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Innerhalb Europas bildet der Flächentarifvertrag nach wie vor die wichtigste Tarifvertragsform. Zu diesem Ergebnis gelangt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung in einer aktuellen Untersuchung zu den Tarifvertragssystemen in Europa, die als Schwerpunkthema in dem neuen WSI-Tarifhandbuch 2004 veröffentlich wurde.
Nach Angaben der WSI-Studie verfügen 12 von 15 Staaten der alten Europäischen Union (EU) über ein ausgeprägtes Flächentarifvertragssystem. In 9 Ländern dominiert ähnlich
wie in Deutschland der branchenbezogene Flächentarifvertrag. In 3 Ländern werden sogar noch regelmäßig Tarifverträge auf einer nationalen, branchenübergreifenden Ebene abgeschlossen. Während in Frankreich zahlreiche sektorale Flächentarifverträge und betriebliche Haustarifverträge nebeneinander existieren, ist Großbritannien das einzige Land in der alten EU, in dem Tarifvereinbarungen fast ausschließlich auf Unternehmensebene abgeschlossen werden.
Anders sieht die Situation hingegen in den 10 neuen EU-Staaten aus. In den meisten Ländern Mittel- und Osteuropas spielen Flächentarifverträge bislang nur eine untergeordnete Rolle. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet hierbei Slowenien, das über ein stark zentralisiertes, branchenübergreifendes Flächentarifvertragssystem verfügt. Darüber hinaus sind noch in der Slowakei und in Zypern branchenbezogene Flächentarifvertragsstrukturen relativ ausgeprägt. In allen übrigen neuen EU-Ländern finden Tarifverhandlungen - wenn überhaupt - fast ausschließlich auf Betriebsebene statt.
Insgesamt besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Struktur des Tarifvertragssystems und der Tarifbindung. Während in Ländern mit Flächentarifverträgen zumeist deutlich mehr als 80% aller Beschäftigten durch tarifvertragliche Regelungen erfasst werden, muss
in Ländern mit betrieblichen Tarifsystemen eine Mehrheit der Beschäftigten ohne jegliche tarifvertragliche Absicherung auskommen.
Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der ökonomischen Leistungsfähigkeit eines Landes und der Struktur des Tarifvertragssystems kann hingegen nicht festgestellt wer-
den. Allerdings sind die Lohnunterschiede zwischen den Beschäftigtengruppen in Ländern mit Flächentarifverträgen deutlich weniger ausgeprägt. So gesehen bildet der Flächentarif-vertrag nach wie vor einen wichtigen Eckpfeiler des Europäischen Sozialmodells.
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/320_30457.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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