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Die „Magnetokardiographie“, eine unkomplizierte und völlig ungefährliche Untersuchung des Herzens, spielt in der Kardiologie derzeit keine wichtige Rolle. Doch das könnte sich ändern: Eine jetzt veröffentlichte Studie aus dem Deutschen Herzzentrum der Charité zeigt, dass die Methode sowohl bei der rechtzeitigen Diagnose von lebensbedrohlichen Herzmuskelentzündung als auch bei der Therapie dieser oft schwer zu behandelnden Erkrankung eine wichtige Rolle spielen könnte
Entzündungen des Herzmuskels, in der Fachsprache als „entzündliche Kardiomyopathien“ bzw. „Myokarditis“ bezeichnet, gehören zu den häufigsten Ursachen für den plötzlichen Herztod bei jungen Erwachsenen, können aber auch schleichend zu einer lebensbedrohlichen Herzinsuffizienz führen. Als Folge einer Infektion mit dem Coronavirus oder – in sehr seltenen Fällen – als Folge einer Impfung gegen das Virus wurde über die Erkrankung in den letzten Jahren verstärkt auch in den Medien berichtet.
Herzmuskelentzündungen werden oft erst spät nachgewiesen. Der Grund: Die Symptome sind anfangs unspezifisch und nicht immer schwer ausgeprägt, zugleich kann der Verdacht nur durch vergleichsweise aufwändige Bildgebung wie etwa die Magnetresonanztomographie (MRT) erhärtet und letztendlich nur durch eine Gewebeentnahme direkt aus dem Herzmuskel gesichert werden.
Aufwändige und für die Patient:innen und zum Teil mit hoher Strahlenbelastung verbundene Untersuchungen sind meist auch zur Kontrolle des Therapiefortschritts notwendig. Unkomplizierte, regelmäßige Untersuchungen und damit eine schnelle, individuell auf jede:n Patient:in abgestimmte Verbesserung der Therapie sind entsprechend schwierig. Dies kann zu einem Fortschreiten der Erkrankung mit irreversiblen Vernarbungen im Herzgewebe führen.
Auf der Suche nach einer Lösung für diese Probleme sind die Kardiologin PD Dr. med. Heidecker vom Deutschen Herzzentrum der Charité (Campus Benjamin Franklin, Leitung Prof. Dr. med. Ulf Landmesser) und ihr Team auf eine Untersuchungsmethode aufmerksam geworden, die es bereits seit Jahrzehnten gibt, die aber bislang in der Herzmedizin eine eher untergeordnete Rolle spielt: die sogenannte Magnetokardiographie (MKG).
Das Verfahren beruht auf dem physikalischen Grundsatz, dass Ionenströme (z.B. Natrium, Calcium, Kalium) im Herzen ein Magnetfeld erzeugen, dessen Ausrichtung und Stärke als „Vektor“ bezeichnet wird.
Wenn eine Herzmuskelentzündung diesen Ionenstrom und damit den Vektor auch nur minimal messbar verändert, dann stünde mit der Magnetokardiographie also eine ebenso harmlose wie unkomplizierte Diagnostik zur Verfügung, um sowohl den Verdacht auf eine Herzmuskelentzündung zu erhärten als auch den Therapieerfolg zu überprüfen – so die vereinfacht dargestellte Annahme von Dr. Heidecker und ihrem Team.
Denn: Die MKG-Untersuchung ist frei von Nebenwirkungen (da lediglich das Magnetfeld des Herzens gemessen wird), sie dauert nur wenige Minuten, keine Elektroden müssen aufgeklebt werden.
Die Forscher:innen unterzogen nun insgesamt 233 Patient:innen (mit und ohne gesichertem Verdacht auf eine Herzmuskelentzündung) einer Magnetokardiographie – mit beeindruckenden und nun im Journal of the American Heart Association (https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/JAHA.122.027619) veröffentlichten Ergebnissen: Denn nicht nur konnte das Vorliegen der Erkrankung vor allem bei akuter Herzmuskelentzündung mit hoher Genauigkeit bestätigt werden; auch der Erfolg einer immunsuppressiven Therapie (zur Bekämpfung der gleichsam „überschießenden“ Entzündungsreaktionen des Körpers) konnte mit dem MKG bereits nach einer Woche oder früher nachgewiesen werden – im Unterschied zum Nachweis per Echokardiographie erst nach einem Monat.
Bis zu einem möglichen Einsatz der MKG im klinischen Alltag sei es allerdings noch ein weiter Weg, betont Bettina Heidecker, der Nutzen des Verfahrens müsse zuvor noch wesentlich zuverlässiger belegt werden.
So wollen Bettina Heidecker und ihre Arbeitsgruppe die diagnostische Genauigkeit des MKG im Vergleich zu MRT und Myokardbiopsie jetzt noch einmal im Rahmen einer prospektiven Studie eingehender untersuchen. Außerdem sind systematische MKG-Untersuchungen von Patient:innen mit Brustschmerz nach viralem Infekt oder nach einer Impfung geplant.
„Die Magnetokardiographie kann weder die etablierte bildgebende Diagnostik noch die Herzmuskelbiopsie ersetzen“, stellt Dr. Heidecker klar, „aber sie könnte helfen, diese vergleichsweise aufwändigen und zum Teil auch belastenden Methoden wesentlich zielgerichteter einsetzen zu können, um eine sehr ernstzunehmende Erkrankung in Zukunft besser behandeln zu können.“
Patient:innen, die an der Teilnahme an einer der weiterführenden Studie interessiert sind, können sich unter folgender E-Mail-Adresse melden:
kardio-cbf-agh@charite.de
Weitere Informationen zur Arbeitsgruppe gibt es unter:
https://kardio-cbf.charite.de/forschung/translationale_forschung/ag_heidecker/
https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/JAHA.122.027619
https://kardio-cbf.charite.de/forschung/translationale_forschung/ag_heidecker/
PD Dr. med. Bettina Heidecker
© DHZC/Pflüger
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Deutsch
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