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10.11.2022 15:57

Was tun im sexuellen Verdachtsfall?

Kathrin Fischer Hochschulkommunikation
Europa-Universität Flensburg

    Zum Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch am 18.11.2022:
    Flensburger Forscher*innen entwickeln Weiterbildung für Schulen und Lehrkräfte

    In Deutschland werden jährlich ca. 15.000 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch zur Anzeige gebracht. Bevölkerungsrepräsentative Studien gehen allerdings von bis zu 13% betroffener Kinder und Jugendlicher aus.

    Um Schulen darin zu unterstützen, noch bessere Schutzorte zu werden, müssen angehende und bereits in der Schule tätige Lehrkräfte entsprechend ausgebildet werden. Im Land Schleswig-Holstein besteht für Schulen eine Verpflichtung ein Präventions- und Interventionskonzept zu entwickeln, dessen Fokus auch auf sexuellem Kindesmissbrauch liegt. Schulen sehen dies auch durchaus als ihre Aufgabe an, viele Lehrkräfte fühlen sich allerdings unvorbereitet. "Es mangelt vor allem an Kompetenz im Bereich der Intervention", sagt Pülschen. "Deshalb wollen wir unter Einbezug von Expert*innen aus der Praxis eine Weiterbildung konzipieren. Diese steht Lehramtsstudierenden offen, aber auch Lehrkräften, Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeiter*innen."

    Unter dem Titel "Referenzperson für schulisches Handeln im Kontext sexuellen Kindesmissbrauch" entwickelt Juniorprofessorin Dr. Simone Pülschen seit Juli 2021 in einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Nachwuchsforschungsgruppe in Zusammenarbeit mit Schulen, Expertinnen und Experten aus dem Kinderschutz und der Strafverfolgung ein Curriculum für eine Zusatzqualifikation zum Handeln im Verdachtsfall im schulischen Kontext. Dieses Curriculum wird mit Lehramtsstudierenden erprobt und evaluiert. In einer letzten Forschungsphase wird das entwickelte Schutzkonzept mit Modellschulen umgesetzt.

    Die Teilnehmenden dieser Weiterbildung sollen dazu befähigt werden, ein Schutzkonzept für die jeweilige Schule zu entwickeln, ein Netzwerk von Fachkräften für dieses Thema aufzubauen und zu begleiten und als Ansprechperson zu fungieren. Strafrechtliche Aspekte werden in der Weiterbildung ebenfalls behandelt. "Ich möchte erreichen, dass sich Betroffene informiert für oder gegen eine Strafverfolgung entscheiden können", erklärt Pülschen.

    In einem zweiten BMBF-geförderten Forschungsprojekt, ViContact, arbeiten die Flensburger Forscher*innen in einem Forschungsverbund mit der Universität Göttingen (Prof. Dr. Jürgen Müller) und der Psychologischen Hochschule Berlin (Prof. Dr. Renate Volbert) an der Entwicklung eines Trainings zur Gesprächsführung für Lehrkräfte. Beim Führen von Gesprächen mit Kindern muss bedacht werden, dass es sich bei Fällen von sexueller Gewalt zumeist um Straftaten handelt, die zur Anzeige gebracht werden sollten. Deshalb ist eine spezielle Schulung von Lehrkräften erforderlich, um kindliche Offenbarungen oder Berichte nicht durch suggestive Gesprächsführung zu beeinflussen. So besteht für potenziell Betroffene und ihre Angehörigen, die Möglichkeit, eine Anzeige zu erstatten, wenn sie dies wünschen.

    Herzstücke des Trainings sind das Erlernen der Gesprächsführung mit Kindern und die zugehörige Dokumentation von Gesprächen. In Flensburg ist dazu ein Training in Seminarform begleitend zu einem Gesprächstraining in einer virtuellen Realität (VR) entwickelt worden. Die VR befindet sich noch in der Entwicklung und wird nun in einer zweiten Forschungsphase (bis 2024) weiterentwickelt.

    Weiterführende Infos hier:
    RP SKM: https://www.uni-flensburg.de/zebuss/forschung/projekte/aktuelle-projekte/nwg-rp-...
    ViContact: https://www.uni-flensburg.de/zebuss/forschung/projekte/abgeschlossene-projekte/v...
    Bis zum 14.11. 2022 ist es möglich, Interviews zum Thema mit Prof. Dr. Simone Pülschen zu führen.

    Am 18.11.2022 findet der achte Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch statt. Der Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch geht auf eine Initiative des Europarates vom Mai 2015 zurück. Mit zahlreichen Aktivitäten vor Ort und über die sozialen Netzwerke soll in den Mitgliedstaaten die Diskussion über den Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt angeregt und ein Beitrag dazu geleistet werden, der Stigmatisierung von Opfern entgegenzuwirken. Mit der Einsetzung dieses Tages will der Europarat auch die Umsetzung der Lanzarote-Konvention unterstützen, die seine Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, alle Formen sexueller Gewalt an Kindern zu verurteilen und dagegen anzukämpfen


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Simone Pülschen
    Juniorprofessorin für Pädagogik und interdisziplinäre Kooperation im Kontext sexueller Gewalt
    Europa-Universität Flensburg
    Gebäude Riga 5
    Auf dem Campus 1a
    24943 Flensburg
    E-Mail: simone.puelschen@uni-flensburg.de
    Tel.: +49 461 805 2056


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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