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03.05.2004 15:56

"Kryo-Kuh" erhielt tonnenschweres Zuhause an der Uni Jena

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Neues Labor für Tieftemperaturphysik an der Friedrich-Schiller-Universität eröffnet

    Jena (03.05.04) Physikalische Versuche unterhalb von -250 °C ermöglicht ein neu errichtetes Speziallabor an der Universität Jena. Es ist heute (03.05.) mit einem Festkolloquium am Institut für Festkörperphysik eröffnet worden. Das neue Labor lässt hochgenaue Messungen mechanischer Güten bei extrem tiefen Temperaturen zu. Diese Arbeiten sind Bestandteil des Sonderforschungsbereiches (SFB) "Gravitationswellenastronomie", den die Universität Jena regionenübergreifend mit weiteren Partnern betreibt. Ein Ziel des SFB ist es, erstmals die von Albert Einstein vorhergesagten Gravitationswellen direkt nachzuweisen, zu interpretieren und so ein tieferes Verständnis für die Entstehung und Entwicklung unseres Universums zu erhalten.

    Starke Gravitationswellen werden z. B. von Supernovae, Pulsaren, verschmelzenden Neutronensternpaaren oder Schwarzen Löchern ausgesandt. Doch die Auswirkungen solcher sich im Universum ausbreitender Raumzeitkrümmungen sind auf der Erde kaum messbar. Sie sind so extrem schwach, dass es einen enormen wissenschaftlichen und technischen Aufwand erfordert, ausreichend empfindliche Nachweisgeräte zu bauen. Ein Mittel sind riesige Laser-Interferometer mit Armlängen im km-Bereich. Sie existieren bisher in Italien, Japan und den USA sowie beim Jenaer Kooperationspartner in der Nähe von Hannover. Auf dem derzeitigen Entwicklungsstand haben diese Großgeräte eine Empfindlichkeit, "die noch etwa ein bis zwei Zehnerpotenzen davon entfernt ist, die stärksten Gravitationswellensignale zu empfangen", weiß Prof. Dr. Paul Seidel von der Universität Jena.

    "Eine der Möglichkeiten, die Empfindlichkeit zu verbessern, ist der Betrieb entscheidender Interferometerkomponenten - wie Endspiegel oder Strahlteiler - bei extrem tiefen Temperaturen", so der Leiter des neuen Labors weiter. Bei solchen Kryo-Temperaturen unterhalb von -250 °C können thermisch bedingte Störeinflüsse auf das Messsignal (sog. thermisches Rauschen) minimiert werden. Der physikalische Parameter, der dafür untersucht werden muss, ist die mechanische Güte, die mit dem Formelzeichen Q ("Kuh") bezeichnet wird. "Der Pinguin als Maskottchen der Arbeitsgruppe Tieftemperaturphysik bekommt also mit der ,Kryo-Kuh' eine neue Partnerin", freut sich Seidel.

    Das neu errichtete Forschungslabor, welches ab sofort das Zuhause der "Kryo-Kuh" ist, hat einige besondere Merkmale. Denn zur Messung der Güte müssen außerordentlich kleine Eigenschwingungen der Testobjekte über mehrere Tage kontinuierlich aufgezeichnet werden. Daher müssen etwa alle mechanischen Störungen - wie Erschütterungen des Fußbodens oder Schall - ausgeschaltet werden. Dazu wurde ein auf Gummifüßen ruhender, 20 Tonnen schwerer Betonklotz im Fußboden eingelassen, der den Messaufbau trägt. Außerdem ist die Anlage komplett vom Nachbargebäude aus fernbedienbar, da selbst die Anwesenheit eines Bedieners die Messung stören würde. Eine speziell konzipierte Klimaanlage sorgt für eine konstante Temperatur in dem von meterdicken Betonwänden umgebenen Laborraum.

    In den nächsten Monaten und Jahren wird eine Vielzahl von optischen Komponenten untersucht und schrittweise verbessert werden. Die Jenaer Tieftemperaturphysiker erhoffen sich, dass auf Grundlage dieser künftigen Ergebnisse die weltweiten Gravitationswellendetektoren mit Tieftemperaturtechnik umgerüstet werden können. Die dabei erwartete verbesserte Empfindlichkeit würde dazu führen, dass sich Gravitationswellen zum ersten Mal direkt nachweisen lassen.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Paul Seidel
    Institut für Festkörperphysik der Universität Jena
    Helmholtzweg 5, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 947410
    Fax: 03641 / 947412
    E-Mail: Paul.Seidel@uni-jena.de


    Bilder

    Anja Zimmer und Dr. Sandor Nietzsche montieren Testaufbauten im neuen Labor "Kryogene Gütemessungen" des Jenaer Sonderforschungsbereichs "Gravitationswellenastronomie". (Foto: Scheere)
    Anja Zimmer und Dr. Sandor Nietzsche montieren Testaufbauten im neuen Labor "Kryogene Gütemessungen" ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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