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Wissenschaft
Literatur und Kultur um 1900 zählen zu den Forschungsschwerpunkten der germanistischen Literaturwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. Mit dem Portal und der Edition „Arthur Schnitzler digital“ (www.arthur-schnitzler.de) ist hier auch ein renommiertes Langzeit-Projekt angesiedelt, das – für Forschung und Öffentlichkeit – vielsagende Einblicke in eine spannende Zeit erlaubt. Wie vielfältig und spannend die Epoche der „Klassischen Moderne“ – einer sich dynamisch verändernden Jahrhundertwendewelt – ist, führen nun auch zwei neue Sammelwerke aus der Wuppertaler Literaturwissenschaft vor.
Die Werke widmen sich zwei verschiedenen Gattungen von Literatur und ergänzen einander wechselseitig; beide Anthologien sind mit ausführlichen Anmerkungen und Nachworten versehen, die Textformen, Strömungen und den historischen Hintergrund erläutern.
50 Gedichte: Lyrik zwischen 1890 und 1910
Ein von Prof. Dr. Gabriele Sander herausgegebener Band bietet einen repräsentativen Überblick über die Lyrik zwischen 1890 und 1910. Am Beispiel einer Sammlung von fünfzig Gedichten lassen sich hier sowohl die unterschiedlichen Stile zeitgenössischen Dichtens zwischen Impressionismus, Symbolismus und Neoromantik als auch die prägenden Themen der Epoche verfolgen: Traum und Wirklichkeit, Fortschrittsoptimismus und Untergangsgefühle, Ich-Krise und Sprachskepsis, Tanz und Rausch, Erotik und weibliches (Auf-)Begehren. Der Band belegt einen bemerkenswerten Reichtum an lyrischen Formen der Auseinandersetzung mit diesen Themen und ermöglicht zugleich die Entdeckung unbekannterer bzw., wie die Herausgeberin urteilt, heute zu Unrecht vergessener Autor*innen.
„Kult des Augenblicks“
Neben einer Blüte der Lyrik erreichte die Produktion kurzer, als Essenz von Kunst verstandener Prosa um 1900 ein bis dahin unbekanntes Maß. Diese Kurzprosamode passt zu einer Zeit, in der man tradierte Muster des Erzählens hinterfragte. Ein blühender Buch- und Zeitschriftenmarkt verlangte neben neuen Arten von Romanen nach kurzen, schnell zu schreibenden und zu lesenden Texten. Ein von Prof. Dr. Michael Scheffel herausgegebener Band dokumentiert diese Tendenz zum „Kult des Augenblicks“ und den tiefgreifenden Wandel, indem er Novelletten, Novelletchen, Prosagedichte und andere Kurzformen wie z. B. einen „Drei-Minuten-Roman“ in den Fokus rückt. Komplementär zu der von Prof. Sander herausgegebenen Sammlung gibt seine chronologisch geordnete Auswahl kurzer Prosatexte Einblick in den Geist einer Zeit, die aus den Selbstsicherheiten einer für allmächtig gehaltenen bürgerlichen Kultur hin zur ersten großen Katastrophe des 20. Jahrhunderts, dem Ersten Weltkrieg, führte und in der der Publizist Alfred Polgar die Formel prägte: „Das Leben ist zu kurz für lange Literatur“.
Sander, Gabriele (Hrsg): 50 Gedichte um 1900: Naturalismus – Fin de Siècle – Frühexpressionismus. Reclams Universal Bibliothek, Stuttgart 2023, 222 Seiten, 6,40 Euro.
Scheffel, Michael (Hrsg.): Kurzprosa um 1900. Reclams Universal Bibliothek, Stuttgart 2023, 276 Seiten, 7,00 Euro.
Prof. Dr. Michael Scheffel
Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften
Telefon 0202/439-2362, -2249
E-Mail scheffel@uni-wuppertal.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler
Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Sprache / Literatur
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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