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Wissenschaft
Preis für Biochemische Analytik geht an Wissenschaftler für die Entwicklung des hochauflösenden Lipidprofils und für die Entdeckung der Ursachen bei der Entstehung von vakzin-induzierten Hirnvenenthrombosen
Mannheim, 12. Oktober 2022 – Den mit 50.000 Euro dotierten Preis für Biochemische Analytik erhalten in diesem Jahr der Biochemiker Prof. Dr. Kai Simons und der analytische Chemiker Prof. Dr. Andrej Shevchenko sowie der Transfusionsmediziner Prof. Dr. Andreas Greinacher.
Fette (Lipide) spielen im menschlichen Organismus eine große Rolle, sind jedoch bisher nur unzureichend erforscht. Zu den Lipiden zählen beispielsweise Cholesterol und seine Ester, Triglyceride, fettlösliche Vitamine, Hormone oder auch Wachse. Neben DNA und Proteinen stellen die Lipide eine eigene, bedeutende Substanzklasse dar. Die Gesamtheit aller Lipide, das Lipidom, umfasst dabei im Körper des Menschen über 100.000 verschiedene Lipide. Von diesen Molekülen konnten bereits über 2.000 mit dem menschlichen Gesundheitsstatus und Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Sie haben zum Beispiel eine wichtige Rolle in der Stoffwechselregulation: auf zellulärer Ebene bis hin zum Energiemanagement und der Kommunikation
Gemeinsam entwickelten Kai Simons und Andrej Shevchenko die weltweit-einzigartige quantitative Shotgun-Lipidomik-Plattform. Die auf hochauflösender Massenspektrometrie-basierende Methode ermöglicht dabei hochempfindliche und absolute-quantitative Analysen von Lipidmolekülen aus kleinen Mengen von Zellen, Geweben und Körperflüssigkeiten. Die Quantifizierung von teils mehreren tausend unterschiedlichen Lipidmolekülen erfolgt dabei zeitgleich aus einer Probe. Molekül für Molekül wird so, bis hin zu den einzelnen Fettsäurebausteinen der Lipide, aufgeschlüsselt und es entsteht eine molekulare Signatur des Lipidoms. Da die Shotgun-Lipidomik zudem für den Hochdurchsatz geeignet ist, kann die Methode für die molekulare Diagnostik angewendet werden, wo bereits wegweisende Beobachtungen zum Beispiel bei Stoffwechselstörungen erzielt wurden.
Prof. Dr. Andreas Greinacher fand mit seinem Forscherteam die Ursache für das „VITT-Syndrom – der Vakzine-induzierten immunogenen thrombotischen Thrombozytopenie (VITT)“ heraus, das nach Impfung mit Adenovirusvektor basierten COVID-19 Impfstoffen auftritt. Die Greifswalder Untersuchungen zeigen, dass ein Eiweiß von Blutplättchen, der Plättchenfaktor 4 (PF4), mit Bestandteilen des Impfstoffs interagiert. Das dadurch veränderte PF4 wird von Antikörper-bildenden Zellen des Immunsystems erkannt und diese Zellen beginnen dann, Antikörper gegen das körpereigene Eiweiß zu bilden. Diese Antikörper aktivieren Blutzellen. Die Folge: In einigen seltenen Fälle kam es zu Verklumpungen im Blut der Geimpften und löste eine Hirnvenenthrombose aus. Diese Gerinnungsaktivierung wird über einen spezifischen Rezeptor vermittelt, den Fcy Rezeptor IIA, der durch die Gabe von intravenösen Immunglobulinen, die in jedem Krankenhaus verfügbar sind, blockiert werden kann. Mit der Entdeckung des „VITT-Syndroms“, der Entwicklung eines Nachweisverfahrens, der Klärung des Mechanismus und Identifizierung wirksamer Medikamente für die Behandlung – innerhalb weniger Wochen – konnten schwere Komplikationsraten um mehr als 90 Prozent gesenkt werden.
Die Wissenschaftler präsentierten parallel zu dem Forschungsergebnis die medizinisch-positive Nachricht: Die Antikörper verschwinden innerhalb von wenigen Monaten. Die Betroffenen können gefahrlos ein zweites Mal geimpft werden, ohne dass die Antikörper wieder gebildet werden und diese eine gefährliche Hirnvenenthrombose fürchten müssen.
Das Forschungsergebnis ist insbesondere für Länder von Relevanz, die ausschließlich über den AstraZeneca-Impfstoff verfügen.
Prof. Harald Renz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin: „Wir sind glücklich, auch in diesem Jahr wieder drei weltweit herausragende Wissenschaftler ehren zu können, die die anspruchsvollen Vorgaben, die mit der Vergabe des Preises verbunden sind, absolut erfüllen. Ihr wissenschaftlicher Beitrag setzt Maßstäbe in der chemischen Analytik und hilft die Gesundheitsversorgung von Millionen von Menschen zu verbessern.“
Vorstand Vertrieb & Entwicklung der SARSTEDT AG&Co.KG , Rainer Schuster: „ SARSTEDT unterstützt seit vielen Jahren wissenschaftlich herausragende Leistungen mit dem Preis für Biomedizinische Analytik . Wir möchten damit als weltweit tätiges Unternehmen mit Produktenlösungen für Medizin und Wissenschaft erfolgreiche Forschungstätigkeit honorieren, deren Ergebnisse zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung und der medizinischen Diagnostik beitragen. Wir freuen uns sehr diesen Forschungspreis über 50.000 Euro fördern zu dürfen und möchten den diesjährigen Preisträgern für ihre außergewöhnliche Leistungen herzlich gratulieren
Das Preisgeld geht je zu Hälfte an Prof. Dr. med Andreas Greinacher sowie an Prof. Dr. Kai Simons und Dr. Andrej Shevchenko.
Über den Preis Biochemische Analytik
Der Preis Biochemische Analytik wird seit 1970 alle zwei Jahre für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der biochemischen und molekularen Analytik von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V. (DGKL) vergeben. Mit dem Preis werden methodische Fortschritte auf dem Gebiet der biochemischen und molekularen Analytik sowie wesentliche, neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die – unter Verwendung moderner analytischer Methoden – auf dem Gebiet biologischer Wissenschaften, insbesondere der klinischen Chemie und klinischen Biochemie, gewonnen werden, ausgezeichnet. Der Preis wird von der weltweit tätigen SARSTEDT-Gruppe gefördert.
Herausragende Persönlichkeiten wie Yuk-Ming Dennis Lo, Hong Kong SAR (2019), Nobelpreisträgerin Emmanuelle Charpentier, Berlin (2017), Björn Dahlbäck, Lund (2015) und Franz-Ulrich Hartl, Martinsried (2013) Nobelpreisträger Svante Päboo, Leipzig (2011) wurden bereits mit diesem Preis geehrt.
Pressekontakt:
Dr. Janine Dokas-Büdenbender DGKL e.V. Tel.: 030/39 40 54 16 E-Mail: dokas@dgkl.de
Prof. Dr. Andrey Shevchenko
privat
Prof. Dr. Andreas Greinacher
Manuela Janke
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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