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14.07.2022 14:21

Projekt SILKNOW zum Erhalt des europäischen Seidenerbes erhält European Heritage Award / Europa Nostra Award

Mechtild Freiin v. Münchhausen Referat für Kommunikation und Marketing
Leibniz Universität Hannover

    Seidenstoffe mit KI klassifizieren: Institut für Photogrammetrie und GeoInformation der LUH ist maßgeblich an internationalem Kooperationsprojekt beteiligt

    Seidenstoffe stellen ein stark gefährdetes kulturelles Erbe dar. Seit Jahrhunderten steht dieser Stoff für Handwerkskunst, Schönheit und Luxus – von Wandteppichen über Fahnen, Schwerthüllen und Brautkleider bis hin zu traditionellen Kostümen. Der Seidenhandel ermöglichte jahrhundertelang den Austausch von Ideen und Innovationen. So wurden etwa Lochkarten zum ersten Mal in Jacquard-Seidenwebstühlen verwendet, lange bevor moderne Computer überhaupt erfunden wurden. Diese handwerklichen Webtechniken geraten jedoch zunehmend in Vergessenheit. Das von der EU im Horizon- 2020-Programm geförderte Projekt SILKNOW hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der Seidenproduktion in Europa zu bewahren und zu verbreiten – auch mit modernsten Methoden der künstlichen Intelligenz. Das internationale Kooperationsprojekt, an dem neben der Leibniz Universität Hannover (LUH) Einrichtungen aus Spanien, Italien, Frankreich, Slowenien und Polen beteiligt waren, hat jetzt den European Heritage Award / Europa Nostra Award in der Kategorie Forschung gewonnen. Der renommierte Award würdigt seit 20 Jahren herausragende Leistungen im Bereich des Kulturerbes.

    Im Projekt SILKNOW, das von 2018 bis 2021 lief, sind neue Methoden auf der Grundlage modernster Verfahren aus der Informations- und Kommunikationstechnologie entwickelt worden, um das immaterielle Erbe alter Webtechniken zu bewahren. Zu diesem Zweck hat ein multidisziplinäres Team zusammengearbeitet, das Bereiche wie Informatik, Bildverarbeitung, Textanalyse, aber auch Kunstgeschichte, 3D-Druck, Textilherstellung und -konservierung umfasste. Die Projektkoordination lag bei der Universität Valencia (Spanien), die LUH war mit dem Institut für Photogrammetrie und GeoInformation der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie vertreten. „Wir arbeiten mit Methoden der künstlichen Intelligenz, um aus Bildern von historischen Seidenstoffen Informationen über die abgebildeten Stoffe wie etwa Entstehungszeit und Entstehungsort abzuleiten“, erläutert Projektleiter apl. Prof. Dr. Franz Rottensteiner. Mithilfe dieser Verfahren können Informationen über Seidenstoffe, die in den digitalen Datensätzen ursprünglich nicht vorhanden waren, automatisch aus Bildern abgeleitet werden. Ein zweites in Hannover entwickeltes Verfahren auf ähnlicher Grundlage dient zur Suche nach Datensätzen anhand der Ähnlichkeit von Bildern. Dazu erläutert Mareike Dorozynski, die als Doktorandin diese Methoden an der LUH entwickelt hat: „Mit der Suchfunktion kann man etwas über einen Seidenstoff lernen, von dem man nur über ein Bild verfügt. Es werden in der Datenbank die dem Bild ähnlichsten Stoffe gesucht, wodurch man Zugriff auf die mit diesen Stoffen verknüpften Informationen erhält.“

    Aus vorhandenen Daten lernt ein künstliches neuronales Netz, wie beispielsweise Seidenstoffe einer bestimmten Epoche aussehen, um danach dieses gelernte Modell auf andere Bilder von Seidenstoffen anzuwenden. Mit der automatischen Klassifikation können Sammlungen ergänzt werden, die lückenhafte oder nicht standardisierte Daten enthalten. Kulturhistorikern erleichtern die vereinheitlichten Informationen und erweiterten Suchfunktionen künftig die Suche über verschiedene Sammlungen hinweg. Zum Training konnte ein im Rahmen von SILKNOW generierter Wissensgraph mit fast 40.000 Einträgen über aus Seide gefertigte Artefakte mit Bildern und weiteren Informationen herangezogen werden. So können Informationen – etwa über Ort und Zeit der Produktion eines Stoffes – nun automatisch aus Bildern abgeleitet werden.

    Zudem ist im Projekt ein „virtueller Webstuhl“ entstanden, im dem verschiedene Webtechniken, die oft nur Handwerkern bekannt sind, visualisiert und für künftige Generationen bewahrt werden sollen. Ein weiteres Ergebnis innerhalb von SILKNOW ist ein mehrsprachiger Thesaurus, der zur Vereinheitlichung der Begriffe bei der Analyse und Beschreibung von Seidenstoffen beiträgt und ermöglicht, Begriffe und Phrasen in mehreren Sprachen für Suchanfragen zu verwenden.

    In der Begründung der Preisjury des European Heritage Awards / Europa Nostra Awards heißt es: „SILKNOW hat ein innovatives System geschaffen, um den Transfer von Wissen über die Seidenweberei zu erleichtern. Dieses Projekt ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie das Handwerk und damit das immaterielle Kulturerbe mit digitalen Werkzeugen verknüpft werden kann und wie diese Werkzeuge genutzt werden können, um den Zugang zu technischem Wissen zu demokratisieren.“

    Die Preisträger werden am 26. September in Prag bei einer Zeremonie von der EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Mariya Gabriel, geehrt. Insgesamt werden 30 herausragende Leistungen aus 18 europäischen Ländern ausgezeichnet. Vom 11. August bis 11. September kann zudem unter folgendem Link darüber abgestimmt werden, welches dieser Projekte den Public Choice Award erhalten soll: https://vote.europanostra.org

    SILKNOW freut sich außerdem über eine weitere Auszeichnung. Das Projekt wurde in das Innovation Radar der Europäischen Kommission aufgenommen. Das Innovationsradar ist eine Initiative der Europäischen Kommission zur Ermittlung von Innovationen mit hohem Potenzial in EU-finanzierten Forschungs- und Innovationsprojekten. Über die Plattform werden Information über Innovationen aus diesen hochwertigen Projekten für die Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich gemacht: https://www.innoradar.eu/innovation/42892

    Weiter Informationen über SILKNOW: https://silknow.eu

    Weitere Informationen über den European Heritage Award / Europa Nostra Award: http://www.europeanheritageawards.eu

    Hinweis an die Redaktion:
    Für weitere Informationen steht Ihnen apl. Prof. Dr. Franz Rottensteiner, Institut für Photogrammetrie und GeoInformation, unter Telefon 0511 762 3893 oder per E-Mail unter rottensteiner@ipi.uni-hannover.de gern zur Verfügung.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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