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Wissenschaft
Forscher:innen veröffentlichen erste Studie zu ökonomischem Verhalten von Cisgender- und Transgender-Personen
Wissenschaftler:innen der Universität Regensburg und der University of Exeter Business School finden, dass sowohl das bei der Geburt zugewiesene biologische Geschlecht (aus dem Englischen „Sex“) als auch die selbst gewählte Geschlechtsidentität (aus dem Englischen „Gender“) bei wirtschaftlichen Entscheidungen nicht so entscheidend sind, wie bisher angenommen. Eine neue Studie, die in „Nature: Scientific Reports“ veröffentlicht wurde, ist die erste wissenschaftliche Arbeit, die das ökonomische Verhalten von Transgender- und Cisgender-Personen untersucht und testet, ob das biologische Geschlecht eine bedeutende Rolle bei wirtschaftlichen Entscheidungen spielt.
Dr. Helena Fornwagner und Prof. Dr. Brit Grosskopf von der University of Exeter Business School sowie Dr. Alexander Lauf, Vanessa Schöller (M.Sc.) und Dr. Silvio Städter von der Universität Regensburg haben erstmals die Rolle von Geschlechtsidentität und biologischem Geschlecht bei wirtschaftlichen Entscheidungen untersucht. Die Forscher:innen überprüften, inwiefern unsere Geschlechtsidentität oder unser biologisches Geschlecht beeinflussen, ob wir mit anderen am Arbeitsmarkt konkurrieren, in einen riskanten Vermögenswert investieren oder für wohltätige Zwecke spenden.
Sie verwendeten dafür eine ökonomische Studie mit 780 Teilnehmenden, von denen sich etwa die Hälfte als Transgender identifizierten. Mit Hilfe dieser testeten sie ob jene Personen mit gleicher Geschlechtsidentität (Cis-Männer und Trans-Männer, und Cis-Frauen und Trans-Frauen) das gleiche Niveau an Wettbewerbsbereitschaft zeigen, eine vergleichbare Risikobereitschaft haben, oder auch vergleichbar altruistisch sind. „Es wird seit langem berichtet, dass das Geschlecht einer Person ein treibender Faktor in Bereichen wie Wettbewerbsfähigkeit, Risikobereitschaft und Altruismus ist. Aber unsere Studie ist die erste, die sich mit der Frage befasst, wie viel mit der Geschlechtsidentität in Verbindung gebracht werden kann und wie viel auf dem biologischen Geschlecht einer Person beruht“, erklärt Dr. Silvio Städter die Studie. „Transgender-Personen sind zu einem immer sichtbareren Teil der Gesellschaft geworden. Daher halten wir es für entscheidend, ihr wirtschaftliches Verhalten zu verstehen und die experimentelle Wirtschaftsforschung auf Individuen auszudehnen, die unter der LGBTQ+-Flagge zusammengefasst werden. Nur dann kann unsere Forschung der bunten Gesellschaft, der wir bereit angehören, gerecht werden“, so Vanessa Schöller weiter.
Die Forscher:innen nutzten ein ökonomisches Experiment um festzustellen, wie wettbewerbsbereit die Teilnehmenden waren, wenn Geld involviert war, oder auch wie risikobereit sie sich verhalten haben und wie bereit sie waren, für wohltätige Zwecke zu spenden. Bevor die Teilnehmenden ihre Entscheidungen trafen, absolvierten sie als Aufgabe eine sogenannte Priming Intervention in Form einer Wortsuche. Diese aktivierte unterbewusst eine männliche, weibliche oder geschlechtsneutrale Identität, indem geschlechtsspezifische Wörter zu finden waren.
Unter Verwendung ihres Studiendesigns interessierten sich die Forscher:innen zunächst für einen Korrelationseffekt zwischen dem ökonomischen Verhalten und dem biologischen Geschlecht bzw. der Geschlechtsidentität, indem sie das Verhalten von Cis-Männern, Cis-Frauen, Trans-Männern und Trans-Frauen verglichen. Zweitens ermöglichte die Priming-Intervention kausale Rückschlüsse auf den Effekt von Geschlechteridentitäten auf ökonomisches Verhalten.
Im Gegensatz zu früheren Studien, die Einflüsse der Geschlechteridentitäten auf wirtschaftliches Verhalten dokumentiert haben, fanden die WissenschaftlerInnen in ihrer Studie heraus, dass Geschlechteridentitäten und auch das biologische Geschlecht hinsichtlich ökonomischer Entscheidungen keinen signifikanten Unterschied machen.
Ein Teil ihrer Begründung für dieses eher unerwartete Ergebnis ist, dass Bildungsinitiativen und ein größeres Bewusstsein für die Gleichstellung der Geschlechter im privaten und beruflichen Bereich Unterschiede im wirtschaftlichen Verhalten verringert haben, die erstmals vor fast zwei Jahrzehnten in Studien festgestellt wurden. „Trotz der teilweise unerwarteten Ergebnisse, die uns zu dem Schluss führten, dass die Rolle von Geschlechtsidentität und biologischem Geschlecht für das wirtschaftliche Verhalten nicht so entscheidend ist wie bisher angenommen, gibt es unserer Meinung nach mehrere wichtige Erkenntnisse aus dieser Studie. Vor allem ist es die erste wissenschaftliche Arbeit, die innerhalb einer Studie sowohl das ökonomische Verhalten von Cisgender- als auch von Transgender-Personen untersucht“, erklärt Dr. Helena Fornwagner.
Dr. Helena Fornwagner
Business School der University of Exeter
United Kingdom
Tel.: +44 7548 465196 (UK) oder Tel.: +43 699 190 65 235
E-Mail: h.fornwagner@exeter.ac.uk
www.helenafornwagner.com
Vanessa Schöller (M.Sc.)
Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre
Universität Regensburg
E-Mail: vanessa.schoeller@ur.de
Fornwagner, Helena, Brit Grosskopf, Alexander Lauf, Vanessa Schöller, and Silvio Städter: On the robustness of gender differences in economic behavior. Sci Rep 12, 21549 (2022). https://doi.org/10.1038/s41598-022-25141-1
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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