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Wissenschaft
Genbeschreiber Gottron-Just-Wissenschaftspreis 1997 verliehen
Am 8. Dezember 1997 wurde von Universitaet Ulm und Stadt Ulm zum achten Mal der mit insgesamt 20.000 Mark dotierte Gottron-Just-Wissenschaftspreis verliehen. Den Preis erhielten Dr. rer. nat. Guenter Michel, Hautklinik der Heinrich-Heine-Universitaet Duesseldorf, fuer seine Arbeit "Psoriasis: Bedeutung der Regulation der Interleukine IL-8 und IL-10 und ihrer Rezeptoren", und Dr. med. Ralf Wienecke, Dermatologische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universitaet Muenchen, fuer die "Charakterisierung und Funktionsanalyse des Tuberins, des bei Tuberoeser Sklerose Typ 2 betroffenen Genprodukts".
Erstmals in Reinform isoliert
Die Tuberoese Sklerose (TSC), nach ihren Erstbeschreibern auch Morbus Bourneville-Pringle genannt, ist eine autosomal dominant vererbte Erkrankung, die sich in einer Vielzahl von Symptomen manifestiert, darunter epileptischen Anfaellen bereits im Fruehstadium, fortschreitenden Verkalkungen im Gehirn und einer Degeneration der Sehnerven. Auffaellige Hautsymptome sind multiple kleine Wucherungen des Bindegewebes der Blutgefaesse und der Gesichtshaut, bindegewebige Wucherungen unter den Fingernaegeln und weisse, also unpigmentierte Areale. Patienten mit voll auspraegtem Krankheitsbild sterben in der Regel im dritten Lebensjahrzehnt. Viele Patienten zeigen allerdings nur einen Teil der Symptome. Das Risiko der Betroffenen, an Tumoren der Nieren, der Herzmuskulatur oder der Retina zu erkranken, ist deutlich erhoeht. Die Haeufigkeit (Praevalenz) der Tuberoesen Sklerose wird hierzulande auf 1:15.000 bis 1:20.000 beziffert. Bis zu 80% der Faelle gehen auf Neumutationen in der Keimbahn eines Elternteils zurueck.
Aufgrund umfangreicher Familienuntersuchungen konnten zwei unterschiedliche genetische Formen der TSC identifiziert werden. Bei TSC 1 ist ein Gen auf dem langen Arm des Chromosoms 9 betroffen; das kritische Gen fuer TSC 2 liegt auf dem kurzen Arm von Chromosom 16. Waehrend das TSC-1-Gen erst in juengster Zeit isoliert und beschrieben wurde (sein Proteinprodukt wird Hamartin genannt), gelang bereits 1993 die Klonierung und Charakterisierung des TSC-2-Gens. Sein Proteinprodukt erhielt den Namen Tuberin.
Es ist Wieneckes Verdienst, Tuberin erstmalig in reiner Form isoliert, sein Vorkommen in zahlreichen Zellinien, normalen Geweben und Tumoren nachgewiesen und damit der Erforschung der Pathomechanismen der Tuberoesen Sklerose neue Moeglichkeiten erschlossen zu haben. Unter anderem gelang ihm erstmals der Nachweis, dass Tuberin, wie man bisher nur hatte vermuten koennen, als negativer Regulator eines in Tumoren hochaktiven Proteins in Erscheinung tritt. Demnach kann die TSC 2 unter die (erkenntnisabhaengig) wachsende Zahl der Krankheiten subsumiert werden, die auf Defekten eines Tumorsuppressorgens beruhen.
Besonderes Interesse verdient Wieneckes Entdeckung, dass Tuberin auch in sporadischen Tumoren, die nicht mit der Tuberoesen Sklerose assoziiert sind, entweder stark reduziert oder vollstaendig abhanden gekommen ist. Der Verlust dieses Proteins spielt folglich auch ueber das Krankheitsbild der Tuberoesen Sklerose hinaus eine wichtige Rolle bei der Tumorentstehung.
Entzuendung ausser Kontrolle
Die Pathomechamismen der Schuppenflechte (Psoriasis), deren klinisches Bild durch Schuppenbildung und Entzuendung an der Hautoberfaeche gekennzeichnet ist, sind noch immer ungeklaert. Auf molekularer Ebene haben die Forscher ein UEberangebot von Wachstumsfaktoren und entzuendungsfoerdernden Zytokinen, z.B. Interleukin-8 (IL-8) und dessen Rezeptor, beobachtet. In seinen ersten Arbeiten zum Thema konnte Dr. Michel mit Hilfe unter anderem der Polymerase-Kettenreaktion den Zusammenhang zwischen der genetischen Fehlregulation eines IL-8-Rezeptors und der Psoriasis bestaetigen.
Bei der Erforschung pathologischer Mechanismen auf Molekularebene wird heute grundsaetzlich davon ausgegangen, dass Wucherungen und Entzuendungen nicht allein durch ein Zuviel an zellteilungs- beziehungsweise entzuendungsfoerdernden Faktoren ausgeloest werden, sondern auch durch den Wegfall hemmender Kontrollmechanismen verursacht sein koennen. Unter diesem Gesichtspunkt wandte sich Michel dem Zytokin Interleukin-10 (IL-10) zu, das die Wissenschaft als negativ regulatorisch, als wachstums/entzuendungshemmend beschrieben hat. Auch IL-10 uebt seine Wirkung ueber einen spezifischen Rezeptor, den Interleukin-10-Rezeptor (IL-10R), aus. Michel zeigte nicht nur erstmals, dass dieser Rezeptor auch in gesunden Hautzellen funktionsfaehig vorhanden ist, sondern wies ausserdem seine dramatisch verminderte Auspraegung in Psoriasishaut nach. Die Ursache fuer diesen IL-10-Rezeptor-Mangel ist auf molekulargenetischer Ebene bei Fehlern in der genetischen Produktionsanweisung zu suchen.
Durch diese und weitere Untersuchungen, die seine Ergebnisse stuetzten, hat der Preistraeger wichtige Hinweise auf eine Rolle des IL-10-R-Gens bei der Entstehung der Schuppenflechte gegeben und ausserdem die Annahme untermauert, dass ein Verlust hemmender Kontrollfaktoren als Schritt zur Manifestation der Erkrankung zu interpretieren ist.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
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