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Wissenschaft
Forschende am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS), dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), dem Universitätsklinikum Heidelberg und der Universität Heidelberg haben eine neue Initiative ins Leben gerufen: INDICATE soll die Rolle des Humanen Leukozytenantigen-Systems als Risikofaktor bei genetisch bedingten Krebsarten genauer unter die Lupe nehmen.
Eine genetisch bedingte Veranlagung ist der wichtigste messbare Risikofaktor für die Entwicklung von Krebs bei jungen Menschen, und Betroffene bedürfen einer speziellen medizinischen Krebsvorsorge. Die am häufigsten auftretende erbliche Veranlagung ist das sogenannte Lynch-Syndrom, von dem ungefähr 400.000 Personen in Deutschland und 3,5 Millionen europaweit betroffen sind. Die Träger*innen haben ein signifikant höheres Risiko, bereits früh Tumoren im Darm und, bei Frauen, in der Gebärmutter zu entwickeln. Dabei variiert dieses Risiko jedoch sogar innerhalb einer Familie stark und liegt zwischen 30-80%.
„Eine präzisere Einschätzung des Krebsrisikos würde einen personalisierten Ansatz für die Prävention beim Lynch-Syndrom ermöglichen”, sagt Aysel Ahadova, Tumorbiologin und Projektkoordinatorin von INDICATE in Heidelberg. INDICATE-Projektleiter Matthias Kloor fügt hinzu: „Eine wesentliche Eigenschaft des Lynch-Tumors ist, dass er eine starke anti-tumorale Immunantwort hervorruft. Dabei fällt den Humanen Leukozytenantigen-Molekülen (HLA) eine Schlüsselrolle bei der Erkennung von Tumorzellen durch das Immunsystem zu.” Bereits in einer früheren Studie konnte ein Team von interdisziplinären Wissenschaftler*innen der Abteilung für Angewandte Tumorbiologie (ATB, Universitätsklinikum Heidelberg und DKFZ) und der Forschungsgruppe „Data Mining and Uncertainty Quantification“ (DMQ) am HITS zeigen, dass der HLA-Typ das Potenzial des Immunsystems beeinflussen kann, Krebszellen zu eliminieren. In einem zweiten Schritt soll nun untersucht werden, ob dieser Einfluss sich in dem individuellen Krebsrisiko von Träger*innen des Lynch-Syndroms widerspiegeln könnte.
„Die Verbindung bestimmter HLA-Typen mit der Anfälligkeit für Krankheiten, besonders Virusinfektionen, konnte bereits nachgewiesen werden. Beim Thema Krebs ist dieser Aspekt jedoch noch wenig erforscht. Das Lynch-Syndrom ist ideal, um dieser Frage zum ersten Mal systematisch auf den Grund zu gehen”, sagt DMQ-Gruppenleiter Vincent Heuveline. „Datenanalyse und mathematische Modellierung sind hierbei der Schlüssel zur Quantifizierung des Einflusses, den der HLA-Typ auf das Krebsrisiko hat”, erklärt Saskia Haupt, Mathematikerin und Koordinatorin der mathematischen Modellierung bei INDICATE.
Um die Rolle des HLA-Typs bei der Bestimmung des Krebsrisikos für Lynch-Syndrom-Träger*innen zu bestimmen, haben die Wissenschaftler*innen das internationale Forschungsprojekt INDICATE ins Leben gerufen, das zentral von Heidelberg aus koordiniert wird (INDICATE, Individual Cancer risk by HLA Type, indicate-lynch.org). Gemeinsam mit ihren Partnern am Universitätsklinikum Bonn sowie Fachzentren in Großbritannien, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Ungarn veröffentlichten sie einen Artikel in der Fachzeitschrift International Journal of Cancer, in dem sie das Projekt ankündigen und das Zusammenspiel zwischen dem HLA-System und der Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten beim Menschen beschreiben. Parallel dazu veröffentlichten sie einen Bericht in der Fachzeitschrift HLA über die Entwicklung einer aussagekräftigen Methode zum Nachweis spezifischer HLA-Allele in archivierten Gewebeproben, für die neben Proben in Archiven möglicherweise sogar historische Proben für HLA-Studien zugänglich gemacht würden. Das nächste Ziel für die Wissenschaftler*innen besteht nun darin, das HLA-abhängige Krebsrisiko beim Lynch-Syndrom genauer zu beleuchten und den Grundstein für zukünftige Projekte zu diesem Thema zu legen.
Über das Projekt
Das Pilotprojekt im Rahmen der Initiative wurde durchgeführt vom Team an der Abteilung für Angewandte Tumorbiology (ATB, Ärztlicher Direktor Magnus von Knebel Doeberitz), Aysel Ahadova und Johannes Witt, unter Leitung von Matthias Kloor, sowie Saskia Haupt von der HITS-Forschungsgruppe „Data Mining and Uncertainty“ unter Gruppenleiter Vincent Heuveline. Unterstützt wurden sie dabei von der Klaus Tschira Stiftung im Rahmen des interdisziplinären Projekts „Mathematics in Oncology“, das neue Synergien zwischen Mathematik und Medizin schaffen und das innovative Forschungsprofil von Heidelberg als Wissenschaftsstandort schärfen soll. Das Vorgängerprojekt wurde von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung, der Stiftung Deutsche Krebshilfe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Wilhelm Sander-Stiftung gefördert. Weitere internationale Finanzierungspartner sind: AsCaP Collaboration, Cancer Research UK Catalyst Award, CaPP3 Clinical Research Committee Late Phase Award, Finnish Medical Foundation, Emil Aaltonen Foundation, Finnish Cancer Society, Jane and Aatos Erkko Foundation, Hungarian National Research, Development and Innovation Office.
Aysel Ahadova, Projektkoordinatorin, Unversitätsklinikum Heidelberg http://indicate-lynch.org/indicate/whoweare/heidelberg/ayselahadova
Saskia Haupt, Koordinatorin der mathematischen Modellierung, Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) https://www.h-its.org/de/people/saskia-haupt/
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ijc.34312
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/tan.14846
https://www.h-its.org/de/2022/10/19/indicate/ HITS Pressemitteilung
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Informationstechnik, Mathematik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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