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07.12.1998 09:38

Mehr Wettbewerb für deutsche Forschung gefordert

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Studie "Von Amerika lernen?"

    Jena. (07.12.98) Wenn die Bundesrepublik auch künftig zu den führenden Forschungsstandorten gehören will, dann muß sich in der Forschungsförderung einiges ändern. Zu diesem Ergebnis kommen Thomas Paulsen und Manuel Fröhlich in einer Studie des C A P Centrum für angewandte Politikforschung München.

    Die Politikwissenschaftler haben die Forschungslandschaft in den USA und der Bundesrepublik Deutschland verglichen. Dabei fragten sie vor allem nach der Forschungsförderung des Staates in seinem Zusammenwirken mit den Universitäten und der Industrie. Ihr besonderes Interesse galt den Bereichen Informationstechnologie und Biotechnologie. "Auf beiden Fachgebieten ist das amerikanische System unbestritten weltweit führend", erläutert Manuel Fröhlich, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena, "und daher ein Vorbild, an dem sich der Forschungsstandort Deutschland messen lassen muß."

    Aus ihrer Strukturanalyse haben die beiden Forscher zehn Empfehlungen für eine Reform des deutschen Forschungsfördersystems abgeleitet. Wichtigste Forderung an die Politik: Mit Steuergeldern sollen künftig vorrangig Initiativen von internationalem Rang und der entsprechenden Ausstrahlung unterstützt werden. Angesichts der klammen Staatskasse sei die Konzentration auf Leitprojekte notwendig. Gefragt sei ein klares Konzept statt der bloßen Reaktion auf eine Flut von Einzelanträgen, betont Fröhlich: "Wir dürfen nicht länger abwarten, was auf der Wiese so wächst, um dann die Gießkanne gleichmäßig über all den Pflänzchen auszuleeren."

    Wettbewerb, so Fröhlich, werde die deutsche Forschungslandschaft beleben und ihre Effizienz verbessern. Zuwendungen seien daher gezielt und befristet zu vergeben, und nur in Einzelfällen sollten mit Fördermitteln Institute unterhalten werden: "Der Anteil der Projektförderung muß steigen." Auch Eigeninitiative wollen die Politikwissenschaftler stärker belohnt sehen. Um das Engagement der Forschungseinrichtungen bei der Einwerbung von Drittmitteln und Sponsorengeldern zu belohnen, könnte der Staat beispielsweise besonders agile Institutionen mit Prämien auszeichnen, schlägt Fröhlich vor. Die Politikwissenschaftler haben bei ihrer Recherche in den USA ein Prinzip entdeckt, das sie nach Deutschland importieren möchten - die sogenannten "matching funds". Sie funktionieren nach einem einfachen Prinzip, berichtet Fröhlich: "Zuschüsse werden nur dann gezahlt, wenn die Wissenschaftler bei ihrem Antrag auf Förderung eines Projektes schon ein gewisses Finanzvolumen mitbringen, beispielsweise durch die Kooperation mit einem Unternehmen."

    Eine Forschungsförderung, die sich an den Grenzen des Nationalstaates orientiert, werde mit zunehmender Globalisierung problematisch. Zwar sollen Steuergelder die Leistungsfähigkeit der nationalen Forschungslandschaft stärken, meint Fröhlich. Aber dabei dürfe man nicht vergessen, daß die Ergebnisse im internationalen Wettbewerb bestehen müssen. Aus diesem Grunde plädieren die Politikwissenschaftler in ihrer Studie für die Öffnung europäischer Forschungs- und Wissenschaftssysteme: "Projekt- und Programmausschreibungen sollten prinzipiell immer EU-weit vorgenommen werden." Die Forscher fordern die konsequente Orientierung an der weltweiten Spitzenforschung. "Das Ziel, Nummer Eins in Europa zu werden, birgt mittlerweile die Gefahr, sich auf einem Nebenkriegsschauplatz zu verzetteln und Ressourcen zu verschwenden", mahnt Fröhlich.

    An internationalen Großprojekten müsse sich die Bundesrepublik von Anfang an beteiligen; wenn zum Beispiel das Human Genome Project erst sieben Jahre nach dem Start mit eigenen Mitteln unterstützt wird, dann gehen der deutschen Biotechnologie wichtige Forschungsjahre verloren. "In bestimmten Forschungsfeldern sind die Investitionskosten mittlerweile so hoch, daß nur noch internationale Kooperation zum Erfolg führt", erläutert Fröhlich. Da gelte es, nationale Ressourcen zu bündeln, damit Europa überhaupt als Partner wahrgenommen wird - die Grundlage für eine Integration in weltweite Forschungsnetzwerke.
    In einem globalen Wissenschaftsverbund sind auch die Forscher selbst mobil. So sei es in den beiden untersuchten Fachgebiete "ein durchaus notwendiger Teil der Ausbildung, an der Spitze mitgeforscht zu haben", bekräftigt Fröhlich. Wenn aber der Austausch zur Abwanderung führe, dann erscheine dies bedenklich. Die Politikwissenschaftler fordern daher von der Regierung "Anstrengungen, im Ausland tätige Spitzenforscher wieder in die Bundesrepublik zurückzuholen". Unternehmer und Wissenschaftler aus aller Welt ließen sich jedoch nur dann anlocken, wenn die Bundesrepublik für die exzellente Qualität der im Lande betriebenen Forschung bekannt ist. Es sei zudem dringend erforderlich, die allgemeinen Rahmenbedingungen für ausländische Forscher in Deutschland zu verbessern. Nur eine geregelte Einwanderungspolitik biete hochqualifiziertem Nachwuchs die Chance zur Integration.

    Ansprechpartner:
    Manuel Fröhlich, M. A., Tel.: 03641/945435
    e-mail: s6frma@pluto.rz.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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