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Patientinnen und Patienten mit Magenkrebs, deren Tumor eine erhöhte Aktivierung des so genannten MAPK-Signalwegs aufweist, könnten künftig von einer neuartigen Therapie mit zielgerichteten Wirkstoffen profitieren. Dies konnte ein internationales Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, des Spanish National Cancer Research Centre (CNIO), des Universitätsklinikums Düsseldorf und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) in Laborexperimenten zeigen.
Die Wirksamkeit der bislang nicht zur Behandlung von Magenkrebs eingesetzten Medikamente war an aus tierischen Zellen gewonnenen 3D-Zellmodellen mit klar definierten genetischen Eigenschaften ebenso nachweisbar wie an Modellen, die aus patienteneigenen Zellen gewonnen wurden.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Magenkrebs ist weltweit die fünfthäufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache. Da zunächst kaum Symptome auftreten, wird die Erkrankung oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Die Behandlung erfolgt bei lokal begrenztem Magenkrebs in der Regel mittels Operation und begleitender Chemotherapie, im Falle von Fernmetastasen mittels alleiniger medikamentöser Therapie. Zielgerichtete Therapien, die an bestimmten genetischen Veränderungen des Tumors ansetzen, sind aufgrund der großen Bandbreite an möglichen Veränderungen im Tumorerbgut bisher kaum im Einsatz.
Ein internationales Forscherteam konnte nun in Laborexperimenten zeigen, dass Magentumore mit einer Aktivierung des MAPK-Signalwegs besonders gut auf zielgerichtete Wirkstoffe aus der Klasse der HDAC-Inhibitoren ansprechen. Eine Behandlung mit diesen Medikamenten, die bislang nicht zur Behandlung von Magenkrebs eingesetzt werden, könnte künftig die Therapiemöglichkeiten für Patientinnen und Patienten verbessern, deren Tumoren eine Veränderung des MAPK-Signalwegs aufweisen.
Der MAPK (Mitogen-activated protein-Kinasen)-Signalweg ist einer der am häufigsten überaktivierten Signalwege bei Magenkrebs, was zu einer vermehrten Teilung der Tumorzellen führt. Prof. Daniel Stange, Oberarzt und Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (VTG) des Dresdner Uniklinikums, erläutert: „Der MAPK-Signalweg ist bei etwa 40 Prozent der Magenkrebspatienten dereguliert. Sollten die Ergebnisse der bisherigen translationalen Forschung sich in der Klinik bestätigen, könnten die aufgezeigten Wirkstoffe künftig zu einem erhöhten Therapieansprechen und einer verbesserten Kontrolle der Erkrankung im Vergleich zu bisherigen Standardtherapien führen.“
Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden, betont: „Krebs ist eine sehr individuelle Erkrankung. Deshalb sind Fortschritte in der personalisierten Onkologie so wichtig, bei der die Behandlung möglichst passgenau auf die biologischen Eigenschaften des jeweiligen Tumors zugeschnitten wird.“
Für ihre Untersuchung nutzten die Forschenden dreidimensionale Zellkultursysteme – so genannte Organoide – aus tierischen Magenzellen und patienteneigenen Tumorzellen. Um die Interpretation der Ergebnisse zu erleichtern, wiesen die tierischen Organoide klar definierte Mutationen auf und spiegelten Veränderungen in wichtigen Zell-Signalwegen wider, die für verschiedene Unterformen von Magenkrebs typisch sind (gemäß Cancer Genome Atlas). An diesen Zellmodellen testeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Wirkungsweise von 196 unterschiedlichen Substanzen.
Dabei zeigte ein Organoid-Modell, bei dem der MAPK-Signalweg durch eine gezielte Mutation im KRAS-Gen überaktiviert war, ein deutlich erhöhtes Ansprechen auf HDAC-Inhibitoren. Diese Medikamentengruppe kann die in Krebszellen häufige Fehlregulierung einer Enzymfamilie – der so genannten Histon-Deacetylasen (HDAC) – beeinflussen und so Tumorzellen in ihrem Wachstum beeinträchtigen.
Um zu überprüfen, ob diese Empfindlichkeit für HDAC-Inhibitoren auch auf menschliche Tumoren zutrifft, weiteten die Forschenden die Analyse auf 13 genetisch heterogenere Patienten-abgeleitete Organoide aus, die aus menschlichen Magenkrebszellen gezüchtet wurden. Sieben von ihnen wiesen eine Aktivierung des MAPK-Signalwegs auf. Sechs von sieben MAPK-aktivierten Organoiden reagierten empfindlich auf HDAC-Inhibitoren, während fünf von sechs Tumor-Organoiden ohne aktivierten MAPK-Signalweg eine weitgehende Resistenz gegenüber HDAC-Inhibitoren aufwiesen.
Zusätzlich zu der Empfindlichkeit gegenüber HDAC-Inhibitoren zeigten sowohl die tierischen wie auch patientenabgeleiteten Organoide mit überaktiviertem MAPK-Signalweg ein erhöhtes Ansprechen auf einen weiteren Wirkstoff – den MEK-Inhibitor Trametinib. Trametinib setzt direkt im MAPK-Signalweg an und hemmt eine für die Signalweitergabe wichtige Proteinkinase (MEK).
Prof. Jürgen Weitz, Direktor der Klinik für VTG-Chirurgie des Universitätsklinikums Dresden und Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des NCT/UCC, erklärt: „Für einen möglichen klinischen Einsatz erscheint eine kombinierte Therapie mit beiden Wirkstoffen besonders vielversprechend. Denn Kombinationstherapien sind weniger anfällig für Resistenzen. Außerdem lässt sich die Dosierung verschiedener Wirkstoffe in Kombinationstherapien im Vergleich zu Einzelsubstanztherapien häufig verringern, bei gleicher Wirksamkeit. Die Behandlung für den Patienten ist dann oft mit weniger Nebenwirkungen verbunden.“
Künftig wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Fragen zum Wirkmechanismus und zur Medikamentenauswahl im Labor klären. „Während die Wirkungsweise von Trametinib bei aktiviertem MAPK-Signalweg klar ist, ist der Zusammenhang zwischen der Aktivierung dieses Signalwegs und der erhöhten Wirksamkeit von HDAC-Inhibitoren bislang nicht ausreichend verstanden. Eines unserer nächsten Forschungsvorhaben wird darin bestehen, diesen Zusammenhang genauer aufzuklären“, sagt Dr. Therese Seidlitz, Co-Erstautorin und Wissenschaftlerin an der VTG-Klinik des Dresdner Uniklinikums. „Darüber hinaus wollen wir noch besser verstehen, wieso verschiedene HDAC-Wirkstoffe bei verschiedenen dieser Patienten-abgeleiteten Tumororganoide unterschiedlich erfolgreich zu sein scheinen. Wenn diese Fragen geklärt sind, könnten HDAC-Inhibitoren im Rahmen von klinischen Studien Patientinnen und Patienten zugutekommen“, ergänzt Co-Erstautor Tim Schmäche, ebenfalls Wissenschaftler an der VTG-Klinik des Dresdner Uniklinikums.
Veröffentlichung:
T. Seidlitz, T. Schmäche, F. Garcίa et al. Sensitivity towards HDAC inhibition is associated with RTK/MAPK pathway activation in gastric cancer. EMBO Mol Med (2022)e15705 https://doi.org/10.15252/emmm.202215705
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Bildunterschrift: Forschende analysieren die Struktur eines Organoids unter einem Licht- und Fluoreszenzmikroskop. © Uniklinikum Dresden/Kirsten Lassig
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Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das DKFZ ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 20 Kliniken und Polikliniken, vier Institute und zehn interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten.
Mit 1.295 Betten und 160 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 860 Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 1.860 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patienten, die an Krebs, an Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen.
Deutschlands größter Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin belegt deshalb Platz zwei im deutschlandweiten Ranking.
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
Die Hochschulmedizin Dresden, bestehend aus der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und dem gleichnamigen Universitätsklinikum, hat sich in der Forschung auf die Bereiche Onkologie, metabolische sowie neurologische und psychiatrische Erkrankungen spezialisiert. Bei diesen Schwerpunkten sind übergreifend die Themenkomplexe Degeneration und Regeneration, Imaging und Technologieentwicklung, Immunologie und Inflammation sowie Prävention und Versorgungsforschung von besonderem Interesse. Internationaler Austausch ist Voraussetzung für Spitzenforschung – die Hochschulmedizin Dresden lebt diesen Gedanken mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 73 Nationen sowie zahlreichen Kooperationen mit Forschern und Teams in aller Welt.
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.200 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 170 Doktoranden.
Forschende analysieren die Struktur eines Organoids unter einem Licht- und Fluoreszenzmikroskop.
Kirsten Lassig
Uniklinikum Dresden
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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