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20.09.2022 14:14

Chinas Kreditmeldesystem unter der Lupe

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Im internationalen Handel geht die Volksrepublik oft einen Sonderweg. Im Bereich der Kreditmeldesysteme hat dies nun ein Team der Uni Würzburg näher untersucht.

    Angebot und Nachfrage bestimmen unsere wirtschaftlichen Transaktionen. In der Theorie verfügen dabei alle Marktakteure über perfekte Informationen. In der Praxis sieht es jedoch etwas anders aus: Hier beruhen Transaktionen auf Vertrauen – und Informationen. Schließlich müssen die Akteurinnen und Akteure wissen, wie zuverlässig, solvent oder unabhängig die jeweiligen Transaktionspartner sind. Ein wesentliches Werkzeug hierfür sind Kreditmeldesysteme – das sogenannte Corporate Credit Reporting (CCR). Dieses hat nun ein Forschungsteam der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg und der Technischen Universität München bei einem wirtschaftlich besonders wichtigen Akteur untersucht: der Volksrepublik China.

    China verfügt mittlerweile über die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Seit dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik in den 1970er Jahren hat das Land internationale Praktiken studiert und übernommen, um eine „sozialistische Marktwirtschaft“ aufzubauen, ohne dabei die Macht des Staates einzuschränken. Entsprechend wurden nicht nur wirtschaftliche Institutionen nachgeahmt, sondern auch mit eigener Prägung entwickelt. Auch im CCR hat sich ein chinesischer Sonderweg etabliert, wie das Team der JMU in einer Studie in „Regulation and Governance“ darstellt. Dabei haben die Forschenden das CCR-System Chinas mit dem der USA und Deutschlands verglichen und analysiert.

    Vier zentrale Ergebnisse

    Das chinesische CCR-System zeigt viele Gemeinsamkeiten mit internationalen CCR-Systemen. Doch es bestehen einige Punkte, die nicht dem globalen Standard entsprechen, der in Deutschland und den USA die Regel ist. „Außerdem ergänzt das seit einigen Jahren im Aufbau befindliche Sozialkreditsystem für Unternehmen das chinesische CCR-System um einige China-spezifische Eigenschaften“, erklärt Doris Fischer, Lehrstuhlinhaberin für China Business and Economics an der JMU. Damit ist die Vergabe von Sozialpunkten des kommunistischen Staates für „wünschenswertes“ Verhalten gemeint.

    Vier zentrale Punkte konnten laut Fischer in der Studie identifiziert werden: Der Staat spielt hier eine deutlich stärkere Rolle als in anderen Systemen. Ebenso ist das CCR-System Chinas deutlich zentralisierter. Des Weiteren zeigt sich eine Ausweitung der Rechtsdurchsetzungsfunktion des CCR-Systems. Und in Sachen Transparenz zeigt sich ein umgekehrtes Verhältnis zwischen privaten und öffentlichen Akteuren im Bereich von CCR. Letzteres heißt, dass im chinesischen System die Transparenz der Informationsbereitstellung durch private Akteure deutlich höher ausfällt als bei staatlichen Akteuren. In Deutschland und den USA ist es umgekehrt der Fall, hier zeigt der Staat das Höchstmaß an Transparenz.

    Wissenschaftliches Neuland

    „Die systemische und ordnungspolitische Bedeutung der Kreditmeldesysteme wird in der Literatur bisher kaum berücksichtigt“, erklärt Fischer. Die Studie der JMU ist daher die erste Publikation, die einen systematischen Vergleich der CCR-Systeme zum Inhalt hat.

    Entsprechend trage die Studie laut Fischer nicht nur zur aktuellen Debatte über die Charakterisierung des chinesischen Regulierungssystems bei. „Sie bietet auch Einblicke in die chinesische Ausprägung des Corporate Credit Reporting, die für die internationale und damit auch die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung sind.“

    Forschungsprojekt „Vom ‚Vorreiter‘ lernen?“

    Die aktuelle Vergleichsstudie ist Teil des Forschungsprojekts „Vom ‚Vorreiter‘ lernen? Eine multidisziplinäre Analyse des chinesischen Sozialkreditsystems und seiner Auswirkungen auf Deutschland“. Gefördert wird das Projekt vom Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation. Die Projektmitglieder untersuchen aus verschiedenen Perspektiven, wie sich das Sozialkreditsystem auf Deutschland, deutsche Firmen vor Ort und internationale Global Governance Strukturen auswirkt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Doris Fischer, Lehrstuhl für China Business and Economics, Universität Würzburg, T +49 931 31-89101, doris.fischer@uni-wuerzburg.de


    Originalpublikation:

    Fischer et al: “China’s Corporate Credit Reporting System: A Comparison with the U.S. and Germany”, in: Regulation and Governance, 23. August 2022, doi: 10.1111/rego.12491


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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