idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Moderne Lebens- und Arbeitsumgebungen sind zunehmend durch die gleichzeitige Ausführung von Fortbewegung und sensorischer – meist visueller – Verarbeitung gekennzeichnet. Auch erfordern viele Berufsprofile die gleichzeitige Verarbeitung visueller Informationen während des Gehens. So muss beispielsweise ein Arbeiter in der Lagerlogistik zum richtigen Gang gehen, um ein Paket abzuholen, während ihm über eine Datenbrille bereits visuelle Informationen über den nächsten Auftrag präsentiert werden. Das Zusammenspiel von menschlicher Fortbewegung mit zunehmender Bewegungskomplexität und visueller Verarbeitung haben Forschende am IfADo mit Hilfe von EEG-Aufzeichnungen genauer untersucht.
Die Forschenden stellten fest, dass auf Grund der knappen, geteilten kognitiven Ressourcen, die für kognitive und motorische Prozesse zur Verfügung stehen, die Aufgabenleistung abnahm, wenn die Belastung in einem der beiden Bereiche erhöht wurde. Die Gehbewegung hatte aber auch positive Auswirkungen auf die visuelle Verarbeitung. Komplexes Gehen verringert die für eine effiziente Informationsverarbeitung verfügbaren Aufmerksamkeitsressourcen, während ungestörtes Gehen die Effizienz der Informationsverarbeitung im Vergleich zum Stehen erhöht.
Die gewonnenen Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Gehen ohne Hindernisse die visuelle Verarbeitung von Informationen außerhalb des zentralen Sichtfelds verbessert und somit die Wahrnehmung seitlicher sensorischer Inhalte unterstützen kann. Damit muss eine erhöhte Anforderung an die Motorik nicht immer die kognitive Verarbeitung und Leistung negativ beeinträchtigen. Das Laufen auf ebenem Untergrund kann also bei der Aufmerksamkeitszuweisung für visuelle Informationen in Regionen außerhalb des zentralen Gesichtsfelds hilfreich sein.
Einblendungswinkel der visuellen Information entscheidend
Dieser Vorteil geht jedoch verloren, wenn die visuellen Informationen weit außerhalb des Gesichtsfelds präsentiert werden. Für den Arbeiter in der Lagerlogistik bedeutet das, dass die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird, wenn die Informationen innerhalb eines bestimmten Blickwinkels präsentiert werden und leicht zu verarbeiten sind. Die Fortbewegung kann sogar bei der Verarbeitung aufgabenbezogener visueller Informationen helfen, wenn das Gehen nicht durch die Umgebung beeinträchtigt wird oder zu viel visuelle Koordination erfordert.
Die durchgeführte Studie umfasste das Erkennen einzelner visueller Reize innerhalb eines breiten Bereichs des Gesichtsfelds (-40° bis +40° Blickwinkel) während des Stehens, Gehens oder Gehens mit gleichzeitigen Störungen. Sie wurde in einem interaktiven Labor für Echtzeit-Ganganalysen (GRAIL) durchgeführt, das einen 180°-Projektionsbildschirm sowie ein schwenkbares und kippbares Laufband enthält.
Dr. Julian Reiser
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Forschungsbereich Ergonomie
Telefon: +49 231 1084-280
E-Mail: reiser@ifado.de
Reiser JE, Arnau S, Rinkenauer G, Wascher E (2022): Did you even see that? Visual sensory processing of single stimuli under different locomotor loads. PLoS ONE 17(5): e0267896. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0267896
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).