idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.08.2022 16:00

Beeinflussten Flüsse die Entwicklung der Sumatra-Kaskadenfrösche?

Florian Steinkröger Presse und Kommunikation
Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels

    Ist die geografische Geschichte des Sundalandes eng mit der Evolution der Sumatra-Kaskadenfrösche verknüpft? Diese Frage untersuchte ein internationales Team um Herpetologin Umilaela Arifin des LIB in ihrer neusten Studie, die im Fachmagazin „Nature Scientific Report“ erschienen ist. Sie vermuten, dass sich diese Frösche bereits ausbreiteten, bevor sich die Formation der Wassereinzugsgebiete im Pleistozän – also der Erdgeschichte vor etwa 2,5 Millionen bis vor 11.650 Jahren – gebildet hat. Diese Erkenntnisse stellen vorherige Annahmen der Fachwelt in Frage.

    Flüsse gelten als natürliche Barrieren, die die Verteilung von Arten auf bestimmte Landmassen stark beeinflussen. Das Sundaland – eine geografische Region in Südosten Asiens, die unter anderem die Inseln Java, Borneo sowie Sumatra umfasst – gilt in der Fachwelt als Hotspot der Biodiversität. Bislang argumentierten Forschende, dass die dortige Flusslandschaft einer der wichtigsten Faktoren dafür war, wie sich die Arten auf den genannten Inseln voneinander genetisch abspalteten. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie von einem internationalen Team um Dr. Umilaela Arifin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Museum der Natur Hamburg des Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), stellen diese Hypothese jedoch auf die Probe.

    Anhand zweier Gattungen der Sumatra-Kaskadenfrösche, Sumaterana und Wijayarana, haben die Forschenden deren Evolutionsgeschichte zurückverfolgt: „Wir suchten uns diese Gattungen, die wir in früheren Studien beschrieben haben, aus, weil ihre Kaulquappen in hohem Maße auf die Lebensräume von Wasserläufen angewiesen sind. Das zeigt der Besitz eines großen Saugnapfes an ihrem Bauch. Mit dieser sogenannten Gastromyzophorie haben sich die Frösche an die nasse Umgebung angepasst“, sagt Umilaela Arifin. Sie und ihr Team finden bei dieser Entwicklung keinen Zusammenhang zwischen den Ausbreitungsmustern und der geografischen Ausbildung der Flusssysteme: „Unsere zeitlich kalibrierten Phylogenien und biogeografischen Modelle legen nahe, dass die Arten Sumaterana und Wijayarana die Insel Sumatra vor etwa 25,1 beziehungsweise 27,7 Millionen Jahren vom asiatischen Festland aus besiedelt haben. Überraschenderweise ist dies viel früher als die Entstehung des Entwässerungssystems, das sich während des Pleistozäns bildete“, fasst Arifin zusammen.

    Amphibien durchlaufen biphasische Lebenszyklen – das bedeutet, dass sie sich nach Ansicht von Arifin auf zwei Arten über Sundaland ausgebreitet haben: über den Fluss, als sie Larven waren, und über den Landweg, als sie erwachsen wurden. In der Konsequenz bedeute dies, dass sich die raum-zeitliche Entwicklung der beiden Gattungen viel komplexer gestalte als zuvor von der Fachwelt angenommen: In früheren Studien wurden Taxa von Fischen und Schlammnattern verwendet, die in Bezug auf ihre Ausbreitungswege stärker eingeschränkt sind. Den Ergebnissen der aktuellen Studie zufolge, scheint sich die Diversifizierung von Sumaterana und Wijayarana geografisch weitgehend entlang der Ausrichtung des Bukit-Barisan-Gebirgszugs zu orientieren. Dieser Gebirgszug zieht sich ohne Unterbrechung vom Norden bis in den äußersten Süden Sumatras.

    Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Sumaterana und Wijayarana ab dem späten Miozän (vor 3 bis 5,3 Millionen Jahren) oder dem frühen Pliozän (vor 5,3 bis 2,6 Millionen Jahren) eine rasche evolutionäre Auseinanderentwicklung erlebten, die in erster Linie durch die episodische Abkühlung und Erwärmung des Klimas und das daraus resultierende zyklische Absinken des Meeresspiegels während dieses Zeitraums bedingt war.

    Diese Arbeit sei die erste, die moderne biogeografische Ansätze nutze, um die Evolution dieser Sumatra- Kaskadenfrösche mit gastromyzophoren – also mit Bauchsaugnapf ausgestatteten – Kaulquappen aufzuklären, erklärt Arifin: „Unsere Befunde zeigen, dass die Schaffung einer stabilen Taxonomie für die Sumatra-Kaskadenfrösche mit gastromyzophoren Kaulquappen in Verbindung mit einer umfangreichen Dokumentation ihrer geografischen Verbreitung wichtige Schritte zum besseren Verständnis der Diversifizierungsmuster und -prozesse in den hyperdiversen tropischen Regenwäldern des Sundalandes darstellen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Umilaela Arifin
    Marie Curie-Forscherin, Zentrum für Taxonomie und Morphologie
    Museum für Naturkunde Hamburg
    Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
    +49 40 238317-647
    u.arifin@leibniz-lib.de
    https://umilaelaarifin.wixsite.com/homepage


    Originalpublikation:

    Arifin, U., Smart, U., Husemann, M. et al. Phylogeographic inference of Sumatran ranids bearing gastromyzophorous tadpoles with regard to the Pleistocene drainage systems of Sundaland. Sci Rep 12, 12013 (2022). https://doi.org/10.1038/s41598-022-14722-9


    Bilder

    Die von den Forschenden untersuchte Gattung der Sumatra- Kaskadenfrösche Wijayarana.
    Die von den Forschenden untersuchte Gattung der Sumatra- Kaskadenfrösche Wijayarana.

    © LIB, Arifin

    Die von den Forschenden untersuchte Gattung der Sumatra- Kaskadenfrösche Sumaterana.
    Die von den Forschenden untersuchte Gattung der Sumatra- Kaskadenfrösche Sumaterana.

    © LIB, Arifin


    Anhang
    attachment icon PDF: Beeinflussten Flüsse die Entwicklung der Sumatra-Kaskadenfrösche?

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Wissenschaftler
    Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).