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20.10.2022 09:59

Gedichte verarbeiten Kasachstans „Blutigen Januar“

Stefanie Orphal Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS)

    Nach der Niederschlagung der Proteste in Kasachstan im Januar 2022 erschienen in den sozialen Medien zahlreiche Gedichte, die die Geschehnisse thematisieren. Sie zeigen das allgemeine Fehlen von Information, den Schock und die Orientierungslosigkeit der Menschen, aber auch ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ein neuer ZOiS Report bringt eine kleine Auswahl dieser Gedichte erstmals in deutscher Übersetzung und legt dar, was wir aus ihnen erfahren können.

    Zu Beginn des Jahres 2022 brachen in der gesamten Republik Kasachstan Proteste aus. Nachdem die anfänglich friedlichen Demonstrationen von marodierenden Banden gekapert wurden und von den Sicherheitskräften nicht mehr kontrolliert werden konnten, erklärte Kasachstans Präsident Kasym-Dschomart Tokajew den Ausnahmezustand und bat die von Russland dominierte Militärallianz Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) um Hilfe. Innerhalb weniger Tage waren Ruhe und Ordnung wiederhergestellt, allerdings nicht ohne den Einsatz massiver Gewalt. Als die Internet- und Mobilfunkverbindungen, die während der Proteste in Kasachstan tagelang blockiert gewesen waren, wieder zu funktionieren begannen, veröffentlichten zahlreiche kasachstanische Autor*innen Gedichte, mit denen sie die Ereignisse des „Blutigen Januars“ verarbeiten. Die Slavistin Nina Frieß hat für einen aktuellen ZOiS Report eine Auswahl dieser Texte übersetzt und eingeordnet.

    Gedichte als Quelle

    „Viele Gedichte zeichnen ein lebendiges Bild dessen, was während der ersten Tage des Protests geschah. Sie zeigen das allgemeine Fehlen von Information, den Schock und die Orientierungslosigkeit der Menschen, aber auch ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft“, fasst Nina Frieß ihre Analyse zusammen. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Medien (hauptsächlich bedingt durch die Pandemie, aber auch wegen der politischen Zensur in Kasachstan) nur eingeschränkt über die Geschehnisse berichteten und noch keine Meinungsumfragen durchgeführt worden waren, wurden Gedichte zu einer ersten unzensierten Quelle, um zu verstehen, was die Ereignisse für die Menschen in Kasachstan bedeuteten.

    Zentrales Thema Internet-Sperre

    Eines der zentralen Themen der Gedichte ist der Internet-Lockdown. Kasachstanische Poet*innen zeigen, wie sehr das daraus resultierende Informations- und Kommunikationsdefizit die Menschen verunsicherte und ihr Selbstverständnis in Frage stellte. Zudem ließ die Blockade vielen von ihnen die generellen Einschränkungen der politischen Handlungsfähigkeit in Kasachstan auf drastische Weise bewusstwerden.

    Wunsch nach Veränderung

    Aus den Texten spricht auch der starke Wunsch nach politischer Veränderung. Damit sie sich vollziehen kann, muss es nach Ansicht vieler der Lyriker*innen zu einem tatsächlichen Führungswechsel kommen. Ex-Präsident Nasarbajew wird in einigen Texten harsch kritisiert; etwas bis dato in der ansonsten relativ freien Literaturszene Kasachstans ein absolutes Tabu war und für einen politischen Wandel spricht. Trotz des erkennbaren Verlangens nach einem Wandel in der Politik, formulieren die kasachstanischen Autor*innen in ihren Gedichten jedoch keine konkreten politischen Programme“, resümiert Nina Frieß.


    Originalpublikation:

    Nina Frieß: „Poesie und Protest. Der „blutige Januar“ in der zeitgenössischen Dichtung Kasachstans“, ZOiS Report 3/2022.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Politik, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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