idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.08.2022 09:52

Wie Hepatitis E das Immunsystem überlistet

Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Über drei Millionen Menschen infizieren sich jedes Jahr mit dem Hepatitis-E-Virus. Bislang gibt es kein spezifisch wirksames Medikament. Welche Faktoren für das Virus im Laufe seines Vermehrungszyklus wichtig sind und wie es ihm gelingt, die Infektion aufrechtzuerhalten, hat ein internationales Forschungsteam untersucht. Die Forschenden analysierten verschiedene Mutationen des Virus und fanden Veränderungen, die es dem Virus möglicherweise erlauben, das Immunsystem auszutricksen. Das Team aus der Abteilung Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum um Dr. Toni Meister, Dr. Daniel Todt und Prof. Dr. Eike Steinmann berichtet in der Zeitschrift PNAS vom 15. August 2022.

    Vor- und Nachteile von Mutationen

    Ein wichtiger Abwehrmechanismus gegen virale Infektionen in unserem Körper sind besondere Eiweiße, die Antikörper. Diese binden spezifisch meist an Oberflächenproteine des Virus, um dieses unschädlich zu machen. Aber Viren haben Strategien entwickelt, sich dieser Identifizierung zu entziehen. Während einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus entstehen durch zufällige Mutationen häufig Virusvarianten, die innerhalb einer infizierten Person nebeneinander existieren können. Der antivirale Wirkstoff Ribavirin, den viele chronisch Infizierte erhalten, kann die Bildung solcher viralen Varianten sogar noch verstärken.

    Acht solcher Virusvarianten aus Proben chronisch infizierter und mit Ribavirin behandelter Patientinnen und Patienten schaute sich das Forschungsteam im Labor genauer an. Das Team wollte wissen: Bringen die genetischen Veränderungen Vor- oder Nachteile für das Virus mit sich? Haben sie zum Beispiel Einfluss auf die Vermehrungsfähigkeit oder die Infektiosität?

    „Während sich sieben der untersuchten Mutationen genauso verhielten wie der Wildtyp, haben wir bei einer Mutante Unterschiede feststellen können“, berichtet Toni Meister. Diese Mutation betrifft das Capsidprotein, welches für die Verpackung der Viruspartikel essenziell ist. „Die Viren mit dieser Mutation werden falsch zusammengesetzt, sind vermutlich kleiner als das Wildtypvirus, und das Capsidprotein reichert sich nicht in der Zelle an“, beschreibt Daniel Todt. Diese Partikel sind nicht infektiös, werden aber von Antikörpern des Immunsystems korrekt erkannt und gebunden. „Hierin könnte ein Vorteil für das Virus liegen, wenn diese defekten Viren die Antikörper praktisch abfangen, sodass nicht mehr genug vorhanden sind für korrekt zusammengesetzte, infektiöse Viruspartikel“, mutmaßt Eike Steinmann.

    Hepatitis E

    Das Hepatitis E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forschende sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.

    Förderung

    Die Arbeiten wurden gefördert durch das Deutsche Zentrum für Infektionskrankheiten (Förderkennzeichen TTU 01.808_00, TTU 05.823), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Förderkennzeichen SU1030-2-1, FOR 2848, EXC 2033, 390677874 RESOLV, 448974291, 398066876/GRK 2485/1) in Verbindung mit dem Land Nordrhein-Westfalen (Förderkennzeichen INST 213/840-1 FUGG), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt VirBio, Förderkennzeichen: 01KI2106), die ANRS-Maladies infectieuses émergentes, das Institut Pasteur de Lille, Région Hauts-de-France, Inserm-transfert sowie das Bundesgesundheitsministerium (Förderkennzeichen: ZMVI1-2518FSB705).


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Toni Luise Meister
    Abteilung Molekulare und Medizinische Virologie
    Medizinische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 26465
    E-Mail: toni.meister@rub.de

    Dr. Daniel Todt
    Abteilung für Medizinische und Molekulare Virologie
    Medizinische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 22463
    E-Mail: daniel.todt@rub.de

    Prof. Dr. Eike Steinmann
    Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie
    Medizinische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 28189
    E-Mail: eike.steinmann@rub.de


    Originalpublikation:

    Toni Luise Meister et al.: A ribavirin-induced ORF2 single nucleotide variant produces defective hepatitis E virus particles with immune decoy function, in: PNAS, 2022, DOI: 10.1073/pnas.2202653119, https://www.pnas.org/doi/abs/10.1073/pnas.2202653119?af=R


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).