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Biochemiker der Universitäten Greifswald und Wuhan (China) sowie dem Helmholtz-Zentrum Berlin haben ein neues Konzept entwickelt, mit dem es möglich ist, maßgeschneiderte hochselektive Biokatalysatoren zu erzeugen, die sich für die Synthese wichtiger Zwischenstufen von Medikamenten eignen. Dieser Forschungserfolg wurde in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature Communications (DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-35228-y) veröffentlicht.
Die chemische Herstellung neuer Wirkstoffe für Medikamente ist ein komplexer Prozess, bei dem es vor allem darauf ankommt biologische wirksame Moleküle mit hoher Selektivität zu erhalten. Allgemein können mit Enzymen als Biokatalysatoren gezielt gewünschte Verbindungen hergestellt werden. Dafür müssen allerdings natürliche Biokatalysatoren für diese Synthesen optimiert werden. „Man muss sich das so vorstellen, dass es spiegelbildliche Moleküle gibt, die sich wie eine linke und rechte Hand unterscheiden. Setzt man beide Formen als Gemisch ein, kann es zu schweren Nebenwirkungen kommen. Das kann vermieden werden, wenn nur Moleküle ausgewählt werden, die tatsächlich nur die gewünschte Wirkung erzielen“, so Prof. Uwe Bornscheuer vom Institut für Biochemie der Universität Greifswald.
Mit dem Konzept, das das Team um Professor Bornscheuer gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus China und dem Helmholtz-Zentrum Berlin entwickelt hat, können nun die die gewünschten hochselektiven Enzyme rasch und mit den gewünschten Eigenschaften generiert werden. „Ausgehend von Enzymen mit sehr geringer Aktivität für die Zielverbindung ist es uns gelungen mithilfe eines sensitiven Wachstumsassays, d. h. standardisierter Analysen, für E. coli-Bakterien, ca. 100 000 Varianten der Biokatalysatoren, innerhalb kürzester Zeit zu durchmustern und so geeignete Enzyme zu identifizieren“, erläutert Professor Bornscheuer. Statt über mehrere Monate mittels aufwändiger Analyseverfahren diese Katalysatoren zu finden, kann jetzt innerhalb von ein bis zwei Wochen das gewünschte Enzym gefunden werden, da nur aktive Enzyme in dem Assay auf Agarplatten zu einem Wachstum des E. coli-Bakteriums führen (Abbildung).
Prof. Dr. Shuke Wu, ein früherer Stipendiat der Alexander-von-Humboldt Stiftung am Institut für Biochemie, der an diesem Forschungserfolg federführend beteiligt war und mittlerweile Professor in Wuhan (China) ist, ergänzt: „Uns ist es gelungen, dieses Prinzip des Wachstumsassays als Ultrahochdurchsatzmethode für drei verschiedene Enzymklassen und drei Zielmoleküle zu etablieren. So konnten wir nun zeigen, das mit den optimierten Biokatalysatoren wichtige Zwischenstufen für die Wirkstoffe Linagliptin und Cinacalcet mit hoher Aktivität und Selektivität hergestellt werden können.“
Das jetzt entwickelte Konzept ist breit anwendbar für verschiedenste Fragestellungen der organischen Synthese und erlaubt es, effiziente Biokatalysatoren für die nachhaltige Produktion von Wirkstoffen zu etablieren, da im Gegensatz zu üblichen chemischen Verfahren auch auf Schwermetalle und Lösungsmittel verzichtet werden kann.
Weitere Informationen
Link zum Artikel http://dx.doi.org/10.1038/s41467-022-35228-y
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Uwe Bornscheuer http://biotech.uni-greifswald.de/index.html
Institut für Biochemie https://biochemie.uni-greifswald.de/
Prof. Shuke Wu (Huazhong Agricultural University (HZAU), China) https://faculty.hzau.edu.cn/shukewu/en/index.htm
Forschungsgruppe Makromolekulare Kristallographie (Helmholtz Zentrum Berlin) https://www.helmholtz-berlin.de/forschung/oe/ps/macromolecular-crystallography/m...
Dr. Gert Weber (Helmholtz Zentrum Berlin) https://www.helmholtz-berlin.de/pubbin/vkart.pl?v=nnoan
Grafik: Prinzip des Wachstumsassays: Eine E. coli-Bibliothek mit ~100 000 Varianten wird entweder in einem speziellen Medium oder direkt auf Agarplatten nach gewünschten Enzymvarianten durchmustert. Nur Bakterien, die Enzyme mit hoher Aktivität produzieren, können wachsen und somit leicht identifiziert werden. Anschließend werden diese Biokatalysatoren biochemisch charakterisiert und für die Synthese der Wirkstoffbausteine eingesetzt. © Uwe Bornscheuer, 2022
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Uwe Bornscheuer
Biotechnologie und Enzymkatalyse
Institut für Biochemie
Felix-Hausdorff-Straße 4, 17489 Greifswald
Telefon 03834 420 4367
uwe.bornscheuer@uni-greifswald.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Chemie
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
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