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Wissenschaft
Noch immer ist die Heilung von akuter myeloischer Leukämie eine Herausforderung. Dies gilt vor allem auch für seltene, hochaggressive Formen wie die Erythroleukämie. Um die Biologie dieser seltenen Leukämieform besser zu verstehen, untersuchten Forschende um Prof. Jürg Schwaller vom UKBB eine besondere Veränderung der Gene, die zur Ausbildung exklusiver Fusionsgene und -proteine führt, die sich nur in der kindlichen Form der Erythroleukämie findet. Sie zeigen, dass eine bestimmte Fusion die Ausreifung von Blutzellen blockiert und zusammen mit einer anderen Mutation eine Erythroleukämie auslöst. Die Wilhelm Sander-Stiftung unterstützte mit 170.000 €. Publiziert im Journal Blood.
Zu den häufigsten Tumorerkrankungen bei Kindern gehört Leukämie (Blutkrebs) und insbesondere die akute Leukämie. Ein tieferes Verständnis für den Mechanismus der Krankheit, wie auch verbesserte pharmakologische Wirkstoffe, erlauben es heute die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie erfolgreich zu behandeln. Im Gegensatz dazu kann die seltenere kindliche akute myeloische Leukämie oft nicht geheilt werden. Dies betrifft vor allem sehr seltene, aber hoch-aggressive Formen wie zum Beispiel die akute Erythroleukämie. Die Erythroleukämie ist eine unkontrollierte, krebsartige Vermehrung der Vorstufen der roten Blutkörperchen. Im Gegensatz zur akuten Erythroleukämie beim Erwachsenen finden sich bei der kindlichen Form in den Krebszellen bestimmte genetische Veränderungen, welche zur Ausbildung exklusiver sogenannter Fusionsgene respektive -proteine führen.
Im Tiermodell hat das Team um Jürg Schwaller vom Universitäts-Kinderspital Basel nun die Rolle einer bestimmten, mit kindlicher Erythroleukämie-assoziierten Fusion namens NFIA-ETO2 studiert. Die Fusion wurde in blutbildende Zellen aus dem Knochenmark der Maus eingebaut und die Folgen für die Ausreifen der Zellen in der Kulturbeobachtet. Dabei zeigte sich, dass NFIA-ETO2 gezielt die Ausreifung erythroider Vorläuferzellen blockiert und gleichzeitig das Wachstum der Zellen stimuliert. Wurden NFIA-ETO2-tragenden erythroiden Zellen ins Knochenmark von bestrahlten Empfängertieren transplantiert, blieben alle Tiere gesund.
Tumorzellen von Erythroleukämie Patienten tragen oft Mutationen eines Genes mit dem Namen TP53 in sich. Dieses ist bei einer Vielzahl von menschlichen Krebsformen verändert. Die Forschenden fanden heraus, dass die Präsenz einer TP53 Mutation die normale Ausreifung erythroider Zellen in der Kultur nicht beeinflusst. Einbringen der NIFA-ETO2 Fusion in blutbildende Zellen mit einer TP53 Mutation erhöhte das Potential der Zellen sich selber zu erneuern. Die Zellen bildeten in semisolidem Wachstumsfaktor-enthaltendem Medium Kolonien, welche man über mehrere Runden weiter platieren konnte. Außerdem entdeckten sie, dass bestrahlte Empfängertiere, die mit blutbildenden Zellen, welche sowohl die NFIA-ETO2 Fusion als auch die TP53 Mutation in sich trugen, transplantiert wurden, eine akute Erythroleukämie entwickelten, die der beim Menschen sehr ähnelte. Mittels verschiedener molekular genetischer Methoden konnten die Forschenden zeigen, dass die NIFA-ETO2 Fusion sich an die Erbsubstanz binden kann. Dabei kann die Fusion bestimmte Gene, die für die Ausreifung der roten Blutkörperchen zuständig sind, steuern und auch ausschalten. Gleichzeitig werden aber auch Gene angeschaltet, die das unkontrollierte Wachstum stimulieren.
Das Forschungsprojekt zeigt zum ersten Mal, dass die NFIA-ETO2 Fusion, welche exklusiv bei der kindlichen akuten Erythroleukämie vorkommt, essentiell für die Ausbildung der Krankheit ist. Wahrscheinlich auch für deren Fortlauf. Ziel ist es, die Forschungsergebnisse in neue Therapieformen umzusetzen.
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* Die in diesem Text verwendeten Genderbegriffe vertreten alle Geschlechtsformen.
Wilhelm Sander-Stiftung: Partnerin innovativer Krebsforschung
Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Forschungsprojekt mit insgesamt rund 170.000 Euro unterstützt. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 270 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Kontakt
Konstanze Adam
Wilhelm Sander-Stiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Stiftungskommunikation
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Prof. Jürg Schwaller, MD
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E-Mail: j.schwaller@unibas.ch
https://www.ukbb.ch/en/personal/personen/Schwaller-Juerg.php
Maria-Riera Piqué-Borràs, Zivojin Jevtic, Frederik Otzen Bagger, Jonathan Seguin, Rathick Sivalingam, Matheus Filgueira Bezerra, Amber Louwaige, Sabine Juge, Ioannis Nellas, Robert Ivanek, Alexandar Tzankov, Ute Moll, Oriano Valerio Cantillo, Ramona Schulz-Heddergott, Alexandre Fagnan, Thomas Mercher, Juerg Schwaller; The NFIA-ETO2 fusion blocks erythroid maturation and induces pure erythroid leukemia in cooperation with mutant TP53. Blood 2023; blood.2022017273. doi: https://doi.org/10.1182/blood.2022017273
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
https://www.linkedin.com/company/wilhelm-sander-stiftung/
https://www.ukbb.ch/en/
Piqué et al. fanden, dass die mit kindlicher Erythroleukämie («PEL»)-assoziierte NFIA-ETO2 Fusion di ...
© Blood/UKBB/Jürg Schwaller
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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