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Wissenschaft
Weltweit infizieren sich jährlich etwa 1,5 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV). Ein Forschungsteam unter wissenschaftlicher Leitung des Paul-Ehrlich-Instituts hat einen bisher unbekannten Weg zum Austritt von Hepatitis-B-Viruspartikeln aus Zellen identifiziert: Die Forschenden haben erstmals das Vorhandensein von intakten Viruspartikeln in Transportbläschen (Exosomen) sichtbar gemacht. Die Exosomen, kleine Bläschen (Vesikel) in Zellen, die an die Umgebung abgegeben werden, dienen hierbei als Transporter und möglicherweise als Schutzhülle. Über die Ergebnisse berichtet Cellular and Molecular Gastroenterology and Hepatology in seiner Online-Ausgabe vom 29.09.2022.
Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Sie wird durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht, das akute und chronische Hepatitis verursachen kann. Schätzungsweise rund 300 Millionen Menschen leiden weltweit an einer chronischen Hepatitis-B-Infektion, die mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, eine Leberzirrhose oder ein Leberzellkarzinom zu entwickeln. Jährlich sterben weltweit rund 900.000 Menschen an den Folgen einer HBV-Infektion. Serologische Nachweise zeigen sogar, dass bei schätzungsweise mehr als zwei Milliarden Menschen eine frühere oder aktuelle Infektion mit HBV besteht. HBV wird vor allem über Blut, aber auch über andere Körperflüssigkeiten wie Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma oder auch Vaginalsekret übertragen.
Obwohl sichere und wirksame Impfstoffe zugelassen sind, stellt HBV weiterhin ein großes Gesundheitsproblem dar, da in vielen Ländern mit einer hohen epidemischen Belastung keine wirksamen Impfstrategien verfolgt werden oder Impfstoff fehlt. Außerdem stellt die vollständige Heilung einer chronischen Infektion nach wie vor eine medizinische Herausforderung dar.
Neuer Transportweg des Hepatitis-B-Virus identifiziert
Viel ist inzwischen über den Lebenszyklus des HBV bekannt. Dennoch ist beispielsweise noch nicht vollständig aufgeklärt, welche Mechanismen es dem Virus ermöglichen, die Zelle, die es wie alle Viren zu seiner Vermehrung braucht, zu verlassen, um weitere Zellen infizieren. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass manche Viren in Exosomen zu finden sind. Die kleinen Bläschen werden von einer Zelle an die Umgebung abgegeben und dienen der zellulären Kommunikation und dem Transport von Molekülen.
Ein Forschungsteam des Paul-Ehrlich-Instituts unter Leitung von Prof. Eberhard Hildt, Leiter der Abteilung Virologie, ist der Frage nachgegangen, ob auch Hepatitis-B-Viren Exosomen als Transportmittel aus den Zellen nutzen. Bislang ist dies nicht bekannt.
Hierzu isolierte die Forschungsgruppe aus dem Zellkulturüberstand HBV-produzierender menschlicher Leberzellen Exosomen und fand sowohl typische exosomale Marker als auch Marker von Hepatitis-B-Viren. Diese exosomalen Fraktionen wurden von Fraktionen getrennt, die freie Virionen enthielten, um zu überprüfen, ob sich tatsächlich Hepatitis-B-Viren in den Exosomen befinden. Als Virionen werden Viruspartikel bezeichnet, die sich außerhalb von Zellen befinden.
Aus den Exosomen ließen sich mithilfe von Detergenzien, welche die Membran der Exosomen auflösen, schrittweise intakte HBV-Virionen freisetzen.
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter beobachten konnten, beeinträchtigt die im Labor erzeugte Hemmung der Morphogenese von Exosomen die Freisetzung von in Exosomen verpacktem HBV. Zudem bestätigten elektronenmikroskopische Aufnahmen das Vorhandensein von intakten Virionen in den untersuchten Exosomen. Darüber hinaus wies die Forschungsgruppe auf der Oberfläche von Exosomen das HBV-Oberflächenprotein LHB (large hepatitis B virus surface antigen) nach. Dies macht es den in Exosomen eingekapselten Hepatitis-B-Viren möglich, empfängliche Zellen zu infizieren. Aber auch in Zellen, die üblicherweise wenig empfänglich für eine HBV-Infektion sind, wurde – zwar mit geringer Effizienz – eine Aufnahme exosomaler Hepatitis-B-Viren beobachtet.
Die aktuellen Forschungsdaten weisen darauf hin, dass ein Teil der intakten HBV-Virionen als Exosomen freigesetzt werden kann. Dies offenbart einen bisher nicht beschriebenen Freisetzungsweg für Hepatitis-B-Viren. Obwohl Hepatitis B-, -C- und E-Viren völlig unterschiedliche Viren sind, nutzen sie dennoch alle diesen Weg, um Zellen zu verlassen.
Hohe Sicherheit von Blutprodukten in Deutschland durch strenge Überwachung
Das Hepatitis-B-Virus wird wie manche andere Infektionserreger auch über das Blut übertragen. Aufgrund hoher Sicherheitsstandards bei der Gewinnung und Verarbeitung von Blut und Blutprodukten in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten das Risiko einer Übertragung extrem gesenkt worden und es wurde im Jahr 2020 kein Fall einer Übertragung von HBV durch Bluttransfusionen bestätigt.
Für die Sicherheit von Blut und Blutprodukten ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut zuständig, das regelmäßig in Hämovigilanz-Berichten über Meldungen und Maßnahmen zu Blutprodukten informiert.
Wu Q, Glitscher M, Tonneacher S, Schollmeier A, Raupach J, Zahn T, Eberle R, Krijnse-Locker J, Basic M, Hildt E (2022): Presence of intact hepatitis B virions in exosomes.
Cell Mol Gastroenterol Hepatol Sep 29 [Epub ahead of print].
DOI:https://doi.org/10.1016/j.jcmgh.2022.09.012
https://www.cmghjournal.org/article/S2352-345X(22)00207-7/fulltext - Link zum Open Access Artikel
https://www.pei.de/DE/newsroom/pm/jahr/2022/18-unbekannter-weg-hepatitis-b-virus... - Diese Pressemitteilung auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts
Zitat mit den wichtigsten Ergebnissen
T. Jansen
Paul-Ehrlich-Institut / Jansen
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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