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Die CandiSep-Studie des Universitätsklinikums Jena testete (1,3)-β-D-Glukan als Marker für eine Pilzinfektion bei kritisch kranken Patienten. Die daran ausgerichtete antimykotische Behandlung brachte keinen Vorteil für die Patienten.
Weil die moderne Medizin die Behandlung schwerst kranker und auch stark immungeschwächter Menschen ermöglicht, treten auf den Intensivstationen mit zunehmender Häufigkeit schwere Pilzinfektionen auf. Aufgrund ihrer Abwehrschwäche und der häufig erforderlichen starken Antibiotikatherapie sind Sepsispatienten auf der Intensivstation besonders anfällig für Infektionen mit dem Hefepilz Candida, der für Gesunde völlig harmlos ist. Je später die Behandlung mit einem Anti-Pilz-Medikament beginnt, desto größer ist die Sterblichkeit bei einer Pilz-Sepsis, die bis zu 80% beträgt. Besonders problematisch ist, dass der klassische mikrobiologische Nachweis von Candida im Blut nur in der Hälfte aller Fälle gelingt und mehrere Tage in Anspruch nimmt.
Aktuelle Leitlinien empfehlen deshalb eine frühe präventive Behandlung mit Antimykotika bei kritisch kranken Patienten mit einem hohen Risiko für schwere Candida-Infektionen. „Allerdings lässt sich dieses Risiko nur schwer einschätzen – es setzt sich aus weit über 20 Faktoren zusammen und quasi bei allen Intensivpatienten liegen mehrere vor“, so der Jenaer Intensivmediziner Dr. Daniel Thomas-Rüddel. Die Gabe der Antipilzmedikamente, ohne dass eine Pilzinfektion vorliegt, stellt aber eine unnötige Belastung für die schwerstkranken Patienten dar und verursacht zusätzliche Kosten. Auch besteht die Gefahr von Resistenzentwicklungen, zumal nur wenige antimykotische Wirkstoffklassen verfügbar sind.
(1,3)-β-D-Glukan als Biomarker für Candida-Infektion
Im Blut von Patienten mit schweren Candida-Infektionen lässt sich (1,3)-β-D-Glukan nachweisen, ein wichtiger Bestandteil der Zellwand von Candida, aber auch von anderen Pilzarten. Es gibt dafür einen standardisierten Test, der positiv ausfällt, oftmals schon Tage, bevor ein mikrobiologischer Pilznachweis gelingt. „Mit der CandiSep-Studie wollten wir testen, ob wir anhand dieses Biomarkers diejenigen Sepsispatienten erkennen können, die eine antimykotische Therapie benötigen, und ob wir durch diese individuellere Behandlung das Überleben der Patienten verbessern können“, beschreibt PD Dr. Frank Bloos das Ziel des Projektes, das im Rahmen des Centers for Sepsis Control and Care (CSCC) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
Insgesamt 18 Intensivstationen in Deutschland nahmen an der multizentrischen randomisierten Studie teil und schlossen 339 Intensivpatienten mit neu aufgetretener schwerer Sepsis ein, bei denen Risikofaktoren für eine invasive Candida-Infektion wie künstliche Ernährung, große bauchchirurgische Eingriffe, vorbestehende Antibiotika-Therapie oder Nierenersatzverfahren vorlagen. Die Patienten wurden zufällig in Kontroll- und Interventionsgruppe aufgeteilt. Von allen Patienten wurden Blutkulturen zur mikrobiologischen Diagnostik einer invasiven Pilzinfektion angelegt. In der Interventionsgruppe wurde zudem beim Einschluss und einen Tag darauf der Biomarker bestimmt, bei einem positiven Ergebnis begann sofort die antimykotische Therapie, die beim Vorliegen des Blutkultur-Ergebnisses gegebenenfalls angepasst wurde. Bei den Patienten der Kontrollgruppe richtete sich die Antipilzbehandlung nur nach der Blutkultur. Insgesamt wurde 96 Stunden nach Aufnahme in die Studie für 14% aller Patienten eine Candida-Infektion mikrobiologisch nachgewiesen.
Frühere und häufigere Behandlung – keine Auswirkung auf das Überleben
Das Studienteam konnte jetzt seine Ergebnisse im Fachjournal Intensive Care Medicine veröffentlichen. Danach erhielten die Patienten der Biomarkergruppe wesentlich früher und häufiger eine antimykotische Therapie. Fast die Hälfte der Patienten dieser Gruppe wurde innerhalb von einem Tag so behandelt. In der Kontrollgruppe erhielten etwa 25% ein Antimykotium, das im Mittel erst nach vier Tagen gegeben wurde. Von dieser vermehrten Antipilzbehandlung konnten die Patienten der Biomarkergruppe jedoch nicht profitieren – in beiden Gruppen verstarben mehr als 30% innerhalb von vier Wochen. Diese hohe Sterblichkeit ist leider üblich in dieser schweren Erkrankung.
„Die erweiterte Diagnostik führte also zu einem erhöhten und früheren Einsatz von Medikamenten ohne Nutzen für die Patienten“, fasst Erstautor Frank Bloos zusammen. „Allerdings ist das Ergebnis mit Vorsicht zu genießen. Trotz der Auswahl von Risikopatienten liegt der Anteil mit invasiver Pilzinfektion erstaunlich niedrig. Zudem erwies sich der Biomarkertest als weniger verlässlich im Vergleich zu Vorstudien, insbesondere bei bauchchirurgischen Patienten war er oft falsch positiv.“ Deshalb könnte der Biomarker bei der Behandlung von enger definierten Hochrisikopatienten oder für die Beendigung empirischer Therapien durchaus von Nutzen sein, so die Autoren. Hier sehen sie weiteren Forschungsbedarf. Die CandiSep-Studie verdeutliche, wie wichtig die Überprüfung von neuen Diagnostikansätzen im klinischen Alltag ist.
PD Dr. Frank Bloos, Frank.Bloos@med.uni-jena.de,
Dr. Daniel Thomas-Rüddel, Daniel.Thomas@med.uni-jena.de
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena
Bloos F, et. al. (1 → 3)-β-D-Glucan-guided antifungal therapy in adults with sepsis: the CandiSep randomized clinical trial, Intensive Care Med. 2022 Jul; 48(7):865-875. DOI: 10.1007/s00134-022-06733-x
ClinicalTrials.gov: NCT02734550
CandiSep-Studie der Uniklinik Jena: Die Biomarker-Blutdiagnostik für eine invasive Pilzinfektion bei ...
Foto: Inka Rodigast
Universitätsklinikum Jena
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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