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Noch immer stirbt ein Fünftel aller an Krebs erkrankten Kinder, weil die Standardtherapien bei einem Rückfall nicht mehr wirken. Ein Forscherteam des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ), des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) hat nun ein neues Verfahren zur Prüfung von Medikamenten im Labor etabliert, das auf der Analyse von Mini-Tumoren basiert. Damit sollen die wirksamsten Therapeutika für junge Krebspatienten so rasch wie möglich identifiziert werden. Bei 72 Prozent der untersuchten Minitumoren fand das Team Medikamente, auf die die Krebszellen ansprachen.
Die neu etablierte und bislang umfänglichste Prüfung von Medikamenten an Proben von krebskranken Kindern soll neue Behandlungschancen eröffnen.
Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).
Resistenzen gegenüber Krebsmedikamenten gehören in der Kinderonkologie zu den drängendsten Problemen. Ein Fünftel aller an Krebs erkrankten Kinder erleidet nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung einen Rückfall und die Standardtherapien schlagen nicht mehr an.
„Ärztinnen und Ärzten bleibt dann meist nur wenig Zeit, um den Krebs erneut zu bekämpfen. Im Durchschnitt sind das nur wenige Monate“, erläutert Olaf Witt, Direktor am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), Leiter der Klinischen Kooperationseinheit pädiatrische Onkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). Das am KiTZ geleitete Programm INFORM will krebskranken Kindern weltweit so rasch wie möglich neue Behandlungschancen eröffnen, wenn der Krebs zurückkehrt oder es keine etablierten Therapien gibt. Seit dem Jahr 2015 wurden mehr als 2500 junge Patientinnen und Patienten von 100 Zentren aus 13 Ländern in die Registerstudie aufgenommen.
Die Heidelberger Ärzte entschlüsseln das Genom des Tumors, um nach molekularen Schwachstellen zu suchen, die medikamentös angreifbar sind. Eine kleine Probe des Tumors wird außerdem am Leben erhalten, um die Wirksamkeit möglichst vieler Medikamente im Labor testen zu können. Dass diese Minitumoren im Labor im Hochdurchsatzverfahren zuverlässig eingesetzt werden können, um die Wirksamkeit von Medikamenten zu testen, zeigt eine Studie.
Aus den Krebs-Gewebeproben von 132 Patientinnen und Patienten, die an unterschiedlichen Krebszentren in Europa behandelt werden, kultivierte das Ärzte- und Wissenschaftlerteam um Olaf Witt Minitumoren und unterzog sie dem speziell für INFORM entwickelten Medikamententest. Bis zu 78 Medikamente, die bereits zugelassen sind oder sich derzeit in der klinischen Erprobung befinden, konnten an den jeweiligen Proben parallel getestet werden. Die Ergebnisse der Tests bestätigten zum einen die durch Genomanalyse identifizierten molekularen Angriffsziele: In Tumorproben mit bekannten krebstreibenden genetischen Veränderungen wie BRAF, ALK, MET und NTRK töteten Therapeutika, die sich gegen diese Ziele richten, die Minitumoren auch am wirksamsten ab.
Darüber hinaus fand das Team für 80 Prozent der Proben, bei denen im Tumorgenom keine therapeutisch relevante molekulare Schwachstelle gefunden wurde, wirksame Medikamente. „Das heißt, die Medikamentenprüfung ist zusätzlich zur Tumorerbgut-Entschlüsselung eine weitere Möglichkeit, um alternative Behandlungsmöglichkeiten für die Patienten zu identifizieren“, betont Olaf Witt.
Medikamente an Minitumoren zu prüfen, statt wie bislang an einfachen Zellkulturen oder Mäusen, auf die Tumoren der Patienten übertragen wurden, sei ein großer Fortschritt, erklärt Ina Oehme, von INFORM: Um die Tumoren in Miniorganen mit mehreren Gewebeschichten oder in Mäusen wachsen zu lassen, seien normalerweise mehrere Monate notwendig. „Durch das neue Verfahren konnten wir die Zeit vom Probeneingang bis zum Ergebnis für die Patienten auf drei Wochen verkürzen“, sagt Oehme. Das Verfahren ließe sich zudem für unterschiedliche Krebserkrankungen, darunter Knochen- und Weichteiltumoren, sowie Hirntumoren und andere Tumorarten anwenden und funktioniere auch bei kleineren Gewebeproben, in manchen Fällen sogar bei Feinnadelbiopsien.
Ein wichtiges künftiges Ziel von INFORM wird es sein, die Ergebnisse aus dem Labor mit dem klinischen Verlauf der Patienten zu vergleichen, um die Zuverlässigkeit der Vorhersagen zu untersuchen.
„Unsere ersten klinischen Beobachtungen bei Kindern weisen darauf hin, dass die Tests im Labor Resistenzbildungen bei den jungen Patientinnen und Patienten vorhersagen können“, sagt Olaf Witt. „Wir hoffen, dass die jetzt geplanten klinischen Untersuchungen die Zuverlässigkeit des Verfahrens bestätigen. Ist das der Fall, so könnten wir anhand der Labortests sehr viel mehr Kindern eine neue Behandlungschance eröffnen.“
Originalpublikation:
Peterziel et al. Drug sensitivity profiling of 3D tumor tissue cultures in the pediatric precision oncology program INFORM. (Online Publikation 27. Dezember 2022) In: npj Precision Oncology DOI: 10.1038/s41698-022-00335-y
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Aus Gewebeproben der Patientinnen und Patienten werden im Labor Minitumoren für die Medikamententests.
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Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)
Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine kinderonkologische Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Wie das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, das sich auf Erwachsenenonkologie konzentriert, orientiert sich das KiTZ in Art und Aufbau am US-amerikanischen Vorbild der so genannten "Comprehensive Cancer Centers" (CCC). Das KiTZ ist gleichzeitig Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Es verfolgt das Ziel, die Biologie kindlicher Krebs- und schwerer Bluterkrankungen wissenschaftlich zu ergründen und vielversprechende Forschungsansätze eng mit der Patientenversorgung zu verknüpfen – von der Diagnose über die Behandlung bis hin zur Nachsorge. Krebskranke Kinder, gerade auch diejenigen, für die keine etablierten Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, bekommen im KiTZ einen individuellen Therapieplan, den Experten verschiedener Disziplinen in Tumorkonferenzen gemeinsam erstellen. Viele junge Patienten können an klinischen Studien teilnehmen und erhalten damit Zugang zu neuen Therapieoptionen. Beim Übertragen von Forschungserkenntnissen aus dem Labor in die Klinik übernimmt das KiTZ damit Vorbildfunktion.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt.
Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter.
Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum-heidelberg.de
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Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
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Doris Rübsam-Brodkorb
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Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
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Peterziel et al. Drug sensitivity profiling of 3D tumor tissue cultures in the pediatric precision oncology program INFORM. (Online Publikation 27. Dezember 2022) In: npj Precision Oncology
DOI: 10.1038/s41698-022-00335-y
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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