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Wissenschaft
Jährlich vergibt die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) Promotions- und Early-Career-Preise an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die einen herausragenden Beitrag auf dem Gebiet der Immunologie geleistet haben. Die Preisverleihung fand am 07. September 2022 während der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie in Hannover statt.
Otto-Westphal-Promotionspreis, Dotierung: 1.500 €
Dr. Sebastian Baasch
Dr. Sebastian Baasch erhält den Otto-Westphal-Promotionspreis 2022 für seine herausragende Arbeit zur Erforschung der Rolle von Makrophagen bei Infektionen mit dem Zytomegalievirus. Er konnte Makrophagen als primäres Ziel einer Zytomegalievirus-Infektion identifizieren. Zudem beschrieb er eine unerwartete Umprogrammierung infizierter Makrophagen, in Folge derer diese zur Produktion und Verbreitung des Virus in der Lunge beitragen. Die im renommierten Fachjournal Cell publizierten Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis der Wirt-Pathogen-Beziehung bei und könnten langfristig neue Therapien ermöglichen.
Das Zytomegalievirus (auch Cytomegalievirus, CMV) gehört zu den Herpesviren. Ähnlich wie die Erreger der Herpesbläschen verbleibt es nach einer Erstinfektion im Körper des Betroffenen und kann reaktiviert werden. Es wird vermutet, dass etwa 50 Prozent der europäischen Bevölkerung mit CMV infiziert sind. Für die meisten Menschen ist eine Infektion harmlos und läuft unbemerkt ab. Schwere Krankheitsverläufe gibt es vor allem bei Menschen mit einer Immunabwehrschwäche, z.B. wenn eine HIV-Infektion, ein Tumorleiden oder eine Organtransplantation vorliegt. Hier kann das Virus verschiedene Organe befallen und zu Schäden an Lunge, Augen und inneren Organe wie Darm oder Leber führen. Gefährlich ist eine Infektion außerdem während der Schwangerschaft, denn sie kann auf das ungeborene Kind übergehen und zu Schäden führen.
Sebastian Baasch konnte zeigen, dass die Viren direkt die Fresszellen der Lunge, sogenannte Alveolarmakrophagen, angreifen und manipulieren. Makrophagen bilden normalerweise ein dichtes Netz, um potenzielle Eintrittsstellen gegen Krankheitserreger zu schützen. Dabei sind die Phagozytose (Aufnahme und Zerstörung von z.B. Krankheitserregern) und die Ausschüttung von Zytokinen (Botenstoffe des Immunsystems, die z.B. bestimmte Abwehrzellen aktivieren können) die wichtigsten Funktionen zur Abwehr. Durch die Manipulation des CMV verlieren die Makrophagen die Fähigkeit für diese so wichtigen Abwehrfunktionen und können, auch mit molekularen Methoden, kaum noch als Makrophagen identifiziert werden. Die so umprogrammierten Makrophagen beginnen zudem selbst mit der Produktion von Viren und tragen durch eine veränderte Mobilität zur Verbreitung der Viren in der Lunge bei. Die Entschlüsselung, der an diesem Prozess beteiligten Signalwege, liefert wichtige Ansatzpunkte für neue Therapien, die Menschen mit einem besonders hohen Risiko für schwere Krankheitsverläufe zu Gute kommen könnten.
Nach seinem Studium der Veterinärmedizin an der Universität Leipzig fertigte Sebastian Baasch seine Promotion im Labor von Prof. Philipp Henneke am Centrum für Chronische Immundefizienz (CCI) des Universitätsklinikums Freiburg unter akademischer Beteiligung von Prof. Gottfried Alber (Institut für Immunologie der Universität Leipzig) an. Zurzeit führt er seine Forschungsarbeiten als Postdoktorand im Labor von Prof. Philipp Henneke fort.
Der mit 1.500 € dotierte Otto-Westphal-Promotionspreis wird für die beste, im deutschsprachigen Raum durchgeführte Dissertation auf dem Gebiet der Immunologie vergeben, die im jeweils zurückliegenden Kalenderjahr erfolgreich mit der Verleihung des akademischen Titels abgeschlossen wurde. Namensgeber des Preises ist Prof. Otto Westphal (1913-2004), Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie in Freiburg sowie Gründungsmitglied und langjähriger Präsident (1967-1976) der Deutschen Gesellschaft für Immunologie e.V.
Mit freundlicher Unterstützung der Biotest AG.
Fritz-und-Ursula-Melchers-Postdoktorandenpreis, Dotierung: 1.500 €
Dr. Tim Rollenske
Dr. Tim Rollenske erhält den Fritz-und-Ursula-Melchers-Preis 2022 für seine Forschung zur Rolle von Antikörpern der Darmschleimhaut in der wechselseitigen Beziehung zwischen Wirt und Mikroorganismen. Er konnte im Labor von Prof. Dr. Andrew Macpherson zeigen, wie sekretorische IgA-Antikörper Darmmikroben unter Kontrolle halten. Die Erkenntnisse könnten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von besseren Impfstoffen leisten und wurden hochrangig im Journal Nature publiziert.
Wir leben mit einer enormen Anzahl von Mikroben auf unseren Körperoberflächen, die in ihrer Gesamtheit als Mikrobiota bezeichnet werden. Allein im Darm können normalerweise 500 bis 1000 verschiedene Bakterienarten nachgewiesen werden. Diese Darmflora unterstützt unsere Verdauung, schützt uns aber ebenfalls vor Infektionen. Im Gegensatz zu Krankheitserregern wird die Mikrobiota des Darms vom Immunsystem toleriert. Dabei spielen vor allem von den Schleimhäuten abgesonderte, sogenannte sekretorische Antikörper der Klasse A (sIgA) eine wichtige Rolle. Antikörper, auch Immunglobuline (Abk. Ig) genannt, sind Proteine, die bestimmte Strukturen (sog. Antigene) nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip erkennen und uns vor Krankheitserregern schützen. IgA Antikörper machen den Großteil menschlicher Immunglobuline aus. Erstaunlich ist, dass der Großteil von IgA-Antikörpern gegen gutartige Bakterien unserer Darmflora gerichtet ist. Dadurch scheint eine gesundheitsschädliche Auswirkung dieser Bakterien verhindert zu werden. Wie IgA-Antikörper unsere Darmflora genau im Zaum halten, war bisher jedoch unklar.
Tim Rollenske gelang es nun erstmals, eine wesentliche Hürde in der Erforschung von IgA-Antikörpern zu überwinden. Er konnte eine ausreichende Menge an unterschiedlichen IgA-Antikörpern herstellen, die sich gegen einen bestimmten Subtyp von Escherichia coli-Bakterien, einem typischen Darm-Bakterium, richten. Die erzeugten Antikörper hatten unterschiedliche Auswirkungen auf die Bakterien, je nachdem gegen welche Struktur des Bakteriums sie gerichtet waren. Das Immunsystem kann somit gutartige Darmbakterien auf unterschiedliche Weise regulieren, z.B. indem es die Beweglichkeit der Bakterien einschränkt oder die Aufnahme von Zuckermolekülen für den Bakterienstoffwechsel behindert. IgA-Antikörper können somit zur Feinjustierung des Gleichgewichts zwischen Körper und den Mikrobiota des Darms beitragen.
Die Ergebnisse sind ebenfalls für die Impfstoffentwicklung von großer Relevanz, denn nur wenn man versteht, wie und wo Antikörper Mikroorganismen im Darm erkennen, können auch Impfstoffe gegen Krankheitserreger gezielter entwickelt werden.
Tim Rollenske studierte Molekulare Biologie an der Universität Wien. Für seine Promotion im Labor von Prof. Dr. Hedda Wardemann am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin und am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg wurde er 2020 mit dem PEG-Promotionspreis der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie ausgezeichnet. Nach der erfolgreichen Bewerbung für ein EMBO-Postdoc-Stipendium arbeitet er im Labor von Prof. Dr. Andrew Macpherson an der Universität Bern.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) vergibt einmal jährlich den Fritz-und-Ursula-Melchers-Preis an eines ihrer Mitglieder. Der mit 1.500 € dotierte Preis wird an bis zu 35 Jahre alte PostdoktorandInnen für ihre bisher geleisteten Arbeiten auf dem Gebiet der Immunologie verliehen. Ein Teil der Arbeiten (Dissertation oder Postdoc) muss im deutschsprachigen Raum angefertigt worden sein.
Stifter und Namensgeber des Preises sind Fritz und Ursula Melchers. Fritz Melchers war langjähriger Direktor des „Basel Institute for Immunology“ und ist Gründungs- und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Immunologie e.V. Herausragend sind Prof. Melchers Forschungsarbeiten, die entscheidend zu unserem Verständnis der Reifung Antikörper-produzierender B-Lymphozyten beigetragen haben.
Herbert-Fischer-Preis für Neuroimmunologie, Dotierung: 1.500 €
David Schafflick
Der Herbert-Fischer-Preis für Neuroimmunologie 2022 geht an David Schafflick. Seine wertvolle Arbeit befasst sich mit der zellulären Zusammensetzung und dem Transkriptionsprofil gewebeansässiger Leukozyten im zentralen Nervensystem (ZNS) sowie umgebenden Kompartimenten, unter Homöostase (gesunder Zustand) und Neuroinflammation (Entzündung von Nervengewebe). Die Ergebnisse der Untersuchungen könnten zudem neue therapeutische Angriffspunkte für entzündliche Erkrankungen des Gehirns bieten.
Das Immunsystem schützt den Körper vor Krankheitserregern, es kann allerdings auch einen negativen Einfluss haben und ungewollten Entzündungen hervorrufen. Das Gehirn und die umgebenden Gewebe werden durch das Immunsystem ebenfalls vor Krankheitserregern, wie z.B. Viren, geschützt. Es gibt allerdings Erkrankungen, wie Multiple Sklerose, Alzheimer und Schlaganfall, in denen das Immunsystem ungewollt Schaden am zentralen Nervensystem anrichtet. Um so etwas zu vermeiden, muss das Immunsystem stark kontrolliert werden und die einzelnen Immunzellen müssen richtig zusammenarbeiten.
Aber woher weiß das Immunsystem überhaupt, wann das Gehirn die Hilfe von Immunzellen benötigt? Das zentrale Nervensystem wird von den Hirnhäuten und einer klaren Körperflüssigkeit (dem Liquor), die in den Hohlräumen des ZNS zirkuliert, umhüllt. Neuere Erkenntnisse legen nahe, dass diese Grenzgewebe des ZNS komplexe immunologische Funktionen haben und das Gehirn bei der Bekämpfung von Krankheitserregern unterstützen.
Um herauszufinden, ob dies wirklich der Fall ist, hat David Schafflick zuerst systematisch untersucht, ob und welche Immunzellen im gesunden Zustand in den Grenzgeweben des ZNS zu finden sind. Die Untersuchungen wurden zunächst mit Gewebe von Mäusen durchgeführt, da von gesundem menschlichem Hirngewebe keine ausreichenden Mengen verfügbar sind, um statistisch aussagekräftige Resultate zu erhalten. David Schafflick konnte feststellen, dass Leukozyten (z.B. natürliche Killerzellen, Makrophagen, Granulozyten sowie B- und T-Zellen) je nach Grenzgewebe in unterschiedlichen und spezifischen Zusammensetzungen vorkommen. Dabei sind in Zellen des gleichen Typs, je nach Gewebe, unterschiedliche Gene aktiv. Dies legt den Schluss nahe, dass die Zellen in den Geweben unterschiedliche Funktionen übernehmen.
David Schafflick konnte zudem in der äußeren Hirnhautschicht (Dura mater; kurz Dura) eine, im Vergleich zu den anderen Geweben, große Menge an B-Zellen nachweisen. B-Zellen produzieren Antikörper, die Krankheitserreger bekämpfen, und sind an Entzündungsreaktionen beteiligt. Sie patrouillieren normalerweise im Blutkreislauf, halten sich in der Dura jedoch auch im Gewebe auf. Erste Untersuchungen zeigten, dass Entzündungen im angrenzenden Gehirn zu einer Veränderung der Zusammensetzung der Immunzellen in der Dura führen und dass diese ihre Funktion verändern. Somit wird vermutet, dass die Zellen einen Einfluss auf die Immunreaktion im Gehirn haben. Welche Funktionen die Zellen dabei erfüllen und welche Mechanismen dafür zuständig sind, bleibt allerdings Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Überraschend war ebenfalls die Entdeckung von B-Vorläuferzellen, also noch nicht vollständig ausgebildeten B-Zellen, in der Dura. Die Entwicklung dieser Vorläuferzellen zu funktionstüchtigen Immunzellen findet normalerweise ausschließlich im Knochenmark statt. Dort entwickeln sie sich aus Stammzellen und wandern dann als voll entwickelte B-Zellen über das Blut dorthin, wo sie im Körper benötigt werden. Es konnte allerdings nachgewiesen werden, dass im Falle der Vorläuferzellen in der Dura diese nicht über das Blut einwandern. Daher wird vermutet, dass die Zellen aus dem Knochenmark des angrenzenden Schädelknochens auf direktem Weg in die Dura gelangen. Dieser Mechanismus scheint für B-Zellen spezifisch zu sein, denn Vorläuferzellen anderer Immunzellen konnten nicht nachgewiesen werden. Ob sich die B-Zell-Vorläufer in der Dura spezialisieren und diese anschließend wieder verlassen oder ob ein Teil der sich voll entwickelten B-Zellen anschließend in der Dura verweilt, müssen weitere Untersuchungen zeigen.
Das Vorhandensein von B-Zellen konnte übrigens genauso in menschlichem Hirngewebe nachgewiesen werden. Die Entdeckung der vollen Bandbreite an Immunzellen in den angrenzenden Geweben sowie einer B-Zell-Nische in der Dura mater, in der die Entwicklung und Reifung von B-Zellen stattfindet, könnte in Zukunft neue Wege zum Verständnis der Pathomechanismen und des Einflusses von B-Zellen bei neurologischen Erkrankungen eröffnen. Dadurch könnten sich neue therapeutische Angriffspunkte für entzündliche Erkrankungen des Gehirns ergeben.
David Schafflick studierte Biotechnologie an der Technischen Universität Braunschweig und promoviert am Institut für Translationale Neurologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Labor von Prof. Dr. Gerd Meyer zu Hörste.
Der mit 1.500 € dotierte Herbert-Fischer-Preis für Neuroimmunologie wird jährlich an DoktorandInnen und Junior-PostdoktorandInnen für im deutschsprachigen Raum durchgeführte Arbeiten auf dem Gebiet der Neuroimmunologie verliehen. Der Preis erinnert an den ehemaligen Direktor (1961-1981) des Max-Planck-Institutes für Immunbiologie. Herbert Fischer war ein Pionier auf dem Gebiet der Systemimmunologie. Er erkannte die Bedeutung des zellulären Milieus für die Immunantwort. Sein Interesse galt besonders dem Zusammenspiel zwischen Lymphozyten mit Makrophagen, welches er durch innovative Methoden wie Chemilumineszenz und Mikrokinematographie beleuchtete.
Stifter des Preises ist die Rosa Laura und Hartmut Wekerle Stiftung.
Werner-Müller-Preis, Dotierung: 2.000 €
Dr. Anne Kathrin Lößlein und Dr. Alexandra Ehrens
Der Werner-Müller Preis geht 2022 an zwei herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen. Dr. Anne Kathrin Lößlein erhält den Preis für ihre hervorragende Arbeit zur Erforschung der angeborenen Immunantwort bei der Abwehr von Mykobakterien, die Tuberkulose hervorrufen können. Dr. Alexandra Ehrens wird mit dem Preis für ihre Arbeit zur Erforschung eines neuartigen Mechanismus eosinophiler Granulozyten bei der Abwehr von Filarien gewürdigt. Diese können beim Menschen u. a. die Flussblindheit oder Elefantiasis erzeugen.
Dr. Anne Kathrin Lößlein
Die Tuberkulose ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Jährlich erkranken weltweit geschätzt über zehn Millionen Menschen neu und mehr als eine Million Menschen sterben daran, vor allem in Entwicklungsländern. Die Tuberkulose wird durch Mykobakterien ausgelöst. Die Erreger befallen überwiegend die Lunge, können jedoch auch fast jedes andere Organ betreffen und schwere Erkrankungen auslösen. Zudem kommt erschwerend hinzu, dass die antibiotische Behandlung der Tuberkulose langwierig ist und Resistenzentwicklungen gegen Antibiotika den Einsatz von Reservesubstanzen erforderlich machen können.
Mykobakterien können im Gewebe eine granulomatöse Entzündung hervorrufen. Bei Granulomen handelt es sich um komplexe Immunzellstrukturen, die hauptsächlich aus Makrophagen, den Fresszellen des Immunsystems, bestehen. Ein Hauptakteur im Granulom stellt dabei die mehrkernige Riesenzelle dar, ein spezialisierter Makrophage, der an der Eindämmung von Mykobakterien beteiligt ist und diese beherbergen kann. Bisher waren der Ursprung und die Bildung dieser spezialisierten Makrophagen nicht eindeutig geklärt. Anne Lößlein konnte gemeinsam mit ihren Kollegen Monozyten-Vorläuferzellen aus dem Knochenmark eine wichtige Rolle dabei zuordnen. Die Monozyten-Vorläufer müssen eine komplexe Umprogrammierung durchlaufen. Anne Lößlein konnte zeigen, dass der Cholesterin- und Lipidstoffwechsel hierfür eine wesentliche Voraussetzung darstellt. Sie nutzte zur Generierung dieser Ergebnisse ein weites Methodenspektrum. Ihre Entdeckungen tragen zum Verständnis der Pathogenese der Tuberkulose bei und bergen ein hohes Potential, zukünftig eine Anwendung in der Patientenversorgung zu finden. Das Vorhandensein von Monozyten-Vorläuferzellen im Blutkreislauf während einer aktiven Erkrankung könnte z. B. ein vielversprechender Biomarker für die Diagnosestellung sein. Darüber hinaus ist die Bedeutung des Lipid- und Cholesterinstoffwechsels für die Reprogrammierung von Makrophagen als Reaktion auf Mykobakterien eine denkbare Stellschraube für die Therapie dieser Infektionen. Die Ergebnisse wurden unter anderem im hochrangigen interdisziplinären Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.
Anne Lößlein studierte Humanmedizin an der Universität Freiburg und wurde von der Deutschen Studienstiftung gefördert. Sie führte ihre Promotion bei Prof. Dr. Philipp Henneke im Rahmen des von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung unterstützten Freiburger MOTI-VATE Promotionsprogramms für exzellente Medizinstudenten durch. 2021 wurde sie in das DFG-geförderte Clinician Scientist Programm IMM-PACT aufgenommen. Im Juli 2021 verteidigte sie ihre medizinische Promotion, die mit summa cum laude bewertet wurde.
Dr. Alexandra Ehrens
Parasitische Fadenwürmer (Filarien) können im Menschen schwerwiegende tropische Erkrankungen hervorrufen. So kann bei der lymphatischen Filariose (Elefantiasis) extremer Lymphstau in den Beinen auftreten, der namensgebend ist. Auch die Onchozerkose (Flussblindheit) wird durch Filarien verursacht. Sie kann zu Erblindung und schweren Dermatiden führen; 99% der infizierten Personen leben in sub-Sahara Afrika. Filiariosen zählen zu den häufigsten vernachlässigten tropischen Krankheiten. Zwar werden in betroffenen Ländern seit über 30 Jahren Massenbehandlungen durchgeführt, diese verhindern aber nur vorübergehend die Übertragung der Krankheiten, indem sie die Nachkommen der Filarien, die so genannten Mikrofilarien, nicht jedoch die erwachsenen Würmer, abtöten. Dies verzögert die von der WHO geplante Eliminierung dieser Krankheiten. Um die Eliminierung der Filariosen zu beschleunigen, werden Medikamente benötigt, die nicht nur die Mikrofilarien abtöten, sondern zusätzlich die erwachsenen Würmer. Alexandra Ehrens unterstützte essentiell präklinische Studien, die zur Identifizierung neuer Wirkstoffe gegen Filarienerkrankungen führten. Zwei dieser Kandidaten werden derzeit in Onchozerkosepatienten getestet. Da diese Wirkstoffe gegen die erwachsenen Filarien gerichtet sind und nur eine kurze Behandlungsdauer erfordern, könnten sie die Programme zur Eliminierung der Filariose erheblich erleichtern.
Neben diesen Ansätzen hat sich Alexandra Ehrens mit der gegen Filarien gerichteten Immunantwort beschäftigt, um neue und verbesserte Behandlungsstrategien zu identifizieren. Ihr Fokus lag hierbei auf eosinophilen Granulozyten, da diese Zellen des angeborenen Immunsystems bei Filarienerkrankungen stark vermehrt und wichtig für die Eliminierung der Filarien sind. Alexandra Ehrens konnte erstmals nachweisen, dass eosinophile Granulozyten als Reaktion auf Mikrofilarien explosionsartig DNA freisetzen und dadurch DNA-Netze um die Mikrofilarien bilden (sogenannte EETose). Dies führt im Nagetiermodell dazu, dass Mikrofilarien schneller aus dem peripheren Blut eliminiert werden. Mit dem Dectin-1 Rezeptor konnte Alexandra Ehrens den essentiellen Rezeptor für die Induktion der EETose identifizieren. Zudem zeigte sie, dass es sich um einen konservierten Mechanismus handeln muss, da Mikrofilarien verschiedener Filarienarten EETose induzieren. Die Ergebnisse wurden 2021 in den international hoch angesehenen Fachzeitschriften "Cell Reports" und "Frontiers in Immunology" veröffentlicht.
Nach dem englischsprachigen Bachelor-Studiengang Applied Biology und dem Master-Studiengang Biomedical Sciences an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hat Alexandra Ehrens im Labor von Prof. Dr. Marc Hübner am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie (IMMIP) des Universitätsklinikums Bonn ihre Promotionsarbeit angefertigt, mit Unterstützung eines Promotionsstipendiums der Jürgen-Manchot Stiftung. Alexandra Ehrens beendete 2020 ihre Promotion an der Universität Bonn mit Auszeichnung (summa cum laude). Seit Januar 2020 arbeitet sie am IMMIP als Postdoc und beschäftigt sich mit der Immunantwort gegen Filarien und der Identifizierung von Medikamenten dagegen.
Der Werner-Müller-Preis wird jährlich an junge PostdoktorandInnen für ihre Leistungen auf dem Gebiet der Immunologie verliehen, die für die Prävention, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten in Entwicklungsländern von Nutzen sein können. Der Preis ist benannt nach Werner Müller, einem Pionier, der an der Entwicklung der ersten Mausstämme, die humanisierte Antikörper produzieren, und unzähliger anderer transgener Mäuse, die auf der ganzen Welt eingesetzt werden, beteiligt war. Er ist Gründungsmitglied der IMGT-Datenbank und war bis zu seiner Emeritierung Inhaber des Bill-Ford-Lehrstuhls für Zelluläre Immunologie an der Universität von Manchester, UK.
Sponsor des mit 2.000 € dotierten Preises ist Trianni, Inc.
Georges-Köhler-Preis, Dotierung: 3.000 €
Dr. Maike Hofmann
Dr. Maike Hofmann erhält den Georges-Köhler-Preis 2022 für ihre bahnbrechenden Forschungsarbeiten zur virusspezifischen Immunantwort von CD8+ T-Zellen, die grundlegend zu einem besseren Verständnis der Immunbiologie bei viraler Hepatitis sowie bei SARS-CoV-2-Infektionen und der entsprechenden mRNA-Impfung beigetragen haben. Die Forschungsergebnisse haben eine direkte Auswirkung auf die Entwicklung und Anwendung von präventiven und therapeutischen immunologischen Maßnahmen in der Gesundheitsversorgung.
Unser Immunsystem hat die Fähigkeit, sich zu erinnern, und schützt uns so vor erneuten Infektionen mit bereits bekannten Erregern. Diese Fähigkeit spielt zudem eine wichtige Rolle in der Kontrolle von Tumoren und Metastasen. Die Eigenschaft des Immungedächtnisses wird auch bei Impfungen genutzt und ist damit essenziell für präventiv medizinische Maßnahmen. Maike Hofmanns Forschung konzentriert sich auf den Teil der Immunabwehr, der in der Lage ist, ein immunologisches Gedächtnis auszubilden, insbesondere die sogenannten CD8+ T-Zellen. Diese werden ebenfalls als Killerzellen bezeichnet, da sie mit Krankheitserregern befallene Zellen oder Krebszellen direkt und spezifisch angreifen und beseitigen können. Maike Hofmann forschte zuletzt an der zellulären Immunität bei COVID-19 und hat T-Zell-Antworten auf das Virus untersucht. Sie konnte nachweisen, dass sich bei einer natürlichen Infektion mit SARS-CoV-2, genauso wie nach einer Impfung, neben der Immunantwort aus Antikörpern auch eine zelluläre Immunantwort entwickelt. Dabei stellte sie interessanterweise fest, dass bei einer Impfung mit mRNA-Impfstoffen sehr früh eine Spike-Protein-spezifische T-Zell-Antwort erfolgt. Erst anschließend kommt es zur B-Zell-Antwort und der Entwicklung schützender Antikörper. Ihre Arbeit hat damit maßgeblich zum Verständnis der T- und B- Zell-Immunität nach der COVID-19-Impfung beigetragen. Frühere Arbeiten von Maike Hofmann haben bereits wichtige Beiträge zum Verständnis der Immunologie bei chronischen Virusinfektionen wie z.B. der chronischen Hepatitis-C-Virusinfektion geleistet. Besonders beeindruckend ist hier ihr wegweisendes Konzept zur Rolle der T-Zell-Reprogrammierung.
Dr. Maike Hofmann studierte an der Universität Freiburg Molekulare Medizin und promovierte bei Prof. Dr. Hanspeter Pircher am Institut für Immunologie über gewebeständige CD8+ Gedächtnis-T-Zellen. Aktuell ist sie Arbeitsgruppenleiterin in der Klinik für Innere Medizin II „Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie und Infektiologie“ (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Robert Thimme) am Universitätsklinikum Freiburg. Zusätzlich ist sie in mehreren Verbundprojekten und Sonderforschungsbereichen tätig und wird durch die Helmholtz-Gesellschaft, das BMBF und die DFG gefördert. Ihre wegweisenden Forschungsarbeiten wurden hochranging in Journalen wie Nature, Nature Immunology oder Immunity veröffentlicht. Darüber hinaus wurde sie in das hochkompetitive Margarete von Wrangell-Programm des Landes Baden-Württemberg aufgenommen und ihr wurde der renommierten Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft verliehen.
Der Georges-Köhler-Preis wird an promovierte WissenschaftlerInnen mit einem eigenständigen Profil vergeben, deren Arbeiten zum besseren Verständnis des Immunsystems herausragend beigetragen haben oder daraus resultierende Anwendungen geschaffen haben. Namensgeber des Preises ist Prof. Georges Jean Franz Köhler, der 1984 im Alter von 38 Jahren für die Entdeckung des Prinzips der Herstellung monoklonaler Antikörper den Nobelpreis erhielt. Von 1985 bis zu seinem Tod im Jahr 1995 war er Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg. Der Preis ist mit 3.000 € dotiert.
Mit freundlicher Unterstützung der Biotest AG.
Über die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI)
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI), gegründet 1967, vereint führende Naturwissenschaftler und Mediziner, um die Wirkmechanismen der körpereigenen Abwehr zu erforschen. Dadurch werden bedeutende Grundlagen für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten geschaffen. Durch nationale Schulungen (Akademie für Immunologie) und im Austausch mit internationalen Fachgesellschaften fördert die DGfI in besonderem Maße den wissenschaftlichen und klinischen Nachwuchs. Auch die Akzeptanz für immunologische Forschung in der breiten Bevölkerung zu erhöhen, ist der DGfI ein wichtiges Anliegen. Mit über 2.300 Mitgliedern ist die DGfI weltweit die viertgrößte nationale Fachgesellschaft für Immunologie. Weitere Informationen finden Sie auf www.dgfi.org.
Pressekontakt:
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Charitéplatz 1
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Ansprechpartner: Dr. Agnes Giniewski
E-Mail: giniewski@dgfi.org
Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.dgfi.org
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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