutschland“, stellt Professor Friedhelm Taube, wissenschaftlicher Leiter des Lindhofs fest. Vorherige Studien im Projekt „Öko-effiziente Weidemilcherzeugung Lindhof“ konnten zeigen, dass die Kleegrasmischungen hohe Futter- und Proteinerträge mit reduzierten Treibhausgasemissionen und Stickstoffauswaschungen verbinden. Dadurch haben sie einen positiven Effekt auf die Bodenkohlenstoffspeicherung und das Mikrobiom des Bodens. Gemeinsam mit den positiven Effekten auf Hummeln stellen sie somit ein breites Spektrum an Ökosystemdienstleistungen (Multifunktionalität) in Verbindung mit der Erzeugung hochwertiger Weidemilch bereit.

    Originalpublikation:
    Beye H, Taube F, Lange K, Hasler M, Kluß C, Loges R, Diekötter T. Species-Enriched Grass-Clover Mixtures Can Promote Bumblebee Abundance Compared with Intensively Managed Conventional Pastures. Agronomy. 2022; 12(5):1080. https://doi.org/10.3390/agronomy12051080 .

    Fotos stehen zum Download bereit:
    http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2022/078-klee-hummel.jpg
    Die häufig vorkommende Steinhummel Bombus lapidarius beim Blütenbesuch auf Weißklee auf Weideflächen des Kieler Versuchsguts Lindhof.
    © Henriette Beye, Uni Kiel

    http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2022/078-jerseyrind-klee.jpg
    Auf dem Lindhof werden vor allem Weidetiere der Rasse Jersey eingesetzt, die aufgrund ihrer hohen Milchleistung aus Weidegras besonders effiziente Mitarbeiter sind.
    © Heike Lorenz, Uni Kiel

    http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2022/078-zichorie.jpg
    Die Zichorie Cichorium intybus kommt auf den weniger intensiv beweideten Kleegrasblühflächen zur Blüte und bietet nicht nur Bestäubern eine Nahrungsressource, sondern hat zusätzlich eine antiparasitäre Wirkung bei Rindern und kann durch ein tiefes Wurzelsystem Wasser aus tieferen Bodenschichten nutzen.
    © Henriette Beye, Uni Kiel

    http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2022/078-weide.jpg
    Durch die Rotationsbeweidung auf dem Lindhof, bei dem die Rinder jeden Tag eine neue Teilfläche beweiden, können immer wieder Klee- oder Kräuterarten zur Blüte kommen, sodass auf dem Betrieb in der Zeit von April bis September ein kontinuierliches Blütenangebot für Bestäuber zur Verfügung steht.
    © Henriette Beye, Uni Kiel

    Wissenschaftlicher Kontakt:
    Henriette Beye
    Institut für Natur und Ressourcenschutz
    Abteilung Landschaftsökologie
    Telefon: 0431/880-4013
    E-Mail: hbeye@ecology.uni-kiel.de

    Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
    Presse, Kommunikation und Marketing, Eva Sittig, Text/Redaktion: Prof. Friedhelm Taube/Christin Beeck
    Postanschrift: D-24098 Kiel, Telefon: (0431) 880-2104, Telefax: (0431) 880-1355
    E-Mail: presse@uv.uni-kiel.de Internet: www.uni-kiel.de Twitter: www.twitter.com/kieluni
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    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Henriette Beye
    Institut für Natur und Ressourcenschutz
    Abteilung Landschaftsökologie
    Telefon: 0431/880-4013
    E-Mail: hbeye@ecology.uni-kiel.de


    Originalpublikation:

    Originalpublikation:
    Beye H, Taube F, Lange K, Hasler M, Kluß C, Loges R, Diekötter T. Species-Enriched Grass-Clover Mixtures Can Promote Bumblebee Abundance Compared with Intensively Managed Conventional Pastures. Agronomy. 2022; 12(5):1080. https://doi.org/10.3390/agronomy12051080 .


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-kiel.de/de/078-kleegras-hummeln


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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