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Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern, darunter auch Astronomen des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn, präsentiert neue Beobachtungen des ersten jemals identifizierten Quasars. Dieser Quasar mit dem Namen 3C 273 befindet sich in einer Entfernung von ca. 1,9 Milliarden Lichtjahren in Richtung des Sternbilds Virgo. Die neuen hochauflösenden Radiobilder verfolgen den Jet bis hinunter zu der Region, wo sich der Jet bildet. Sie zeigen, wie die Breite des Jets mit zunehmender Entfernung vom zentralen Schwarzen Loch selbst variiert.
Aktive supermassereiche schwarze Löcher stoßen schmale, unglaublich energiereiche Plasmastrahlen aus, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit entweichen. Thomas Krichbaum, Astronom am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und einer der Hauptautoren der Arbeit, sagt: „Radiojets in Quasaren werden schon seit langem untersucht, aber die Details der Jetbildung sind immer noch nicht gut verstanden und ein aktuelles Thema der laufenden Forschung. Eine ungelöste Frage ist, wie und wo genau die Jets zu einem engen Strahl gebündelt werden, so dass sie sich bis weit über die Grenzen ihrer Wirtsgalaxie ausbreiten können. Die Astronomen wissen jetzt, dass Jets sogar die Entwicklung von Galaxien beeinflussen können. Die neuen Radiobeobachtungen dringen bis zu 0,5 Lichtjahre tief in das Herz von 3C 273 vor, in die Region nahe dem Schwarzen Loch, in der der Jet-Plasmastrom zu einem schmalen Strahl kollimiert wird.“
Die neue Studie, die heute in der Fachzeitschrift „The Astrophysical Journal“ veröffentlicht wurde, umfasst Beobachtungen des Jets von 3C 273 mit der bisher höchsten Winkelauflösung. Diese bahnbrechende Arbeit wurde durch den Einsatz eng miteinander koordinierter Radioteleskopen rund um den Globus ermöglicht, einer Kombination aus dem „Global Millimeter VLBI Array“ (GMVA) und dem „Atacama Large Millimeter/submillimeter Array“ (ALMA) in Chile. Darüber hinaus wurden ebenfalls koordinierte Beobachtungen mit dem „High Sensitivity Array“ (HSA) durchgeführt, um die Untersuchung von 3C 273 auf einen größeren Maßstab auszudehnen und die
Expansion und Form des Jets auch bei größeren Entfernungen vom Quasarkern zu bestimmen. Die diesem Forschungsprojekt zu Grunde liegenden Messdaten wurden im Frühjahr 2017 aufgezeichnet, etwa zur gleichen Zeit wie die Beobachtungen des Event Horizon Telescope (EHT), die die ersten Bilder eines Schwarzen Lochs im Zentrum von M87 enthüllten, einer Radiogalaxie, die etwa 20 Mal näher ist als 3C 273.
Das MPIfR ist federführendes Institut für den Betrieb des GMVA. Die Daten werden im Korrelatorzentrum des Instituts verarbeitet, und die Beobachtungen werden vom Institut aus koordiniert.
„3C 273 wird seit Jahrzehnten als ideales, nahe gelegenes Labor für die Untersuchung von Quasar-Jets betrachtet“, sagt Hiroki Okino, Hauptautor dieser Arbeit und Doktorand an der Universität von Tokio und dem „National Astronomical Observatory of Japan“. „Doch obwohl der Quasar relativ nah ist, hatten wir bis vor kurzem kein Beobachtungsinstrument, das Bilder erzeugen konnte, die scharf genug waren, um zu sehen, wie sich dieser schmale und starke Plasmastrom bildet.“
Das Bild des Jets von 3C 273 ermöglicht den Wissenschaftlern einen allerersten Blick in den innersten Teil des Jets in einem Quasar, dort wo die Kollimation oder Bündelung des Plasmastrahls stattfindet. Das Team fand außerdem heraus, dass sich der Öffnungswinkel des Plasmastroms, der vom Schwarzen Loch wegfließt, langsam verengt. Dieser sich verengende Teil des Strahls setzt sich unglaublich weit fort, weit über den Bereich hinaus, in dem die Schwerkraft des Schwarzen Lochs dominiert.
„Es ist erstaunlich zu sehen, wie sich die Form des mächtigen Plasmastroms in einem extrem aktiven Quasar langsam und über eine große Entfernung ändert. Dies wurde auch in der Nähe von viel schwächeren und weniger aktiven supermassereichen Schwarzen Löchern beobachtet“, sagt Kazunori Akiyama, Forscher am MIT-Haystack-Observatorium und Leiter des Forschungsprojekts. „Die Ergebnisse werfen eine neue Frage auf: Wie kommt es, dass die Jet-Kollimation in derart unterschiedlichen Systemen Schwarzer Löcher so gleichmäßig verläuft?“
Die neuen, extrem scharfen Bilder des Jets 3C 273 wurden durch die Einbeziehung des ALMA-Interferometers ermöglicht, das bei diesen Messungen wie ein einziges großes Radioteleskop funktioniert. Das GMVA und ALMA wurden über Kontinente hinweg mit einer Technik namens „Very Long Baseline Interferometry“ (VLBI) verbunden, um sehr detaillierte Informationen auch von weit entfernten astronomischen Quellen zu erhalten. Die bemerkenswerte VLBI-Fähigkeit von ALMA wurde durch das „ALMA Phasing Project“ (APP) Team ermöglicht. Das internationale APP-Team unter der Leitung des MIT-Haystack-Observatoriums und des MPIfR entwickelte die Hard- und Software, um ALMA, ein Array von 66 Teleskopen, in die empfindlichste astronomische Interferometriestation der Welt zu verwandeln. Die Einbeziehung von ALMA in das Beobachtungsnetzwerk erhöht die Auflösung und Empfindlichkeit des VLBI-Arrays erheblich. Diese Fähigkeit war nicht nur für das GMVA von grundlegender Bedeutung, sondern auch für die Kartierung von Schwarzen Löchern mit dem Event Horizon Telescope.
Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Mitautor der vorliegenden Arbeit, fasst zusammen: „Der Beitritt von ALMA zu den globalen VLBI-Netzwerken markiert einen Wendepunkt für die Erforschung Schwarzer Löcher. Damit ist es zum ersten Mal möglich, Bilder von supermassereichen Schwarzen Löchern erhalten, und jetzt hilft es uns in Beobachtungsobjekten wie 3C 273, zum ersten Mal im Detail zu erforschen, wie Schwarze Löcher ihre Jets antreiben, und das selbst bei weit entfernten Galaxien.“
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Weitere Informationen:
GMVA: Das „Global Millimeter-VLBI Array“ (GMVA) beobachtet bei 3 mm Wellenlänge und nutzte für diese Forschung im April 2017 die folgenden Stationen: acht Antennen des „Very Long Baseline Array“ (VLBA), das 100-m-Radioteleskop Effelsberg des MPIfR, das 30m-IRAM-Teleskop, das 20-m-Teleskop des Onsala Space Observatory und das 40-m-Radioteleskop des Yebes Observatory. Die Daten wurden am DiFX VLBI-Korrelator am MPIfR in Bonn korreliert.
ALMA: Das „Atacama Large Millimeter/submillimeter Array“ (ALMA) basiert auf der Partnerschaft der Europäischen Südsternwarte (ESO, stellvertretend für ihre Mitgliedsstaaten), der NSF (USA) und NINS (Japan), zusammen mit NRC (Kanada), MOST und ASIAA (Taiwan) und KASI (Republik Korea), in Zusammenarbeit mit der Republik Chile. Das gemeinsame ALMA-Observatorium wird von ESO, AUI/NRAO und NAOJ betrieben. Für diese Arbeit wurden die folgenden ALMA-Daten verwendet: ADS/JAO.ALMA2016.1.01216.V.
APP: Zu den Partnerorganisationen des ALMA-Phasing-Projekts (APP) gehören: MIT Haystack Observatory, USA; Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), Deutschland; Universität von Concepción, Chile; National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ), Japan; National Radio Astronomy Observatory (NRAO), USA; Institute of Astronomy & Astrophysics, Academia Sinica (ASIAA), Taiwan; Onsala Space Observatory, Schweden; Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA), USA; Universität Valencia, Spanien. Finanziert wurde das APP durch das Major Research Instrumentation Program der National Science Foundation, das ALMA North America Development Program und internationale Partner, die sich die Kosten teilen.
VLBA: Das “Very Long Baseline Array” (VLBA) ist ein Instrument des “National Radio Astronomy Observatory”.
NRAO: Das „National Radio Astronomy Observatory“ (NRAO) ist eine Einrichtung der „National Science Foundation“, die im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung von „Associated Universities, Inc.“ betrieben wird.
Das Forscherteam besteht aus Hiroki Okino, Kazunori Akiyama, Keiichi Asada, José L. Gómez , Kazuhiro Hada, Mareki Honma , Thomas P. Krichbaum, Motoki Kino, Hiroshi Nagai, Uwe Bach, Lindy Blackburn, Katherine L. Bouman, Andrew Chael, Geoffrey B. Crew, Sheperd S. Doeleman, Vincent L. Fish, Ciriaco Goddi, Sara Issaoun, Michael D. Johnson, Svetlana Jorstad, Shoko Koyama, Colin J. Lonsdale, Ru-Sen Lu, Ivan Martí-Vidal, Lynn D. Matthews, Yosuke Mizuno, Kotaro Moriyama, Masanori Nakamura, Hung-Yi Pu, Eduardo Ros, Tuomas Savolainen, Fumie Tazaki, Jan Wagner, Maciek Wielgus und Anton Zensus. Thomas P. Krichbaum, Uwe Bach, Ru-Sen Lu, Eduardo Ros, Tuomas Savolainen, Jan Wagner, Maciek Wielgus, und J. Anton Zensus sind mit dem MPIfR affiliiert.
Dr. Thomas P. Krichbaum,
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn.
Fon: +49 228 525-295
E-mail: tkrichbaum@mpifr-bonn.mpg.de
Prof. Dr. Eduardo Ros,
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn.
Fon: +49 228 525-125
E-mail: ros@mpifr-bonn.mpg.de
Dr. Hiroki Okino
University of Tokyo / National Astronomical Observatory of Japan, Japan
Fon: +81-422-34-3927
E-mail: h.okino@grad.nao.ac.jp
Dr. Kazunori Akiyama
MIT Haystack Observatory, USA
Fon: +1-617-715-5400
E-mail: kakiyama@mit.edu
Collimation of the Relativistic Jet in the Quasar 3C273, H. Okino et al., The Astrophysical Journal Vol. 940, Number 1, 22 Nov 2022, DOI:10.3847/1538-4357/ac97e5.
https://iopscience.iop.org/article/10.3847/1538-4357/ac97e5
https://www.mpifr-bonn.mpg.de/pressemeldungen/2022/15
Jet von 3C 273 bei unterschiedlicher Auflösung. Links: bisher tiefster Blick in den Plasmastrahl des ...
Hiroki Okino und Kazunori Akiyama; GMVA+ALMA und HSA-Bilder: Okino et al.; HST-Bild: ESA/Hubble & NASA.
Eingesetzte Radioteleskopnetzwerke: Die blauen Punkte sind die Teleskope des GMVA, ergänzt durch ALM ...
Kazunori Akiyama
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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