idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
27.07.2022 14:02

Unstatistik des Monats: Dickere Kinder als Folge der Pandemie-Zeit?

RWI Kommunikation
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

    Die Unstatistik Juli 2022 ist nochmals eine Zahl zum Thema Corona und Übergewicht. Bereits in der Unstatistik vom Juli 2021 hatten wir darauf hingewiesen, dass die von der TU München kolportierte coronabedingte Zunahme von 5,6 kg pro Bundesbürger auf einem statistischen Trugschluss beruht – man hatte nur die Menschen ausgewertet, die tatsächlich zugenommen hatten. Ähnlich angreifbar sind die Methoden, mit denen das gleiche Institut im Verbund mit anderen jetzt in einer repräsentativen Eltern-Umfrage eine drastische Zunahme an „dicken“ Kindern gefunden haben will.

    "Zusammen mit einer ungesunden Ernährung und einem extensiven Medienkonsum ist Übergewicht eine schlimme Folge der Pandemiezeit,“ schreibt etwa das Deutsche Ärzteblatt. „Fast jedes sechste Kind in Deutschland hat seit dem Beginn der Coronapandemie an Gewicht zugelegt. Bei den Zehn- bis Zwölfjährigen betrifft das mit 32 Prozent sogar fast ein Drittel, wie eine Forsa-Umfrage für die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und das Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der Technischen Universität (TU) München ergab.“

    „Deutlich dünner“: Erhobene Informationen bleiben vage

    Angesichts dieser Zahlen muss man sich wundern, warum nicht noch mehr Kinder während der Corona-Pandemie an Gewicht zugelegt haben. Sie sind ja in dieser Zeit auch zwei Jahre älter geworden. Und im Alter zwischen 10 und 12 Jahren gewinnt ein Kind in aller Regel mit oder ohne Corona einige Kilo an Gewicht. Dieser Effekt wird bei der Umfrage nur ungenügend neutralisiert. Forsa ließ die rund 1000 im März und April 2022 befragen Eltern nur entscheiden, ob ihr Kind in den vergangenen zwei Jahren der Pandemie dünner oder dicker geworden sei. Nur zwei Prozent der Eltern gaben an: Mein Kind ist „deutlich dicker“ geworden. Ein Prozent votierte für „deutlich dünner“. Auf jeden Fall, und in dem Umfang, wie diese Angaben zutreffen und die Stichprobe als repräsentativ zu werten ist, sind damit 98 Prozent der deutschen Kinder während der Corona Pandemie nicht deutlich dicker geworden,

    Auch die Definition von „deutlich dicker“ wird den Eltern überlassen, es bleibt unklar, was „etwas“ und „deutlich“ in Gramm oder Kilogramm bedeuten. Mit solchen Daten lässt sich statistisch alles oder nichts beweisen. Belastbare aktuelle Daten aus bundesweit repräsentativen Gewichtserhebungen in der Altersgruppe „3 bis 17 Jahre“ gibt es derzeit nicht. Für die Jahre 2014 bis 2017 meldete eine Erhebung des Robert-Koch-Instituts in Deutschland 5,9 Prozent fettleibige Kinder. Der jährlich erscheinende, nicht repräsentative DAK-Kinder-Jugendreport beziffert die kindliche Adipositasquote für 2020 auf 3,7 Prozent. Ob diese Zahlen während Corona zu- oder abgenommen haben, wäre sicher interessant zu wissen. Die in den deutschen Medien viel zitierte und skandalisierte Forsa-Umfrage sagt dazu leider nicht sehr viel.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Walter Krämer, walterk@statistik.uni-dortmund.de


    Originalpublikation:

    https://www.rwi-essen.de/presse/wissenschaftskommunikation/unstatistik/detail/di...


    Weitere Informationen:

    http://Bei Weiterverbreitung von Texten aus der Reihe "Unstatistik des Monats" muss klar erkennbar sein, dass es sich um die Übernahme eines fremden Textes handelt. Zudem ist die Quelle https://www.unstatistik.de zu nennen. Bitte informieren Sie die Pressestelle des RWI über die Verwendung des Textes unter presse@rwi-essen.de. Das Urheberrecht bleibt bestehen.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).