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Wissenschaft
Erhebung der Frankfurt UAS zeigt Situation für Betroffene sexualisierter Gewalt in Hessen auf
Für verschiedene Personengruppen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, gibt es in Hessen zu wenig Beratungsangebote. Insbesondere im ländlichen Raum bestehen große Lücken bei der Beratung von erwachsenen Betroffenen. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt eine Vollerhebung unter 45 hessischen Beratungseinrichtungen, die bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend beraten. Sie gibt Einblick in die Arbeitssituation, die Ausstattung, die Angebote sowie die Bedarfe der Einrichtungen im Sinne einer adäquaten Unterstützung von Betroffenen. Die Erhebung wurde am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) durchgeführt und ist Teil der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts „Koordinierung der Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend“ des Paritätischen Hessen. Gefördert wird das Projekt bis 2024 durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration (HMSI).
Die Erhebung zeigt, dass die hessische Beratungslandschaft sehr heterogen ist, es jedoch deutliche Lücken in der landesweiten Versorgung gibt. Ein Stadt-Land-Vergleich mache bspw. deutlich, dass die Versorgungssituation für erwachsene Betroffene (Männer, Frauen und Betroffene mit diversem Geschlecht) in ländlichen Gebieten schlechter sei, als in den größeren Städten. Betroffene im höheren Lebensalter würden etwa nur in jeder fünften Einrichtung mit ländlichem Einzugsgebiet Unterstützung erhalten.
„Doch selbst wenn Einrichtungen grundsätzlich offen und zuständig für verschiedene vulnerable Betroffenen-Gruppen sind, werden immer noch viele dieser Betroffenen-Gruppen zu wenig oder sogar gar nicht erreicht. Für die Weiterentwicklung von Angeboten für diese Personen benötigen die Fachstellen flächendeckend passgenaue Fortbildungsangebote sowie bedarfsgerechte Materialien für Beratung und Prävention“, betont Prof. Dr. Ute Zillig, Professorin für Traumasensible Soziale Arbeit an der Frankfurt UAS.
Sie ergänzt: „Die Erhebung zeigt, dass die hessischen Fachkräfte grundsätzlich sensibel für die besonderen Bedarfe einzelner Zielgruppen sind. Um diese Sensibilität auch in der Beratungspraxis umzusetzen, bedarf es außerdem einer Erhöhung der personellen Ressourcen der Fachberatungsstellen.“ So habe etwa eine Einrichtung im Zuge der Erhebung angegeben, dass dort nur eine einzige Fachkraft angestellt sei. In den anderen Einrichtungen würden zwar mindestens zwei Personen im Team arbeiten, jedoch seien diese überwiegend in Teilzeit beschäftigt. Sechs der befragten Einrichtungen verfügten bezüglich ihrer Personalressourcen über maximal ein Vollzeitäquivalent (VZÄ); weitere fünf Einrichtungen gaben an, mit weniger als zwei VZÄ zu arbeiten. Darüber hinaus gaben sechs Einrichtungen an, dass es in ihrer Einrichtung keine reinen/expliziten Beratungsräume gäbe. In zahlreichen Einrichtungen mangele es zusätzlich an Räumen für Gruppenangebote.
Zwar verfügen die Fachberatungsstellen über vielseitige Beratungsangebote für Betroffene und andere Ratsuchende – etwa auch zu digitalen Formen der sexualisierten Gewalt –, dennoch seien spezifische Angebote für Betroffene mit Beeinträchtigungen/Behinderungen, Chat-/Online-Beratung, aufsuchende Angebote, Selbsthilfegruppen oder auch kurzzeittherapeutische Angebote für Betroffene in Hessen nicht ausreichend vorhanden. „Eine hohe Zahl an Beratungsanfragen bei aktuellen Personalkapazitäten führt bei den Fachberatungsstellen dazu, dass diese Beratungsanfragen im Zweifelsfall priorisieren müssen. Für Betroffene, deren Gewalterfahrung nicht akut ist, ist diese Priorisierung mit längeren Wartezeiten und ggf. auch einem geringeren Beratungsumfang verbunden“, so Zillig. Auch diese für Betroffene mit Beratungsbedarf belastende Situation ließe sich nur durch eine Ausweitung der personellen Förderung der hessischen Fachberatungsstellen verbessern.
Viele Einrichtungen, insbesondere diejenigen mit ländlichem Einzugsgebiet, gaben zudem an, dass sie nicht ausreichend Öffentlichkeitsarbeit leisten können, um Betroffene vor Ort auf die Beratungsangebote aufmerksam zu machen. Ebenso könne der Bedarf an Präventionsangeboten bspw. an den Schulen einzelner Regionen sowie Anfragen zur Entwicklung von Schutzkonzepten nicht ausreichend abdeckt werden.
Die vollständige Auswertung der Erhebung kann unter https://www.frankfurt-university.de/fileadmin/standard/Hochschule/Fachbereich_4/... eingesehen werden.
Zum Koordinierungsprojekt des Paritätischen Hessen:
Das Projekt „Koordinierung der Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend“ dient der hessenweiten Vernetzung und der Förderung des fachlichen Austausches zwischen Einrichtungen, die zu Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend beraten. Mit besonderem Augenmerk auf unterversorgte Regionen und vulnerable Zielgruppen sollen Informations- und Beratungsangebote der Fachberatungsstellen gestärkt werden. Des Weiteren sollen die Fachöffentlichkeit für das Thema sensibilisiert und Empfehlungen für die Weiterentwicklung einer Landeskoordinierung der Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend erarbeitet werden. Weitere Informationen zum Projekt unter https://www.paritaet-hessen.org/themen/fachreferate-und-themen/koordinierungspro....
Weitere Informationen zum Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit unter http://www.frankfurt-university.de/fb4.
Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit, Prof. Dr. Ute Zillig, Telefon: +49 69 1533-2892, E-Mail: zillig@fb4.fra-uas.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Gesellschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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