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04.05.2004 14:56

Musiktherapie bei chronischem Tinnitus

Michaela Schneider M. A. Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger Institut) DZM e.V.

    Das Deutsche Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger Institut) DZM e.V. in Heidelberg erprobt eine neuartige musiktherapeutische Behandlungsmethode bei chronischem Tinnitus. In Zusammenarbeit mit der Neurologischen Klinik und der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Heidelberg sowie der Musiktherapeutischen Ambulanz der Fachhochschule Heidelberg untersucht das DZM, inwieweit eine ursachenbezogene Behandlung bei den Betroffenen zu einer Verbesserung ihrer Erkrankung führt.

    Das Deutsche Zentrum für Musiktherapieforschung (DZM) in Heidelberg führt in Kooperation mit der Neurologischen Klinik und der HNO-Klinik der Universität Heidelberg zurzeit eine Pilotstudie zur Entwicklung und Überprüfung einer neuartigen Behandlungsmethode durch. Das neue Konzept setzt auf eine ursachenbezogene Behandlung des Tinnitus.
    Kernstück des musiktherapeutischen Behandlungskonzepts ist die Einbettung des Tinnitus in einen musikalisch steuerbaren Hörprozess. Dazu wird zu Beginn der Therapie für jeden Patienten mittels eines Synthesizers ein individueller tinnitus-ähnlicher Klang erstellt. Dieser Klang wird dann aktiv und/oder rezeptiv musiktherapeutisch eingesetzt, beispielsweise als Grundlage für freie Improvisationen oder als Teil von Entspannungsmusik. Die Patienten werden dadurch in die Lage versetzt, Kontrolle über ihren Tinnitus auszuüben und ihn bewusst steuern zu können. Darüber hinaus soll die wiederholte, gezielte musikalische Hörübungen die veränderten Gehirnregionen positiv beeinflussen und zu einer "Normalisierung" führen. Ziel ist damit auch eine Verbesserung hirnorganischer Veränderungen. Um die Effekte der Behandlung zu überprüfen, erfolgen vor Beginn und nach Ende der Therapie Kontrollmessungen mit psychologischen Erhebungen in Form von Fragebögen und neurologischen Verfahren mittels MEG.
    Die Ergebnisse aus den ersten Probetherapien zeigen ermutigende Erfolge. Die Fertigstellung der Pilotstudie ist für die zweite Jahreshälfte 2004 geplant.

    Chronischer Tinnitus kann bei den Betroffenen zu psychosomatischen Krankheitsbildern führen. Die ständige Wahrnehmung der Ohrgeräusche bzw. die Konzentration darauf kann zu einer Stressreaktion führen, verbunden mit einer negativen emotionalen Empfindung des Tinnitus. Die Ohrgeräusche werden von den Betroffenen nicht mehr nur ständig wahrgenommen, sondern deren ganze Aufmerksamkeit lenkt sich auf den Tinnitus. Die Betroffenen fühlen sich dadurch meist stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Häufig kommen private und berufliche Probleme hinzu. Die Folge sind so genannte Komorbiditäten, d. h. psychologische Auffälligkeiten, wie Schlafstörungen, Aufmerksamkeits- bzw. Konzentrationsstörungen, Depressionen oder Ängste.
    Die Folgen des chronischen Tinnitus sind auch im Gehirn nachweisbar, denn die Ohrgeräusche sind zurückzuführen auf eine fehlerhafte Informationsverarbeitung eines akustischen Reizes im Gehirn. Dadurch verändern sich Regionen im Gehirn, so dass auch ohne Einwirkung einer äußeren Schall- bzw. Lärmquelle ein subjektives Geräusch wahrgenommen wird. Mittels Magnetenzephalographie (MEG) können Veränderungen in den magnetischen Feldern, die bei Gehirnaktivitäten entstehen, gemessen werden.
    Geeignete Therapieformen können diese so genannte Reorganisation eindämmen oder rückgängig machen. Die derzeitigen psychotherapeutischen Behandlungsverfahren bei chronischem Tinnitus setzen vorrangig darauf, dass der Betroffene seine Wahrnehmung nicht mehr so stark auf die Geräusche konzentriert, sich vielmehr versucht abzulenken. Mit anderen Worten: die Bewältigung der Symptome steht im Vordergrund.

    Tinnitus gehört heute zu den häufigsten Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Medizinisch versteht man unter diesem Begriff Geräusche in einem oder beiden Ohren bzw. im Kopf, von den Betroffenen wahrgenommen als Klingeln, Pfeifen, Rauschen, Brummen, Summen, Zischen, Zirpen oder Pulsieren. Lange Zeit wurde Tinnitus als eingebildete Krankheit betrachtet. Heute ist Tinnitus in der internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems)-10 aufgeführt.
    Fast ein Viertel der deutschen Bevölkerung litt bereits einmal unter Tinnitus, Tendenz steigend. Prognosen zufolge werden 35 bis 40 Prozent aller Erwachsenen über 17 Jahren zu einem beliebigen Zeitpunkt von einem vorübergehenden oder andauernden Ohrengeräusch bzw. Ohrengeräuschen betroffen sein. Halten die Ohrgeräusche kontinuierlich länger als drei Monate an, wird der Tinnitus als chronisch bezeichnet. Bei bereits 2,7 Millionen Menschen in Deutschland ist der Tinnitus chronisch und jedes Jahr steigt die Zahl einer Untersuchung zufolge um 250.000.

    Weitere Informationen:
    Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung
    (Viktor Dulger Institut) DZM e.V.
    Ansprechpartnerin: Dipl.-Psych. Heike Argstatter M.A.
    Maaßstraße 26
    69123 Heidelberg
    Telefon: +49 (6221) 83 38 60/83 38 68
    Telefax: +49 (6221) 83 38 74
    E-Mail: dzm@fh-heidelberg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dzm.fh-heidelberg.de


    Bilder

    Sinusgenerator zur Nachbildung des Tinnitustones bei Patienten
    Sinusgenerator zur Nachbildung des Tinnitustones bei Patienten

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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